# taz.de -- Institutioneller Rassismus in Deutschland: Augen zu, Ohren zu
       
       > Rassismus gibt es nicht in deutschen Behörden, versichert die
       > Bundesregierung. Alles bloß Ausnahmen und Fehlwahrnehmung der
       > Betroffenen.
       
 (IMG) Bild: Rassismus gibt‘s bei denen auf keinen Fall, sagt die Bundesregierung
       
       Berlin taz | Wenn schwarze Menschen feststellen, dass immer sie und nicht
       die anderen von der Polizei kontrolliert werden, ist das ihre subjektive
       Wahrnehmung. Wenn Migranten in Behörden gedemütigt werden, ist das eine
       Ausnahme. Und der NSU-Komplex ist eine dramatische Verstrickung von
       Zufällen. So sieht es die Bundesregierung, oder so würde sie es gern sehen.
       
       Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der Grünen, wollte von der Regierung
       wissen, ob sie im Lichte der NSU-Erkenntnisse weiterhin nicht von
       institutionellem Rassismus sprechen wolle. Nein, das will sie nicht.
       
       „Eine pauschale und unreflektierte Verwendung des Begriffs institutioneller
       Rassismus lehnt die Bundesregierung ab“, heißt es in der Antwort. Es
       könnten Missverständnisse auftauchen, da der Begriff nicht nur indirekte
       und unbeabsichtigte Diskriminierungen, sondern auch staatlich organisierte,
       systematische Benachteiligung erfasse.
       
       „Höchst bedauerlich“, findet Beck. „Die Bundesregierung verweigert sich
       noch immer der Tatsache, dass wir in diesem Land ein Problem mit
       institutionellem Rassismus haben.“ Das staatliche Totalversagen in den
       NSU-Mordermittlungen sei ohne eine vorurteilsgeprägte Gedankenwelt der
       Ermittler nicht möglich gewesen, meint Beck.
       
       ## Es gibt kein Problem
       
       Vor wenigen Wochen hatte bereits die Linksfraktion bei der Regierung
       nachgehakt, wie sie mit Diskriminierungen und rassistischen Übergriffen in
       Deutschland umgehen wolle. Die Antwort fiel ähnlich aus: Wo kein
       institutionelles Problem ist, gibt es auch nichts zu lösen.
       
       Hintergrund der Anfrage war die Kritik der Vereinten Nationen an
       [1][Deutschlands Umsetzung der Antirassismus-Konvention]. Alle vier Jahre
       muss bei der UNO ein Staatenbericht vorgelegt werden. Im Mai nahm das
       UN-Komitee zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung (CERD)
       Deutschlands Bericht von 2013 unter die Lupe.
       
       Auf 40 Seiten beschreibt die Bundesregierung dort, was getan wurde, um
       gegen Rassismus vorzugehen. Sie beschreibt aber auch, wo sie keinen
       Handlungsbedarf sieht. Zum Beispiel beim Racial Profiling. Im Bericht heißt
       es schlicht: „Die Polizeien der Länder und des Bundes bedienen sich eines
       ‚Ethnic Profiling‘ oder ähnlicher Instrumente nicht.“
       
       Das sehen die Vereinten Nationen etwas anders. Hinter der Praxis der
       Bundespolizei, bei Kontrollen in Zügen nach äußerlichen Merkmalen
       vorzugehen, könnte nach Einschätzung des Komitees institutioneller
       Rassismus stecken. Auch die bislang erfolglosen Ermittlungen bei der
       Aufklärung der NSU-Straftaten würden deutlich auf systematische Defizite
       hinweisen, heißt es von den Vereinten Nationen.
       
       Die Linksfraktion wollte wissen, ob die Regierung nun handeln wird. Die
       aber beruft sich auf den NSU-Untersuchungsausschuss. Der hätte keinen
       strukturellen oder institutionellen Rassismus bei den Behörden
       festgestellt. Und zum Stichwort Racial Profiling heißt es: Man sehe keinen
       Anhaltspunkt für ein Strukturproblem. Augen zu, Ohren zu, Problem gelöst.
       
       12 Jul 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /UNO-Bericht-zu-Rassismus-in-Deutschland/!5200454
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Josephine Schulz
       
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