# taz.de -- Kommentar Hartz IV für EU-Bürger: Dann eben ohne Stütze
       
       > Vertauschte Rollen: Der EuGH schützt die Interessen der Mitgliedsstaaten,
       > das Bundessozialgericht setzt sich für zugewanderte EU-Bürger ein.
       
 (IMG) Bild: Viele EU-Ausländer werden sich denken: lieber keine Sozialhilfe als eine Ausweisung.
       
       Jahrelang haben deutsche Sozialgerichte diskutiert, ob EU-Bürger teilweise
       von Hartz -IV-Leistungen ausgeschlossen werden dürfen oder nicht. Viele
       deutsche Richter gingen davon aus, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH)
       die restriktive deutsche Gesetzeslage beanstanden wird. Das hat er jedoch
       nicht getan. Inzwischen gibt es drei EuGH-Urteile, die mit guten Gründen
       den Spielraum des deutschen Gesetzgebers betonen, eine Überlastung des
       hiesigen Sozialsystems zu verhindern.
       
       Völlig unerwartet hat inzwischen aber das Bundessozialgericht (BSG)
       EU-Bürgern Sozialhilfeansprüche gewährt, die im Gesetz ausdrücklich
       ausgeschlossen waren. Es wirkt wie ein Spiel mit vertauschten Rollen: Der
       EuGH schützt die Interessen der Mitgliedstaaten, das nationale Gericht
       wiederum setzt sich für zugewanderte EU-Bürger ein.
       
       So sympathisch die Grundhaltung des BSG auch ist: In der Sache kann es
       nicht überzeugen. Auch linke JuristInnen gehen davon aus, dass die Kasseler
       Richter hier eine unzulässige Rechtsfortbildung am Gesetzgeber vorbei
       betrieben haben. Der Verweis auf die Rechtsprechung des
       Bundesverfassungsgerichts, wonach mit dem Existenzminimum keine
       Migrationspolitik betrieben werden darf, überzeugt nicht. Das Karlsruher
       Urteil zielte auf Flüchtlinge ab, die nicht nach Hause gehen können.
       Spanier oder Rumänen sind aber keine Flüchtlinge.
       
       Inzwischen hat das BSG auch die Kehrseite seines Urteils offenbart. Wenn
       die Kommunen nicht für mittellose EU-Bürger zahlen wollen, könnten sie
       diese ja ausweisen, so die Urteilsbegründung. Der Sozialhilfeanspruch sei
       nur die Folge von „Vollzugsdefiziten im Ausländerrecht“. Im Interesse der
       Freizügigkeit ist das nicht.
       
       Die meisten Betroffenen werden wohl sagen: Lieber keine Sozialhilfe als
       eine Ausweisung. Wer sich bisher mit Kindergeld, Schwarzarbeit und der
       Hilfe von Freunden durchgewurschtelt hat, muss das Bundessozialgericht eher
       fürchten.
       
       25 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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