# taz.de -- Erdogan und Satire: „Klassisches Eigentor“
       
       > Der deutsche Botschafter in der Türkei verteidigt gegenüber Erdogan die
       > Pressefreiheit. Deutsche Politiker kritisieren den türkischen
       > Präsidenten.
       
 (IMG) Bild: Kennt sich auch gut aus mit dem missglückten Versuch, unliebsame Inhalte aus dem Netz zu verbannen: Barbra Streisand.
       
       Berlin rtr/epd/afp | Der deutsche Botschafter in der Türkei hat nach
       Angaben aus dem Auswärtigen Amt bei einem erneuten Gespräch im türkischen
       Außenministerium die Pressefreiheit verteidigt. Botschafter Martin Erdmann
       habe am Dienstag wie bereits vor wenigen Tagen deutlich gemacht, dass
       Rechtsstaatlichkeit, die Unabhängigkeit der Justiz und der Schutz
       grundlegender Freiheiten, einschließlich der Presse- und Meinungsfreiheit,
       hohe Güter seien, die gemeinsam geschützt werden müssten, hieß es aus dem
       Auswärtigen Amt in Berlin.
       
       Erdmann war in der vergangenen Woche wegen eines satirischen TV-Beitrags in
       der NDR-Sendung „Extra 3“ über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip
       Erdogan einbestellt worden. Darin war Erdogans Umgang mit der politischen
       Opposition kritisiert worden. Der Diplomat musste dies in einem längeren
       Gespräch rechtfertigen.
       
       Erdmann habe deutlich gemacht, dass politische Satire in Deutschland von
       der Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt sei, hieß es weiter aus dem
       Auswärtigen Amt. Daher sei es weder nötig noch möglich, dass die
       Bundesregierung eingreife.
       
       Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen hat die Reaktion Erdogans als „völlig
       unangemessen“ kritisiert. Der SPD-Obmann im Auswärtigen Ausschuss sprach am
       Mittwoch im Deutschlandfunk von einer „außerordentlich ungewöhnlichen“
       Entscheidung, deswegen den deutschen Botschafter einzubestellen.
       
       ## Dem Ruf geschadet
       
       Erdogan und die türkische Regierung hätten damit „ein klassisches Eigentor“
       geschossen. Statt das Ansehen und die Ehre des Präsidenten zu schützen, sei
       das Gegenteil geschehen. „Ich glaube, dass das dem Ruf der Türkei nicht
       unbedingt geholfen hat“, sagte Annen. Er widersprach Vorwürfen, die
       Bundesregierung habe das Vorgehen Erdogans gegen das Satire-Stück nicht
       deutlich genug zurückgewiesen.
       
       Auch CDU-Außenexperte Norbert Röttgen wies Kritik an der Bundesregierung
       zurück. Er habe „keinen Zweifel“, dass die Bundesregierung „die
       zweifelsfreie Geltung“ von Grundrechten in Deutschland „auf ihren Wegen und
       ihren Kanälen“ zum Ausdruck gebracht habe, sagte er am Mittwoch im
       ZDF-„Morgenmagazin“. Auch der deutsche Botschafter habe das getan.
       
       Obwohl das Verhalten Erdogans nicht den diplomatischen Gepflogenheiten
       entspreche, spreche es „nicht gegen die Kooperation mit der Türkei“, sagte
       Röttgen. Deutschland müsse seine rechtsstaatlichen Grundsätze aber in
       dieser Kooperation klar benennen. Das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei
       sei darum ein „Testfall, ob die Türkei rechtliche Vereinbarungen auch
       umsetzt“.
       
       Die aktuelle Entwicklung der Türkei unter Präsident Erdogan, der die
       Unabhängigkeit der Justiz und grundlegende Freiheitsrechte wie die
       Meinungsfreiheit „systematisch“ einschränke, sei „kein Weg in die
       Europäische Union“, stellte Röttgen klar. „Das muss man klar benennen“,
       sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag.
       
       Kritik an Erdogan kam auch von der Türkischen Gemeinde in Deutschland.
       „Erdogans Reaktion ist überzogen“, sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoglu der
       Berliner Zeitung. „Dass er sich auf diese Weise einmischt, ist noch mal
       eine zusätzliche Satire. Man sollte die Kirche im Dorf lassen und die
       Satire in Deutschland.“
       
       30 Mar 2016
       
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