# taz.de -- Ein Jahr Pegida in Dresden: Mahnung zur Gewaltfreiheit
       
       > Pegida will sich am Montag feiern. De Maizière nennt die
       > Pegida-Organisatoren „harte Rechtsextremisten“ und spricht sich gegen
       > einen Grenzzaun aus.
       
 (IMG) Bild: In Sachen Analyse und Ästhetik wie immer ganz weit vorne: Pegida-Demo im April in Sachsen
       
       Dresden/Berlin/Köln dpa/afp | Unmittelbar vor Großkundgebungen von Pegida
       und Gegnern des rassistischen Bündnisses in Dresden hat Sachsens
       Innenminister Markus Ulbig (CDU) zur Gewaltfreiheit aufgerufen. Aufgrund
       der zu erwartenden „besonderen Anspannung“ zum Jahrestag der
       Pegida-Gründung an diesem Montag appelliere er an die Teilnehmer aller
       Demonstrationen, gewaltfrei und ohne Hetze gegen Ausländer, Politiker oder
       Andersdenkende zu agieren, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Gewalt
       und Hass seien keine Lösung, denn: „Unser sozialer Frieden wird empfindlich
       gestört, und unsere demokratische Grundordnung, auf die wir alle so stolz
       sind, steht auf dem Spiel.“
       
       Die Polizei erwartet Zehntausende Anhänger und Gegner der „Patriotischen
       Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) und ist mit
       einem Großaufgebot präsent. Die rassistische und islamfeindliche
       Gruppierung war am 20. Oktober vergangenen Jahres in Dresden zu ihrer
       ersten Demonstration zusammengekommen.
       
       Pegida-Chef Lutz Bachmann kündigte für die Jubiläums-Kundgebung auf dem
       Theaterplatz vor der Semperoper zahlreiche internationale Gäste an,
       darunter den deutsch-türkischen Autor Akif Pirinçci, der für homophobe und
       migrantenfeindliche Positionen bekannt ist.
       
       Unter dem Motto [1][“Herz statt Hetze“] will sich ein breites Bündnis aus
       Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Vereinen und Initiativen dem
       entgegenstellen und in einem Sternlauf in die Altstadt ziehen. Man wolle
       den Tag so gestalten, „dass er für Pegida kein Erfolg wird“, sagte Silvio
       Lang vom Bündnis Dresden Nazifrei. Beide Seiten haben bundesweit zur
       Teilnahme an ihren Kundgebungen aufgerufen.
       
       ## „Fernab jedes demokratischen Konsenses“
       
       Die Pegida-Organisatoren seien „harte Rechtsextremisten“, sagte
       Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Abend in der ARD. „Sie
       bezeichnen Asylbewerber pauschal als Verbrecher, alle Politiker als
       Hochverräter. Das ist fernab jedes demokratischen Konsenses und jeder, der
       da hingeht, weil er Sorgen zum Ausdruck bringt, muss wissen, dass er
       Rattenfängern hinterherläuft.“
       
       De Maizière verwies auf einen starken Anstieg von Straftaten gegen
       Asylbewerber und Asylbewerbereinrichtungen. „Hass bereitet den Boden für
       solche Taten“, sagte er und appellierte an die Bürger: „Bleiben Sie weg von
       denen, die diesen Hass, dieses Gift in unser Land spritzen.“
       
       Die Messerattacke auf die parteilose künftige Kölner Oberbürgermeisterin
       Henriette Reker bezeichnete de Maizière als „entsetzliche Tat“. „Ein
       Mordanschlag gegen eine Frau und einige Mitarbeiter, die Flüchtlinge
       unterbringt. Da bleibt einem ja die Sprache weg“, sagte der Minister. Die
       „Verdreifachung“ der Zahl der Straftaten gegen Asylbewerber und
       Asylbewerbereinrichtungen im Vergleich zum Vorjahr mit insgesamt mehr als
       40 Verletzten nannte de Maizière „entsetzlich“.
       
