# taz.de -- Ausstellung „Frauensache“: „Ohne sie wäre Berlin Provinz“
       
       > Zum 600. Jahrestag der Hohenzollernherrschaft in der Mark Brandenburg
       > blickt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten ab heute auf die
       > Frauen am Hof.
       
 (IMG) Bild: Erstritt zwei wichtige Gebiete für Brandenburg: Kurfürstin Anna von Brandenburg, auf einem Gemälde von 1595.
       
       taz: Frau Bender, Preußens Königin der Herzen, Luise, kennt jeder. Warum
       müssen wir nun auch Marie von Sachsen Weimar oder Kronprinzessin Cecilie
       kennenlernen? 
       
       Nadja Bender: Weil die Frauen der Hohenzollern interessante Biografien und
       dazu beigetragen haben, Brandenburg zu Preußen zu machen. Bislang haben wir
       diese Geschichte immer nur als eine Männergeschichte erzählt bekommen.
       
       Die beiden genannten, Marie und Cecilie, stehen für die Spannbreite dessen,
       was man mit Preußen assoziiert: Aufklärung und Militarismus. Was
       unterscheidet die Königinnen und Prinzessinnen von den Männern auf dem
       Thron? 
       
       Die Frauen hatten andere Spielräume. Sie mussten anders und geschickter
       agieren, mit Netzwerken umgehen. Sie haben Einfluss genommen, in dem sie
       zum Beispiel mit den Frauen von Botschaftern gesprochen haben. Und dann gab
       es die offiziellen Aufgaben an der Seite des Mannes, also als Landesmutter.
       
       Als Ehefrauen haben sie Preußen oft neue Herrschaftsbereiche erschlossen,
       als Mütter waren sie aktiver Teil der preußischen Heiratspolitik. Gab es
       auch Konflikte zwischen Pflichterfüllung und individuellen Wünschen? 
       
       Diese Konflikte gab es immer, etwa im Bestellen der Erzieher für die
       Kinder. Konflikte gab es auch im Bereich der Heiratspolitik. Sophie
       Dorothea etwa hat sich andere Heiratspartner für ihre Kinder gewünscht als
       ihr Mann Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig. Sie hatte andere Pläne.
       
       Wer hat sich durchgesetzt? 
       
       Der Mann. Friedrich Wilhelm suchte die Nähe zum Kaiserhaus, die Mutter
       wollte Preußen stärker mit England verbinden. Aber es gab am Hof auch
       Konflikte zwischen Pflicht und Liebe. In der Regel haben die Eltern einen
       geeigneten Heiratspartner ausgesucht, da gab es keine großen
       Wahlmöglichkeiten. Das ergab in den seltensten Fällen eine Liebesheirat.
       Meist aber haben sich daraus Freundschaften und gute Arbeitspaare
       entwickelt. Manchmal aber auch nicht: Friedrich Wilhelm II. war während
       seiner Ehe in andere Frauen verliebt.
       
       Und als Kontrast dazu Königin Luise und Friedrich Wilhelm III. als
       Liebespaar. 
       
       Zumindest als funktionierendes, glückliches Ehepaar, das gemeinsam die
       Kinder großgezogen hat. Aber man muss auch bedenken, dass Luise früh
       gestorben ist. Auch bei denen hätte es also noch Konflikte geben können.
       
       Auffallend ist, dass viele Herrscherinnen ihre Herkunft im Namen tragen,
       etwa Elisabeth von Bayern oder Augusta von Sachsen-Weimar. Warum? 
       
       Die Herkunft war für die Frauen selbst wichtig, weil sie sich damit
       identifizieren konnten. Sie war aber auch für die neue Familie wichtig: Man
       war stolz, weil das oft die Namen alter Familien und ehrwürdiger
       Geschlechter waren.
       
       Wie klappte es mit der Integration? 
       
       Die Frauen mussten immer zwischen zwei Familien agieren: zwischen ihrer
       Heimatfamilie und der neuen Familie. Da spielte auch Heimweh eine Rolle,
       etwa bei Elisabeth von Bayern, die Frau Friedrich Wilhelms IV. Sie hat in
       Brandenburg-Preußen sehr die Alpen vermisst. Aus diesem Grund wurde ihr in
       Potsdam ein bayerisches Haus gebaut.
       
