# taz.de -- Kommentar Schweizer Parlamentswahl: Es geht ihnen zu gut
       
       > Die Mehrheit der Wahlberechtigten ging nicht wählen, weil sie keinen
       > Änderungsbedarf sehen. So überlassen sie das Feld den Rechtspopulisten.
       
 (IMG) Bild: Die Leute da abholen, wo sie stehen: Wahlwerbung der SVP
       
       Den 5,2 Millionen wahlberechtigten BürgerInnen der Schweiz geht es immer
       noch viel zu gut. Rekordhohe 52 Prozent nahmen an der [1][gestrigen
       Parlamentswahl] nicht teil. Über ein Viertel davon, weil sie mit den
       Verhältnissen in ihrem Land so zufrieden sind, dass sie keinerlei
       Veränderungs-, Reform- oder sonstigen politischen Handlungsbedarf sehen.
       
       Besonders dramatisch wirkte sich die Abstinenz der 18- bis 34-jährigen
       Erst- und JungwählerInnen auf das Wahlergebnis aus, die zu über zwei
       Drittel der Urne fernblieben. Dass die WahlteilnehmerInnen dieser
       Altersgruppe mehrheitlich für die Sozialdemokraten und die Grünen
       votierten, hatte daher entsprechend geringen Einfluss auf das
       Gesamtergebnis dieser Wahl.
       
       Damit blieb das Feld einmal mehr der rechtspopulistischen SVP überlassen.
       Diese schürt mit realitätsfernen Feindbildern und Bedrohungsszenarien von
       einer durch Flüchtlinge und andere Ausländer „überfremdeten“ Schweiz sowie
       einem angeblich drohenden „Anschluss“ der Alpenrepublik an die EU soziale
       Abstiegsängste, was vor allem unter weniger gut ausgebildeten Männern und
       WählerInnen im Rentenalter verfängt, die zu rund 70 Prozent an der Wahl
       teilnahmen.
       
       Ein erstes Opfer der neuen Mehrheitsverhältnisse im Schweizer Parlament
       dürfte die Energiewende werden. Die SVP hält die Klimaerwärmung für ein
       Märchen. Von der bisher zuständigen christdemokratischen Bundesrätin wurde
       die Energiewende nur halbherzig betrieben und brachte ihrer Partei CVB
       keine Stimmengewinne. Aber auch die bislang stark für die Energiewende
       engagierten Grünen gehören mit einem Verlust von fünf Sitzen im Nationalrat
       zu den Verlierern dieser Wahl.
       
       Hoffentlich muss es nicht erst zu einem Unfall in einem der völlig
       überalteten AKWs der Schweiz kommen, deren gravierende Sicherheitsmängel
       von den zuständigen Behörden systematisch vertuscht und verharmlost werden,
       um die Eidgenossen aus ihrem wohlstandsgesättigten Dornröschenschlaf zu
       wecken.
       
       19 Oct 2015
       
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