# taz.de -- Die Wahrheit: Die Schläferin
       
       > Schurken, die die Welt beherrschen wollen: Heute die spätberufene
       > Bundesumweltministerin Barbara „Babu“ Hendricks.
       
 (IMG) Bild: Mit Augenmaß knatternd rettet die Ministerin den Planeten
       
       Sie war kaum in der Tür des Fliegers erschienen, da sprangen ihr schon die
       Hochrufe aus dem Volk hinter der Absperrung entgegen. Mit den Händen
       winkend, stieg sie die Gangway hinab und betrat, nun mit den Füßen, das
       Rollfeld, wo ein Spalier aufgeblühter Jungfrauen ganz in Weiß sie mit einem
       fußtiefen Knicks begrüßte und die Reinste ihr einen Blumenstrauß langte.
       
       „So ein Tag, so wunderschön wie heute“, stimmte ein aus allen Geschlechtern
       gemischter Chor an, und Zähren der Rührung mischten sich in Barbara
       Hendricks’ Tränen der Freude. Ihr schien es, als wüchse sie um mehrere
       Zentimeter, und zwar in die Höhe – ganz anders als Deutschlands legendärer
       erster echter Umweltminister Joschka Fischer, den sie jetzt endgültig in
       den hintersten Fußnotenteil der Geschichte fortgewälzt hatte!
       
       Das war nach dem Pariser Weltklimagipfel erst der Anfang. Der Windpark
       Hengasch im Kreis Liebernich in der Eifel ernannte die Hüterin des
       Weltklimas zur Patin seines Windrads A 243, der Ökostromverbund Untere
       Ostsee erkor die Beschützerin der Erdkugel zur Ehrenbürgerin seines
       Wellenkraftwerks Rügen-West (Projektphase), die Biofleischervereinigung
       Genfreies Deutschland schenkte der Erretterin der Menschheit die hintere
       Hälfte eines vorderen Schweinedrittels aus nachhaltig
       ökologisch-dynamischer Schlachtung. Ja, darauf hatte Barbara Hendricks
       hingearbeitet, seit sie am 29. April 1952 am Niederrhein das Licht der Erde
       von Kleve erblickt hatte!
       
       Und welche Umwege hatte sie auf ihren Rücken nehmen müssen, bis sie sich
       endlich als Umweltministerin outen konnte: hatte als Schläferin Geschichte
       und Sozialwissenschaften studiert und zur noch besseren Tarnung sogar über
       „Die Entwicklung der Margarineindustrie am unteren Niederrhein“ promoviert;
       hatte außen und innen maskiert den langen Marsch als U-Boot in der SPD
       angetreten, als noch die Atomenergie weit oben auf deren Menüplan stand;
       hatte sich als Parlamentarische Staatssekretärin fest ins
       Bundesfinanzministerium eingegraben und ohne Zicken den Primaten
       Lafontaine, Eichel und Steinbrück brav den Sack gefüllt; und hatte noch
       2013, als um die Vollposten in der Großen Koalition gewürfelt wurde, mit
       beiden Backen auf das Verteidigungsministerium geschielt.
       
       ## Verzagtheit, die ihr knatternd entfuhr
       
       Nach Jahrzehnten der arschbreiten Anpassung hatte Barbara Hendricks fast
       vergessen, dass ihr Herz seit Jahrzehnten für die Umwelt, das Klima, den
       naturgeformten Erdball schlug. Indes – als sie eines frischen Samstags am
       Frühstückstisch die schwere FAZ aufknackte, fiel es ihr wie mit
       Donnerschlag wieder ein: Mitten aus der Zeitung sprang ihr die Schlagzeile
       ins Gesicht, dass Angela Merkel sie als Umweltministerin einsortiert hatte!
       Sie, Barbara von und zu Hendricks, war auserwählt, die Welt zu retten!
       Stolz auf das Vertrauen war es, der sie in dieser Sekunde aufpumpte, und
       angesichts der Verantwortung auch ein wenig Verzagtheit, die ihr knatternd
       entfuhr.
       
       Gewiss, zwei Jahre lang tröpfelte ihre Arbeit so dahin, ließ sie die
       Energiewende auf niedriger Spur irgendwie weiter rollen in der Überzeugung,
       dass die bloß eine ordentliche Stange Zeit braucht, bis sie von allein in
       der Zukunft ankommt. Natürlich hätte eine Umweltministerin, statt in
       Wirtschaftsminister Gabriels Heckwasser zu segeln, deutsche Diesel- und
       Benzinschleudern längst via Brüssel ersticken können, und sie hätte ebenso
       wenig zulassen müssen, dass ihre saubere Kreditanstalt für Wiederaufbau
       Milliarden an Energiekonzerne und Maschinenbauer mundgerecht abführt, damit
       die im Ausland Kohlekraftwerke in die Landschaft bohren.
       
       ## Mit vollem Herzblut unterzeichnet
       
       Politik heißt, das Mögliche im Rahmen des Machbaren mit Augenmaß und Sinn
       für die Realität als das Machbare im Rahmen des Möglichen als das unter den
       obwaltenden Umständen möglicherweise Machbare möglich machen – so dachte
       Barbara Hendricks, wobei dieses Wort natürlich fehl am Platz ist. Dann kam
       Paris zu ihr und füllte sie mit frischer Begeisterung, lud sie mit
       Optimismus bis zur Oberkante!
       
       Nun wurde es hell und klar in ihr, und sie wusste: Sobald am 22. April 2016
       der Klimavertrag bei der UNO ganz heiß zur Unterschrift ausliegt und ihn
       alle binnen Jahresfrist mit vollem Herzblut unterzeichnet haben, ist der
       Planet auf der Stelle gerettet – wenn man noch ein bisschen Geduld hat!
       Barbara Hendricks jedenfalls wird das Machbare im Rahmen des Möglichen mit
       Augenmaß und Sinn für die Realitäten als das unter den obwaltenden
       Umständen machbare Mögliche möglich machen. Und zwar ohne ein Pfund
       Abweichung ab dem 22. April 2016! Oder dem 22. April 2017. Sobald wirklich
       alle unterschrieben haben!
       
       6 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Köhler
       
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