# taz.de -- Flucht von Sudans Präsidenten al-Bashir: Rechtsbruch auf dem Rollfeld
       
       > Der sudanesische Präsident al-Bashir wird wegen Völkermordsvorwürfen per
       > Haftbefehl gesucht. Trotzdem hat er Südafrika nun verlassen.
       
 (IMG) Bild: Omar al-Bashir beim Gruppenfoto auf dem Gipfel der Afrikanischen Union.
       
       BERLIN taz |Der erste konkrete Versuch weltweit, einen amtierenden
       Präsidenten wegen Völkermordes zu verhaften, ist gescheitert. Sudans
       Präsident Omar Hassan al-Bashir, der am Samstag zum Staatengipfel der
       Afrikanischen Union (AU) nach Südafrika gereist war, bestieg am Montag auf
       der südafrikanischen Luftwaffenbasis Waterkloof sein Flugzeug und flog nach
       Sudan zurück, noch während ein südafrikanisches Gericht über sein Schicksal
       beriet.
       
       Die Farce hatte am Sonntagvormittag ihren Lauf genommen, als Richter Hans
       Fabricius am Hohen Gericht in Südafrikas Hauptstadt Pretoria eine
       einstweilige Verfügung erließ, wonach Bashir das Land nicht wieder
       verlassen dürfe, solange nicht über einen Antrag der
       Menschenrechtsorganisation SALC (South African Litigation Centre) zur
       Vollstreckung des gegen ihn vorliegenden Haftbefehls des Internationalen
       Strafgerichtshofs befunden worden sei. Die Verfügung sorgte beim AU-Gipfel
       in Johannesburg für erhebliche Aufregung und verzögerte den Gipfelauftakt
       um rund fünf Stunden. Auf Antrag der südafrikanischen Regierung vertagte
       sich das Gericht auf den späten Montagvormittag und ordnete an, das
       Ausreiseverbot gelte derweil weiter und sei allen Ausreisestellen
       mitzuteilen.
       
       Die Regierungsseite machte bei dem Eilverfahren geltend, Bashir genieße als
       Gast des AU-Gipfels Immunität; dies habe das Kabinett beschlossen. Die
       Kläger machten geltend, Südafrika habe das Rom-Statut des Strafgerichtshofs
       ratifiziert und in seine eigene Gesetzgebung übertragen; damit bestehe
       sowohl die völkerrechtliche als auch die gesetzliche Pflicht, den
       ICC-Haftbefehl zu vollstrecken. Diese Pflicht könne kein Kabinettsbeschluss
       außer Kraft setzen. Das Rom-Statut erkennt keine Immunität für Staatschefs
       an.
       
       Sudans Regierung heizte die Verwirrung über Nacht mit widersprüchlichen
       Äußerungen über Bashirs Verbleib an und erklärte zudem, sie habe von
       Südafrikas Regierung die Zusicherung erhalten, dass Bashir unbehelligt
       bleiben werde.
       
       Kurz nachdem das Gericht am Montag wieder zusammentrat, diesmal unter dem
       Vorsitzenden Richter Dunstan Mlambo, veröffentlichten Journalisten Fotos
       der sudanesischen Präsidentenmaschine beim Abheben von der Luftwaffenbasis
       Waterkloof. Die Regierungsseite vor Gericht sagte, sie könne das nicht
       bestätigen. Dann sagte sie, sie gehe davon aus, dass Bashir nicht im
       Flugzeug sei, weil sein Name nicht auf der von den Sudanesen übermittelten
       Passagierliste stehe.
       
       Gegen 15 Uhr, nach einer kurzen Unterbrechung, überschlugen sich die
       Ereignisse vor Gericht. Richter Mlambo sagte, die Regierung solle sich für
       Bashirs Verhaftung bereithalten. Regierungsvertreter Mokhari antwortete mit
       der Bestätigung, dass Bashir das Land verlassen habe. Mlambo verkündete den
       Senatsbeschluss: Der Haftbefehl gegen Bashir ist zu vollstrecken. Mokhari
       antwortete mit der Zusicherung, Bashirs Ausreise zu untersuchen. Mlambo
       ließ feststellen, die Gerichtsentscheidung sei missachtet worden. Die
       Sitzung wurde geschlossen.
       
       Dieser Artikel wurde aktualisiert um 17.20 Uhr.
       
       15 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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