# taz.de -- Kommentar Jugendproteste in Tunesien: Keiner will sie
       
       > Europa bietet Geld, um Flüchtlinge in den Maghreb abzuschieben. Besser
       > wären politische Konzepte – darauf wartet man in Tunesien vergeblich.
       
 (IMG) Bild: Tunesien hat politische Fortschritte gemacht, wirtschaftlich hat sich die Situation drastisch verschlechtert.
       
       Mehrere Verletzte [1][bei Protesten gegen Arbeitslosigkeit], tunesische
       Jugendliche drohen mit Selbstmord, einer starb. Es sind Hilfeschreie,
       Verzweiflungstaten. Ähnlicher Aufruhr löste den Arabischen Frühling aus.
       Heute werden diese Proteste kaum wahrgenommen. Tunesien hat zwar politische
       Fortschritte gemacht, wirtschaftlich hat sich die Situation jedoch
       drastisch verschlechtert. Nicht nur für die vielen Hotelangestellten nach
       den Terroranschlägen im letzten Jahr. Auch die Jugendarbeitslosigkeit
       stagniert bei 40 Prozent.
       
       Die Schlagzeilen zu den Demonstrationen gegen Arbeitslosigkeit in Tunesien
       werfen auch ein Licht auf die jetzt heftig diskutierten Migrationsgründe
       junger Männer aus dem Maghreb. Es sind in erster Linie soziale Gründe: die
       Frustration der Perspektivlosen. Auch hier erwartet sie das Nichts, vor
       allem keine Arbeit. Da sie oft keine Aufenthaltsberechtigung haben,
       rutschen sie schnell in die Illegalität und in kleinkriminelle Mileus. Ihre
       Form der Grundsicherung.
       
       Tunesien, Marokko, Algerien sollen nun in Deutschland zu sicheren
       Herkunftsländern erklärt werden, damit Asylsuchende schnell abgeschoben
       werden können. Menschenrechtsorganisationen halten diesem Plan
       Menschenrechtsverletzung, politische Unterdrückung und Folter – Asylgründe
       zuhauf – entgegen. In diesen Ländern, auch im demokratischen Tunesien, gibt
       es zudem strukturelle Korruption und die immer gleichen, sich bereichernden
       Eliten.
       
       Europa bietet Geld und Unterstützung für die problemlose Rückführung, für
       Auffanglager zum Schutz der europäischen Grenzen, für Entwicklungshilfe,
       damit die Länder mit ihrer Jugendarbeitslosigkeit alleine fertig werden. Im
       tunesischen Hinterland kommen diese Gelder nicht an. Vielleicht sollte man
       als Gegenleistung für fließende Gelder politische Konzepte für die
       Armutsbekämpfung verlangen. Auf die warten die jungen Menschen seit der
       tunesischen Revolution vergeblich.
       
       21 Jan 2016
       
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