       Hessens Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Bouffier sagte der „Welt“
       (Montag): „Pegida ist ein Ausdruck der Unzufriedenheit, den man nicht
       ignorieren kann. Diese Bewegung äußert aber ihren Protest in einer Weise,
       der niemandem nützt. Wer nur den Hass aufstachelt, hat ja noch keine
       Lösung.“
       
       Bei einer Pegida-Demonstration am vergangenen Montag war eine
       Galgen-Attrappe gezeigt worden, was bundesweite Empörung sowie
       strafrechtliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dresden ausgelöst
       hatte. Auf dem Galgen waren Schilder mit der Aufschrift „Reserviert –
       Angela „Mutti“ Merkel“ und „Reserviert – Siegmar „das Pack“ Gabriel“
       angebracht, wobei der Vorname des Vizekanzlers und
       Bundeswirtschaftsministers falsch geschrieben war. Am Wochenende gab sich
       ein 39-Jähriger aus dem Erzgebirge als Urheber zu erkennen und bezeichnete
       die Aktion als „Satire“.
       
       Ulbig unterbrach seinen Nordseeurlaub, um während der Demonstrationen an
       diesem Montag im Dresdner Polizeilagezentrum sein zu können. Er forderte
       die Demonstrationsteilnehmer auf, sich klar zu sein, dass es in ihren
       Händen liege, „welches Signal aus Dresden, ja aus ganz Sachsen gesendet
       wird“. Die Polizei sei gut vorbereitet und werde gegebenenfalls „konsequent
       durchgreifen“.
       
       ## De Maizière hält Grenzzaun für eine Übertreibung
       
       In der Flüchtlingskrise hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)
       Forderungen nach einem Zaun an der Grenze zu Österreich ein Absage erteilt.
       Die Diskussion über eine Einrichtung von möglichen Transitzonen an der
       Grenze dürfe nicht dazu führen, dass „durch eine Übertreibung in Richtung
       Zäune oder in Richtung massenhafte Haftanstalten“ der „Kern des Problems
       unlösbar“ gemacht werde, sagte de Maizière am Sonntagabend im ARD-“Bericht
       aus Berlin“.
       
       Eine Lösung für die Flüchtlinge aus Syrien insgesamt seien Schnellverfahren
       an den Landgrenzen und Transitzonen nicht, räumte de Maizière zugleich ein.
       „Trotzdem ist es ein wichtiges Instrument, die Zahl derer, die zu uns
       kommen, die insbesondere nicht schutzbedürftig sind, zu begrenzen.“ Dazu
       zählten „Menschen, die ihre Pässe weggeschmissen haben, Menschen, die eine
       Ausreise verhindern, Menschen aus sicheren Herkunftsländern“, sagte de
       Maizière. Für diese Menschen solle es Schnellverfahren an der Grenze geben.
       
       De Maizière reagierte mit seinen Äußerungen auf Forderungen der Deutschen
       Polizeigewerkschaft (DPolG). Deren Chef Rainer Wendt hatte der Zeitung
       „Welt am Sonntag“ gesagt, „wenn wir ernst gemeinte Grenzkontrollen
       durchführen wollen, müssen wir einen Zaun entlang der deutschen Grenze
       bauen“. Die konkurrierende Gewerkschaft der Polizei (GdP) widersprach
       umgehend: Die Forderung sei ein „unverantwortliches Spiel mit dem Feuer"“,
       erklärte GdP-Vize Jörg Radek am Sonntag in Berlin.
       
       In der Regierungskoalition wird derzeit heftig über eine Verschärfung der
       Flüchtlingspolitik debattiert. Insbesondere die CSU will den Berliner
       Koalitionspartnern härtere Regeln abringen, darunter die Einrichtung der
       umstrittenen Transitzonen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) dagegen
       lehnte die Transitzonen erneut ab.
       
       ## Bayerischer Innenminister hält auch nichts von Grenzzaun
       
       Der bayerische Innenminister, Joachim Herrmann (CSU), hat sich gegen den
       Vorschlag der Deutschen Polizeigewerkschaft ausgesprochen, einen Zaun an
       Deutschlands Südgrenze zu bauen. „Davon halte ich wenig“, sagte Herrmann
       dem Radiosender WDR5 am Montagmorgen. Angesichts des anhaltenden
       Flüchtlingsandrangs hatte der Chef der Gewerkschaft, Rainer Wendt, den Bau
       eines Zauns an der Grenze zu Österreich gefordert.
       
