# taz.de -- Konflikt zwischen Russland und Ukraine: Keine Flüge, kein Gas, kaum Kohle
       
       > Russland reduziert die Kohlelieferungen an die Ukraine. Kiew bestellt
       > kein Gas mehr in Moskau und sperrt den Luftraum für russische Flugzeuge.
       
 (IMG) Bild: Umweg: Russische Flugzeuge müssen ab sofort einen Bogen um die Ukraine machen
       
       Kiew/Moskau dpa/afp/taz | Der Streit um Energielieferungen zwischen
       Russland und der Ukraine schaukelt sich immer weiter hoch. Russland stellte
       am Mittwochmorgen die Gasversorgung für das Nachbarland ein, weil Kiew kein
       Geld für weitere Mengen überwiesen hat. Der Schritt war allgemein erwartet
       worden, nachdem die Ukraine mitgeteilt hatte, vorerst kein weiteres
       russisches Gas zu benötigen. Zugleich erschwerte Moskau die
       Kohlelieferungen an Kiew. Beobachter sehen darin eine Reaktion auf den
       massiven Stromausfall auf der von Russland annektierten
       Schwarzmeerhalbinsel Krim.
       
       Unmittelbar nach Bekanntwerden der des Lieferstopps sperrte die Ukraine
       ihren Luftraum für russische Flugzeuge. „Die ukrainische Regierung
       untersagt alle Transitflüge russischer Fluglinien durch den ukrainischen
       Luftraum“, erklärte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Mittwoch bei einer
       Kabinettssitzung in Kiew. Direktflüge zwischen den beiden Ländern gibt es
       bereits seit mehreren Wochen nicht mehr.
       
       Durch die Sprengung von Strommasten, mutmaßlich durch protestierende
       Krimtataren und ukrainische Nationalisten, war die Stromversorgung der Krim
       von der Ukraine am Samstag gekappt worden. Der Chef des russischen
       Monopolisten Gazprom, Alexej Miller, sagte in Moskau: „Es gibt weder neue
       Vorauszahlungen noch neue Bestellungen. Deshalb haben wir die
       (Gas-)Lieferungen eingestellt.“ Er sprach von „ernsten Risiken“ für die
       Versorgung Westeuropas. Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für
       russisches Gas für die EU.
       
       Eine neue Verhandlungsrunde zum Gaspreis des ersten Quartals 2016 ist für
       Dezember geplant. Die EU-Kommission sieht den Lieferstopp gelassen. „Die
       Kommission macht sich keine besonderen Sorgen über den Gasfluss“, sagte
       eine Sprecherin in Brüssel.
       
       Der ukrainische Staatskonzern Naftogaz versicherte, allen Verpflichtungen
       nachzukommen. Gas aus Russland werde nur im Bedarfsfall gekauft. „In den
       vergangenen anderthalb Jahren haben wir gezeigt, dass wir einen
       unterbrechungsfreien Transit russischen Gases unabhängig davon
       gewährleisten können, ob es der Ukraine geliefert wird oder nicht“, betonte
       Naftogaz-Chef Andrej Kobolew. „Soweit es uns bekannt ist, sind sowohl
       Gazprom als auch deren Kunden zufrieden mit der Qualität und
       Zuverlässigkeit unserer Transitdienste.“
       
       ## 40 Prozent der Wärmekraftwerke ohne Kohle
       
       Dramatischer als die Gasfrage wird in der Ukraine der Stopp von
       Kohlelieferungen gesehen. „Im Verlauf eines Monats werden etwa 40 Prozent
       unserer Wärmekraftwerke ohne Kohle dastehen, wenn wir keine Lieferungen aus
       anderen Quellen einrichten“, sagte der Interimschef des Staatskonzerns
       Ukrenergo, Wsewolod Kowaltschuk, dem Interportal Segodnya.ua. Einem
       russischen Zeitungsbericht zufolge waren am Dienstag die Exporte in die
       krisengeschüttelte Ex-Sowjetrepublik reduziert worden.
       
