# taz.de -- Kommentar Krim-Sabotage: Gefährliches Spiel mit dem Strom
       
       > Ob die Ukraine wieder Strom auf die Krim liefert, ist keine technische,
       > sondern eine politische Frage. Die Regierung hat das Heft aus der Hand
       > gegeben.
       
 (IMG) Bild: Daran haben die Krimtataren und der Rechte Sektor kräftig gesägt: Strommast in der Nähe von Chonhar
       
       Der Konflikt um die Krim, die sich Russland unter den Nagel gerissen hat,
       mag für viele schon abgehakt sein. Für andere, die ein Stück Heimat
       verloren haben, ist dieser Konflikt da und er muss ausgetragen werden. Die
       Frage ist nur, mit welchen Mitteln. Und hier sollte Richtschnur der in
       Russland beliebte Satz sein: „Hauptsache, es gibt keinen Krieg.“
       
       Doch die Blockadeaktionen von Krimtataren und Rechtem Sektor, die wir
       derzeit an der administrativen Grenze zur Krim erleben, werfen Fragezeichen
       auf. Glücklicherweise hatten die Blockierer ihr Einverständnis zu
       Erdungsarbeiten an den am Boden liegenden Masten gegeben. Dass vor der
       sachgemäßen Erdung niemand durch die Masten und deren Kabel verletzt wurde,
       grenzt an ein Wunder.
       
       Die ukrainischen Kraftwerke decken eine hohe Grundlast des Energiebedarfs
       ab. Wenn ein Großabnehmer kurzfristig ausfällt, wird das Gleichgewicht des
       gesamten Energienetzes empfindlich gestört. In einer ersten Reaktion hatte
       der Direktor der ukrainischen Stromagentur Ukrenergo, Jurij Kasitsch,
       berichtet, zwei Atomkraftwerke hätten als Folge der Zerstörung der Masten
       ihre Kapazitäten kurzfristig auf ein niedriges Produktionsniveau
       herunterfahren müssen. Das, so der Atommanager, sei ein gefährliches
       Unterfangen gewesen.
       
       Ob die Ukraine in den nächsten Tagen die zerstörten Anlagen reparieren und
       die Stromlieferungen an die Krim wieder aufnehmen wird, ist keine
       technische, sondern eine politische Frage. Die völkerrechtswidrige Annexion
       der Krim berechtigt die Ukraine zu Boykottmaßnahmen gegen Russland.
       
       Doch ein Stromlieferstopp sollte Chefsache sein, das Für und Wider
       sorgfältig abgewogen werden. Wenn sich Präsident Poroschenko von Rechtem
       Sektor und Krimtataren das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lässt,
       stellt er damit nicht nur das Gewaltmonopol des Staates infrage, er spielt
       auch mit der Gefahr eines neuen Tschernobyl.
       
       23 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
       
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