       Statt eines Zauns brauche es eine „klare politische Entscheidung“, wie
       Deutschland künftig mit den ankommenden Flüchtlingen umgehen wolle, sagte
       Herrmann weiter.
       
       Über das Attentat auf die Kölner Oberbürgermeisterkandidatin Henriette
       Reker zeigte sich Herrmann schockiert: Die Attacke stelle eine
       „unglaubliche, weitere Eskalation von offensichtlich rechtsextremistischer
       Gewalt“ dar. Die Sicherheitsbehörden müssten solche rechtsextremen Taten
       schnellstmöglich ermitteln und die Täter vor Gericht stellen. „Wir müssen
       in der politischen Auseinandersetzung deutlich machen: Man kann sich über
       die richtige Ausländer- und Flüchtlingspolitik streiten, aber jeder, der
       hier extrem ausländerfeindlich mit Hasstiraden gegenüber Asylbewerbern
       unterwegs ist, hat mit der Mitte der Gesellschaft nichts zu tun“, sagte
       Herrmann.
       
       Die CSU setzt sich in der Flüchtlingspolitik für härtere Regeln ein und
       fordert unter anderem die Einrichtung von umstrittenen Transitzonen an den
       Grenzen. Der Koalitionspartner SPD lehnt die Zonen ab.
       
       19 Oct 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.facebook.com/HerzStattHetze
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Pegida
 (DIR) Dresden
 (DIR) Dresden Nazifrei
 (DIR) Schwerpunkt Pegida
 (DIR) taz.gazete
 (DIR) Schwerpunkt Jürgen Elsässer
 (DIR) Henriette Reker
 (DIR) Asylrecht
 (DIR) Fremdenfeindlichkeit
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) Deutsche Sprache
 (DIR) Thomas de Maizière
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Konferenz von Dresden Nazifrei zu Pegida: Mehr eigene Positionen
       
       Das Bündnis Dresden Nazifrei will seinen Umgang mit Pegida neu ausrichten.
       Künftig soll nicht nur reagiert werden.
       
 (DIR) Videoinstallation im Sprengel Museum: Allzu positive Gefühle
       
       Die Braunschweiger Künstlerin Corinna Schnitt zeigt im Sprengel Museum
       Videos von Menschen, die Blumen in Vasen sortieren.
       
 (DIR) „Compact“-Jahreskonferenz in Berlin: Hochhuth ist dabei, Coca-Cola nicht
       
       Das rechtspopulistische Magazin „Compact“ hat zum Kongress geladen.
       Chefredakteur Elsässer ruft zum Widerstand gegen Flüchtlinge auf.
       
 (DIR) Pegida-Bewegung im Visier: Schluss mit harmlos
       
       Nach der Attacke auf die designierte Kölner OB Henriette Reker verschärft
       die Politik den Ton gegenüber Asylfeinden deutlich.
       
 (DIR) Kolumne German Angst: Es bleibt Luft nach unten
       
       Je düsterer Dunkelungarn, umso heller leuchtet die deutsche Barmherzigkeit,
       könnte man denken. Aber der Schein trügt.
       
 (DIR) Pegida und Anti-Pegida: Dresdner Interventionen
       
       Hier nahm Pegida ihren Anfang. Warum tun sich die Dresdner so schwer, ihr
       etwas entgegenzusetzen? Erkundungen in der linken Szene.
       
 (DIR) Protestkultur bei Pegida: Ein einziges Mittelalterfest
       
       Ein Galgen bei Pegida in Dresden, eine Guillotine bei der Anti-TTIP-Demo in
       Berlin – ist das die Rückbesinnung auf traditionelle deutsche Werte?
       
 (DIR) Kolumne German Angst: Knarz. Kranker Volkskörper. Knarz.
       
       Je weiter man sich von der deutschen Sprache entfernt, umso hässlicher
       rattern ihre Ketten. Wobei es ja meist weniger an der Sprache selbst liegt.
       
 (DIR) Kommentar de Maizière zu Flüchtlingen: Dieser Minister ist widerlich
       
       Thomas de Maizières Äußerungen über das ungebührliche Benehmen von
       Flüchtlingen sind präzis kalkulierte Hetze.