# taz.de -- Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Mang de Maschine
       
       > Die SPD träumte in Sachsen-Anhalt mal von der Führung in einer rot-rot
       > grünen Regierung. Nun liegt die Partei in Umfragen selbst hinter der AfD.
       
 (IMG) Bild: Was der Wahl-O-Mat der SPD-Spitzenkandidatin wohl vorschlägt, zu wählen?
       
       Bernburg taz | Vom SPD-Landtagskandidaten Hagen Neubauer in Bernburg kann
       man eine anhaltische Redensart lernen. „Mang de Maschine“ steckten die
       Sozialdemokraten. Also in der Falle, in der Klemme. Im Wahlkampf in
       Sachsen-Anhalt müssen sie gleich an mehreren Fronten kämpfen.
       
       Der Kampf könnte in einem Debakel enden: 15 bis 18 Prozent prophezeien
       Umfragen der SPD. Es wäre Platz vier, nicht nur deutlich hinter CDU und
       Linken, sondern auch hinter der AfD.
       
       Die Rechtspopulisten sind die erste Front für die Sozialdemokraten. Mit dem
       Flüchtlingsthema zieht die AfD von fast allen Parteien Stimmen ab. Mit
       ihrem wenig fähigen Personal hat die Partei zwar vor dem absehbaren
       Wahlerfolg ebenso viel Angst wie die etablierten Parteien vor ihr. Sie
       wirft aber alle noch vor einem Jahr geltenden Koalitionsoptionen über den
       Haufen.
       
       Profilieren will sich die SPD auch gegen den bisherigen Koalitionspartner
       CDU, den Spitzenkandidatin Katrin Budde eigentlich in die Opposition
       schicken möchte. Solche Profilierung ist für jeden Juniorpartner einer
       Koalition schwierig. Umso mehr, wenn andere in der Partei, wie der
       langjährige und jetzt aus der Reihe ausscheidende Finanzminister Jens
       Bullerjahn, gegen die Große Koalition weniger einzuwenden haben.
       
       Eine 62-seitige Broschüre unter dem Titel „Gesagt-Getan-Geplant“ listet die
       Umsetzung der Komponenten auf, die die SPD 2011 in den Koalitionsvertrag
       eingebracht hatte: Ganztagskinderbetreuung, Gemeinschaftsschule,
       Vergabegesetz mit tariflicher und sozialer Bindung, Finanzpolitik ohne
       Neuverschuldung, kommunale Finanzausstattung und effizientere Förderung von
       Klein- und Mittelständlern.
       
       Doch reicht das, um sich angesichts der „Sozialdemokratisierung der CDU“,
       so Budde, als originäre Kraft zu präsentieren? „Frau Budde müsste außerdem
       erklären, was nach 25 Jahren Budde im Landtag plötzlich mit ihr anders
       werden sollte“, ätzt der Grüne Sebastian Striegel.
       
       ## Alles dreht sich um die Asylpolitik
       
       Am klarsten kann sich die SPD noch beim Asylthema von der Union abgrenzen,
       obschon Fraktionschefin Budde die Flüchtlingspolitik nicht zum primären
       Wahlkampfthema machen wollte. Sie ist es trotzdem geworden, auch wenn die
       meisten Ankömmlinge nicht in Sachsen-Anhalt bleiben wollen und die
       Unterkünfte halb leer sind. Obergrenze, nationale Alleingänge und
       Dumpinglöhne für Flüchtlinge, von Ministerpräsident Reiner Haseloff in die
       Welt gesetzt, bieten eine Zielscheibe.
       
       Mit der CDU verbindet die Sozis wiederum die Notwendigkeit, sich beim Thema
       Nummer eins zumindest partiell von der Bundespolitik absetzen zu müssen.
       Die Spitzenkandidatin sieht das nicht so. Aber am Wahlkampfstand in
       Bernburg vermisst ein Genosse schon die klare Linie in der
       Flüchtlingsfrage. Er meint, der ostdeutsche Olsenbanden-Witz treffe auf
       Kanzlerin Merkel ebenso wie auf Sigmar Gabriel von der eigenen Partei zu:
       Was ist der Unterschied zwischen Merkel und Egon Olsen? Egon hatte immer
       einen Plan.
       