       Sie vertreten mit ihren Mitkurator Alfred Hagemann die These, dass die
       Frauen der Hohenzollern weitaus mobiler waren als die Männer, die ihr
       Herrschaftsgebiet nur selten verließen. Welche Folgen hat das? 
       
       Berlin wäre nicht so vielfältig, wenn es nicht diese Mobilität der Frauen
       der Hohenzollern gegeben hätte. Sie haben aus ihrer Heimat Neuerungen
       mitgebracht, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklungen angestoßen. Wenn
       die Hohenzollern nur brandenburgische Fürstinnen geheiratet hätten, wäre
       Berlin heute keine weltoffene Metropole.
       
       Haben die Hohenzollernfrauen, anders als die Männer, auch pazifistisch
       gewirkt? 
       
       Sie haben es zumindest versucht. Sie haben über Gesandte und Botschaften
       versucht zu vermitteln. Oder sie haben angestrebt, die Auswirkungen der
       Konflikte zu mildern. Augusta etwa setzte sich sehr für die Gründung des
       Deutschen Roten Kreuzes und die Versorgung verwundeter Soldaten ein.
       
       Bislang sind die Herrscherinnen den meisten Berlinern nur von
       Straßenschildern bekannt: Rund um das Schloss Charlottenburg gibt es etwa
       die Sophie-Charlotten-Straße und die Königin-Elisabeth-Straße. Warum wird
       der weibliche Anteil der Hohenzollerndynastie erst jetzt thematisiert? 
       
       Das müssen Sie andere fragen. Für uns war es nach 600 Jahren an der Zeit,
       diese Fragen zu stellen und zu versuchen, die Zusammenhänge bewusst zu
       machen. Wir haben uns ja angewöhnt, gerade wenn es um Brandenburg Preußen
       geht, zu glauben, dass Frauen in der Geschichte keine Rolle spielten. Aber
       das stimmt eben nicht. Diese These ist eher das Ergebnis des 19.
       Jahrhunderts und der Geschichtspolitik der Kaiser.
       
       Der Anlass der Ausstellung Frauensache ist der Herrscherwechsel in der Mark
       Brandenburg vor 600 Jahren. 1415 ging die Mark von den Luxemburgern an die
       Hohenzollern, die bis 1918 die preußische Herrscherdynastie bildeten. Da
       hätte man sicher auch andere Geschichten anlässlich dieses Jubiläums
       erzählen können? 
       
       Man hätte ganz viele Geschichten erzählen können. Aber jetzt ist die Zeit
       gekommen, die Bedeutung der Frauen für das Entstehen Preußens zu würdigen.
       Die Geschichte der Hohenzollern ist eine Familiengeschichte – und nicht nur
       eine Männergeschichte.
       
       Gibt es eine Frauenfigur, von der Sie sagen, sie hat ähnlich wie die Luise
       das Zeug zur Popikone? 
       
       Zur Popikone sicher nicht. Aber zur Ikone von Brandenburg und Preußen
       müsste eigentlich Anna von Preußen werden. Dabei ist sie fast genau das
       Gegenbild von Luise. Ihre Mutter sagte noch über sie, dass sie nicht
       besonders hübsch sei. Aber sie hatte eine Vision und großen Ehrgeiz, der es
       sie schließlich schaffen lässt, sich ohne die Hilfe ihres Mannes gegen den
       Kaiser aufzulehnen und für ihr Erbe zu kämpfen. Damit machte sie am Ende
       tatsächlich Brandenburg zu Preußen.
       
       Warum? 
       
       Durch ihren Einsatz für das Erbe fallen die Territorien in Preußen und im
       Westen an Brandenburg. Das kleine Kernland Brandenburg reichte nun bis
       Königsberg und an den Rhein. Dieses Preußen hätte es ohne Anna nicht
       gegeben.
       
       22 Aug 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
       
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