# taz.de -- CSD in Berlin am Samstag: Der Große und der Kleine
       
       > Berlin hatte mal drei Christopher-Street-Day- Paraden, nun zwei. Samstag
       > ist es wieder so weit. Und natürlich soll alles wieder politischer
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Beim CSD ist alles wieder total politisch: Hier wahrscheinlich ein Protest für oder gegen die Queen.
       
       BERLIN (taz) | Dass am Samstag der 37. CSD tatsächlich stattfindet, galt
       vielen vor einem Jahr als unwahrscheinlich. Seit 1979 hat Berlin seinen CSD
       – zuletzt sogar gleich drei: 2014 liefen und rollten die LGBTs als Ergebnis
       eines szeneinternen Spaltungsprozesses auf zwei getrennten Demorouten durch
       Mitte; die dritte Variante war der traditionell eigene Weg des eher linken
       CSDs in Kreuzberg.
       
       Seit 1999 organisiert der Berliner CSD e. V. die große Parade zum
       Christopher Street Day. Ein Aktionsbündnis hatte 2014 die zweite Demoroute
       aus Protest initiiert. Auslöser war der zuvor eskalierte Streit zwischen
       Beteiligten aus Community und Vorstand des CSD-Vereins. Es ging um die
       ausufernde Kommerzialisierung der Parade, deren geplante Umbenennung sowie
       Vorwürfe der Intransparenz und persönlichen Bereicherung durch den
       Geschäftsführer. Letzter musste im Herbst 2014 gehen. Für den Verein folgte
       ein Prozess der Neustrukturierung und der Auseinandersetzung mit sich
       selbst.
       
       ## Mehr Demo-Charakter
       
       Ein Jahr und eine selbst verordnete Transparenzkommission später geht
       dieser mit neuem Vorstand und 160.000 Euro Altschulden in das anstehende
       Pride-Wochenende. Mehr als die Hälfte der Schulden sind laut Finanzvorstand
       David Staeglich im letzten Jahr der alten Geschäftsführung aufgelaufen. Die
       Zielvorgabe, zumindest keine neuen zu machen ist erfüllt, wie Vorstandsfrau
       Angela Schmerfeld gegenüber der taz betont: „Die Finanzierung durch
       Spenden, Sponsoring- und Partnerverträge trägt den CSD 2015“. Doch bleibt
       die finanzielle Lage des Vereins prekär, man wirbt weiter um Unterstützung.
       Und um Vertrauen.
       
       Der große Streit scheint beigelegt. Belegt hat er, dass auch Struktur,
       Inhalte und Partizipationsmöglichkeiten einen Relaunch nötig hatten. „Die
       Parade soll insgesamt wieder mehr Demo-Charakter bekommen“, fasst
       Schmerfeld das neue Gesamtkonzept zusammen.
       
       Dazu gibt es diesmal zwei Blöcke: vorne die Fußgruppen, gut sicht- und
       hörbar vor den nachfolgenden Party- und Sponsorenwagen. Politische
       Forderungen sollen so wieder mehr in den Fokus rücken, Werbeflächen werden
       stark begrenzt, bislang eher unpopuläre Themen aufgenommen (“Refugees
       Welcome!“).
       
       Als radikaler Gegenentwurf zum Massenevent CSD formierte sich schon 1997
       eine linkspolitische Abspaltung, die fortan 16 Jahre zu Tausenden als
       „trans*genialer CSD“ in und um Kreuzberg demonstrierte – zeitlich stets
       parallel zum großen Bruder. Nach internen Streits um die „richtige“
       antirassistische Aufstellung war 2013 allerdings Schluss, die Orga-Struktur
       löste sich auf.
       
       Diese Lücke füllt seit 2014 der von Einzelpersonen sowie szenenahen Clubs
       und Vereinen gemeinsam organisierte „Kreuzberger CSD“. Der geht am Samstag
       gegen Vereinnahmungsversuche, Mehrfachdiskriminierung und Rassismus auf die
       Straße, wobei Sprecherin Kaey Kiel gegenüber der taz betont: „Allein das
       Thema Rassismus ist auch szeneintern längst nicht abgearbeitet.“
       
       25 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Melanie Götz
       
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