# taz.de -- Leben in Westafrika mit dem Terror: Bedrohung Europa
       
       > In Westafrika gibt es genug eigene Terroristen. Dann kam Brüssel. Nun
       > spekuliert jeder in Benin, welches Ziel am ehesten angegriffen werden
       > könnte.
       
 (IMG) Bild: Straßenszene in Cotonou
       
       Contonou taz | „Kennst du auch jemanden, der Dienstag aus Brüssel kommen
       wollte?“ In diesen Tagen ist das in Cotonou eine häufig gestellte Frage –
       zumindest unter Europäern und unter wohlhabenden Beninern, die sehr
       selbstverständlich zwischen Westafrika und Europa pendeln. Neben Air France
       ist Brussels Airlines das beliebteste Reisemittel. Nur wer über ein eher
       bescheidenes Budget verfügt, weicht auf Istanbul oder Casablanca aus. Mit
       dem Anschlag auf dem Brüsseler Flughafen ist Europas Terror Afrika wieder
       ein kleines bisschen näher gerückt, auch wenn er fast 5.000 Kilometer weit
       weg ist. Jeder hat jetzt eine Geschichte zu erzählen.
       
       Doch es ist nicht nur Brüssel. Den Auftakt machte schon der Angriff auf ein
       Hotel und ein belebtes Restaurant in Ouagadougou im Januar. In Burkina Faso
       war man immer davon ausgegangen, dass das Land, das an das unruhige Mali
       grenzt, wohl verschont bliebe. Dass sich radikale Kämpfer in dem so
       freundlichen Sahelstaat aufhalten, war zwar unbestritten. Aber es hieß
       gerne: Auch Terroristen brauchen ruhige Rückzugsorte. Leider hielt sich die
       Organisation al-Qaida des islamischen Maghreb (AQMI) nicht daran, sondern
       ermordete 30 Menschen.
       
       Seitdem sind auch in Benin die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden.
       Plötzlich wird vor Hotels kontrolliert. Das Personal stellt sicher, dass
       niemand auf das Gelände fährt, der nicht Handschuhfach und Kofferraum
       seines Autos geöffnet hat. Freilich können Sprengsätze auch noch ganz
       anders und mit ziemlicher Leichtigkeit versteckt werden. Was in anderen
       Städten und Ländern seit Jahren ganz normal ist, ist hier neu.
       Sicherheitswarnungen betrafen in Cotonou bisher eher Taschendiebe und die
       katastrophal fahrenden Mopedtaxis.
       
       Dann kam vor zwei Wochen Grand Bassam in der Elfenbeinküste und somit der
       nächste Dämpfer. Warnungen hatte es für die Elfenbeinküste zwar gegeben.
       Doch ernsthaft rechneten dort die wenigsten Menschen mit einem
       islamistischen Angriff. Und wieder ist die Gefahr aus Beniner Sicht etwas
       näher gekommen, auch wenn zwei Länder – Togo und Ghana – dazwischenliegen.
       
       ## Schlimme Anschläge direkt nebenan
       
       Man spekuliert nun in Cotonou darüber, welches Restaurant wohl am ehesten
       angegriffen werden könnte. Der Favorit liegt an der Haie Vive, der Kneipen-
       und Ausgehmeile im Zentrum der Stadt. Dort würde es mit Sicherheit die
       Ausländer und Wohlhabenden treffen.
       
       Dabei gibt es seit Jahren die schlimmsten Anschläge unmittelbar nebenan, im
       Nachbarstaat Nigeria. Bis nach Lagos sind es gerade einmal 120 Kilometer.
       Gerade hat Benin beschlossen, 150 Soldaten ins das große Nachbarland zu
       schicken, um dort den Terrorkampf gegen Boko Haram im fernen Nordosten
       Nigerias zu unterstützen.
       
       Doch darüber macht man sich in Cotonou wenig Sorgen, auch wenn nach
       aktueller Schätzung bei Boko Harams Krieg in Nigeria bereits 20.000
       Menschen ums Leben gekommen sind. Zu den Haussa und Kanuri „dort oben“ gibt
       es keine Kontakte – wohl aber nach Brüssel, Paris und anderen frankophonen
       Ländern in Afrika.
       
       Eins macht trotzdem etwas Hoffnung: Eine so enge Bindung an Frankreich wie
       die Elfenbeinküste oder Senegal hat Benin nicht. Gerade einmal rund 5.000
       Franzosen leben im Land. Erleichterung bringt deshalb auch die
       Wahlniederlage des Favoriten bei Benins Präsidentschaftswahl, Lionel
       Zinsou, am vergangenen Sonntag. Ihm geriet bei den Wählern zum Nachteil,
       dass er in Frankreich geboren ist und eine französische Mutter hat. „Gut,
       dass er es nicht geworden ist“, sagt jetzt einer. „So ein Franzose hätte
       uns womöglich die Terroristen ins Land gebracht.“
       
       28 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gänsler
       
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