       Schließlich kommt noch eine taktische Erfordernis hinzu. So sehr der linke
       SPD-Flügel auch mit einem rot-rot-grünen Bündnis liebäugelt, so wenig darf
       dies laut verkündet werden oder gar in einen Lagerwahlkampf münden. Das tut
       auch Wulf Gallert von der Linken nicht, der im dritten Anlauf endlich
       Ministerpräsident werden möchte. Denn nur bei einem Drittel der befragten
       Bürger wäre ein solches Dreierbündnis nach Thüringer Vorbild populär.
       
       ## Rot-rot: eine Illusion
       
       Eine Fortsetzung der bisherigen CDU-SPD-Koalition hat dagegen jüngst wieder
       an Zuspruch gewonnen. Katrin Budde will auch kein Erfurter Modell gelten
       lassen. „Wenn schon, dann eher das Brandenburger Modell!“ Also Rot-Rot,
       aber unter SPD-Führung.
       
       Eine Illusion angesichts der jüngsten Wahlumfragen, auch wenn sich Budde
       und Gallert mit Küsschen begrüßen. Die SPD liegt klar hinter den Linken.
       Eine rot-rot-grüne Mehrheit erreicht derzeit maximal 42 Prozent – zu wenig.
       Dazu kommt das Überrunden selbst durch die AfD. Es ist ein schwerer
       psychologischer Rucksack für die alte Tante SPD. Als Katrin Budde Anfang
       Januar von einer „Schicksalswahl“ für Sachsen-Anhalt sprach, meinte sie
       eigentlich den drohenden Erfolg der Rechtspopulisten und nicht die eigene
       Partei.
       
       Die hat im Bindestrichland schon bessere Zeiten erlebt. Die These, dass die
       SPD in Ostdeutschland dort stark ist, wo sie dank populären
       Spitzenpersonals unmittelbar nach der Wende stark begann, trifft auf
       Sachsen-Anhalt mit Verzögerung zu. Im Jahr 1994 und 1998 erreichte sie
       Spitzenergebnisse um 35 Prozent. Reinhard Höppner, 1990 Vizepräsident der
       ersten und letzten frei gewählten Volkskammer der DDR, konnte zunächst mit
       den Grünen und später allein eine jeweils von der PDS tolerierte
       Minderheitsregierung bilden, das sprichwörtliche Magdeburger Modell.
       
       ## Deutlicher Abstand zu Hasseloff
       
       Allein an das Spitzenpersonal lassen sich Erklärungen für das Auf und Ab
       der SPD aber nicht koppeln. Auch die 50-jährige Katrin Budde wirkt eloquent
       und themensicher, sogar um einiges temperamentvoller und forscher als der
       mittlerweile verstorbene Höppner, wenn auch vielleicht nicht so
       integrationsfähig. Bei Umfragen liegt Budde in der Benotung aber mit 18 bis
       25 Punkten deutlich hinter dem nicht sonderlich markanten Regierungschef
       Reiner Haseloff zurück.
       
       Und vom jeweils wehenden Wind ist die SPD hier besonders heftig erfasst. Im
       Jahr 1998 wirkte sich der Bonus des neuen Kanzlers Gerhard Schröder mit
       einem Rekordergebnis aus. 2002 kam nach Höppners unbeliebtem
       Tolerierungsmodell wie auch mit Schröders „Neuer Mitte“ und der sich
       abzeichnenden Agenda 2010 der Einbruch.
       
       Der Zeitenwind weht momentan Linken, SPD und Grünen entgegen, und wenn von
       Wechselstimmung gesprochen werden kann, dann Richtung Rechtsaußen. „In
       Angststimmung wird konservativ gewählt“, räumt Katrin Budde ein. Die
       Spitzenkandidatin übt sich deshalb in Zweckoptimismus, in den sich auch die
       Standbetreuer in Bernburg flüchten: „Alles volatil.“ Wenn Rot-Rot-Grün
       wider Erwarten doch möglich wird, würde Budde sofort einen
       Mitgliederentscheid starten.
       
       8 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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