       Der Stopp dürfte Experten zufolge eine Reaktion auf den Stromausfall auf
       der Krim sein. Auf der Halbinsel müssen russischen Behörden zufolge rund
       eine Million Menschen ohne Licht und Heizung auskommen. Bei mehreren
       Anschlägen waren am Samstag Stromleitungen vom Festland auf die Krim
       gekappt worden. Eine der vier Leitungen soll dieser Tage repariert werden.
       
       Kremlchef Wladimir Putin ordnete an, bis spätestens 20. Dezember eine erste
       Leitung vom russischen Festland über die Meerenge von Kertsch einzurichten.
       Eine zweite Leitung soll bis Sommer 2016 stehen. Putin machte die
       ukrainische Regierung für den Ausfall verantwortlich, die die Sabotage
       stillschweigend hingenommen habe.
       
       Tatsächlich protestieren Krimtataren und ihre Unterstützer seit Mitte
       September gegen Menschenrechtsverletzungen auf der völkerrechtswidrig
       annektierten Halbinsel. Seitdem sind auch Warenlieferungen per Lkw auf die
       Krim blockiert, ohne dass die ukrainische Regierung dagegen einschritt. Am
       Montag stoppte Kiew dann die Waren lieferungen auch offiziell.
       
       Das Verhältnis der beiden Nachbarländer hatte sich zuletzt weiter
       verschlechtert. Russland will zum 1. Januar 2016 ein Importverbot für
       Lebensmittel aus der Ukraine verhängen. Kiew und Moskau streiten auch immer
       wieder über Gas. Erst im Oktober hatten beide Staaten unter Vermittlung der
       EU einen solchen Konflikt beigelegt und Lieferungen wieder aufgenommen.
       
       25 Nov 2015
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Gas
 (DIR) Wladimir Putin
 (DIR) Krim
 (DIR) Arseni Jazenjuk
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Erdgas
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Russland
 (DIR) Ukraine
 (DIR) Krim
 (DIR) Donezk
 (DIR) Europäische Union
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ukraine schottet sich von Russland ab: Kontakt auf Minimum beschränken
       
       Laut Berichten will die Ukraine den Zugverkehr nach Russland kappen.
       Dementis sind halbherzig. Direktflüge gibt es schon seit 2015 nicht mehr.
       
 (DIR) Erdgasvorräte in der Ukraine: Ein neuer Gasstreit ist möglich
       
       Die Kältewelle könnte langfristig zu Engpässen in der Ukraine führen. Das
       hätte Auswirkungen auf die Beziehungen zu Russland.
       
 (DIR) Tatarenführer über Krim-Blockade: „Nur Menschen zweiter Klasse“
       
       Mustafa Dschemilew fordert die totale Blockade der Halbinsel. Russlands
       Umgang mit den Krimtataren nennt er Terror. Der Rechte Sektor ist für ihn
       kein Problem.
       
 (DIR) Blackout auf der Krim: Strom und Gas als Waffen im Krieg
       
       Während der Krim der Strom gekappt wird, droht Moskau mit dem Stopp der
       Gaslieferungen. An Entspannung scheint niemand interessiert.
       
 (DIR) Kommentar Krim-Sabotage: Gefährliches Spiel mit dem Strom
       
       Ob die Ukraine wieder Strom auf die Krim liefert, ist keine technische,
       sondern eine politische Frage. Die Regierung hat das Heft aus der Hand
       gegeben.
       
 (DIR) Anschläge auf Elektrizitätsmasten: Stromboykott auf der Krim
       
       Nach der Sprengung von Masten ist die Stromlieferung unterbrochen. Außerdem
       beginnt eine Debatte um einen wirtschaftlichen Boykott.
       
 (DIR) Brüchiger Waffenstillstand: Wieder Kämpfe im Osten der Ukraine
       
       Regierungstruppen und Separatisten kämpfen abermals. Beide Seiten schieben
       sich die Schuld zu. Zuvor hatten die Waffen seit September weitgehend
       geschwiegen.
       
 (DIR) Europa in der Krise: Völliger Kontrollverlust
       
       Hunderttausende Flüchtlinge: Das könnte der Anfang vom Ende der
       Europäischen Union sein. „Solidarität versus Souveränität“ lautet das
       Dilemma.