# taz.de -- TBC: Behörden überfordert: Mehr als ein Verdacht
       
       > In einem Hamburger Flüchtlingsheim erkrankte ein Mitarbeiter an
       > Tuberkulose. Asylbewerber werden erst nach langer Wartezeit untersucht.
       
 (IMG) Bild: Im August wurden 2.200 Lungen von Asylbewerbern geröntgt: Die meisten müssen lange darauf warten
       
       HAMBURG taz | Ein Mitarbeiter eines Flüchtlingsheims in Hamburg-Bramfeld
       ist an Tuberkulose (TBC) erkrankt. Das berichtete der behandelnde Mediziner
       der taz. Er möchte anonym bleiben. Auf Nachfrage bestätigen Innenbehörde
       und der städtische Betreiber der Unterkunft „Fördern & Wohnen“ den Vorfall.
       
       Der Mann mit fortgeschrittenem TBC kam drei Wochen lang ins Krankenhaus. Er
       infizierte sich offenbar einen Monat bevor er den Arzt aufsuchte in einer
       Hamburger Erstaufnahme. Weil die Inkubationszeit mindestens acht Wochen
       dauert, sind die betroffenen Flüchtlinge heute nicht mehr in der
       Unterkunft. Sie sollen längst – ohne medizinische Behandlung – weiter
       gezogen sein.
       
       „Es werden alle Flüchtlinge medizinisch untersucht“, sagt der Büroleiter
       der Innenbehörde Björn Domroese. Der Senat gab im Juli schriftlich an, dass
       grundsätzlich alle Flüchtlinge in den ersten drei Tagen nach ihrer Ankunft
       in Deutschland untersucht werden sollen. Der TBC-Test gehört verpflichtend
       zur Eingangsuntersuchung der Flüchtlinge dazu.
       
       Beim Test wird die Lunge der Patienten geröntgt. Wegen der großen Zahl an
       Flüchtlingen komme es zu „Kapazitätsproblemen“. Es fehle an genügend
       Personal, weswegen sich die Erstuntersuchung der Asylbewerber verzögere.
       Wie lange die Flüchtlinge darauf warten müssen, kann der Büroleiter nicht
       sagen. Auch gebe es keine schnellen Lösungen für das Problem. Das sei
       „bedauerlich“ für den Mitarbeiter, der wieder im Asylheim arbeitet, aber
       momentan – wegen der prekären Situation in den Einrichtungen eben nicht zu
       ändern.
       
       Die erste ärztliche Untersuchung, bei der unter anderem Blut abgenommen
       wird, findet nicht nur in der Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) in der
       Harburger Posttrasse statt. Wegen der großen Flüchtlingsströme wurde die
       Eingangsuntersuchung auch auf andere Standorte ausgeweitet. Tuberkulose
       wird nur vom Gesundheitsamt untersucht.
       
       „Unsere Mitarbeiter in der Tuberkuloseabteilung kämpfen wacker, aber die
       Situation ist nicht ganz so einfach“, sagt Sorina Weiland, Pressesprecherin
       des Bezirksamt-Mitte. In den letzten Monaten habe es schon „sehr lange
       Schlangen vor dem Haus“ gegeben. Allein in diesem August kamen rund 6.700
       Flüchtlinge nach Hamburg. Im selben Monat sollen 2.200 Asylbewerber ab 15
       Jahren in der Bekämpfungsstelle untersucht worden sein. „Täglich landen
       hier über 100 Menschen. Das ist auf Dauer nicht zu bewältigen.“
       
       Für das Bewältigen sind drei fest angestellte Mitarbeiter zuständig.
       Mittelfristig soll mehr Personal eingestellt werden. Jedoch fände man
       „qualifizierte Leute nicht von heute auf morgen“. Auch räumt Weiland ein,
       dass die Frage wer geröntgt wurde, „gar nicht so einfach“ zu beantworten
       sei. Ihre Kollegen seien „Experten“, jedoch kommen täglich Menschen nach
       Hamburg, werden wieder umverteilt oder reisen auf eigene Faust wieder ab.
       Die Angestellten seien „total am Limit“, sagt sie. „Gott sei Dank haben wir
       heute genügend Waffen gegen TBC.“
       
       Übertragung fände nur statt, „wenn jemand ein angeschlagenes Immunsystem“
       habe.
       
       Forscher sehen Tuberkulose kritischer. „Ob jemand an Tuberkulose erkrankt,
       hängt auch von anderen Dingen ab“, sagt Stefan Niemann vom Deutschen
       Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) in Braunschweig. „Die Faktoren,
       weshalb eine Person erkrankt und eine andere nicht, kennen wir noch nicht.“
       
       Die Aufklärung über die Infektionskrankheit sei wichtig, damit Symptome
       rechtzeitig erkannt werden. Das tückische an TBC sei, dass die Symptome
       unspezifisch sind und auch auf andere Krankheiten zutreffen können. Wer
       Blut hustet und in der Nacht schwitzt, müsse sofort einen Arzt aufsuchen.
       Auch der Mitarbeiter im Flüchtlingsheim schob seine Beschwerden zunächst
       aufs Rauchen und ging zu spät zum Arzt. Eine offene Tuberkulose, wie es der
       Betroffene hatte, kann ohne Behandlung tödlich sein. Wer dagegen zum Arzt
       geht, hat sehr gute Heilungschancen.
       
       Der Mitarbeiter des Flüchtlingsheims sei nach dem Krankenhausaufenthalt
       wieder wohlauf, bestätigt „Fördern & Wohnen“. Ob die erkrankten Flüchtlinge
       mit denen der Mitarbeiter in Kontakt kam, behandelt oder längst andernorts
       sind, kann aber keiner sagen.
       
       24 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefanie Diemand
       
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