# taz.de -- Nobelpreisträger über Frauen im Labor: „Wenn du sie kritisierst, heulen sie“
       
       > Der britische Zellforscher Tim Hunt will Frauen und Männer im Labor
       > trennen. Weil Liebe von der Arbeit ablenkt. Und Frauen immer rumflennen.
       
 (IMG) Bild: Ein nach Geschlechtern getrenntes Labor? Großartige Idee! Fragt sich nur, was dann wieder mit diesen Schwulen ist.
       
       Ach, unsere Nobelpreisträger! Schlau, dass die Ferkel quieken, und dabei
       immer noch ein gewinnendes Scherzlein auf den Lippen. Der britische
       Zellforscher Tim Hunt etwa. Immerhin auf der Weltkonferenz der
       Wissenschaftsjournalisten nahm er dankbar das Angebot an, eine Tischrede zu
       halten. Bei einem Mittagessen, organisiert von „powerful, role-model female
       scientists“. Und was sagt man einflussreichen Wissenschaftlerinnen mit
       Vorbildfunktion zum Lunch?
       
       Am besten Folgendes: „Lassen Sie mich Ihnen von meinen Problemen mit Mädels
       berichten. Drei Dinge passieren, wenn sie im Labor sind: du verliebst dich
       in sie, sie verlieben sich in dich, und wenn du sie kritisierst, dann
       heulen sie.“ Das ist scharf beobachtet und empathisch vorgetragen. Aber
       offenbar haben einige der anwesenden Frauen das als Kritik aufgefasst und
       fingen gleich an, herumzuflennen. Wegen Sexismus und so.
       
       Dabei meinte Hunt es doch nur gut. Er wolle Frauen nämlich fördern,
       versicherte er hinterher, aber dennoch: „Die Sache über die Probleme mit
       den Mädels habe ich schon so gemeint. Ich habe mich im Labor in Frauen
       verliebt, und Frauen haben sich in mich verliebt. Das ist sehr störend in
       der Wissenschaft, weil es enorm wichtig ist, dass alle unter gleichen
       Voraussetzungen arbeiten.“ Deshalb schlägt Hunt vor, zukünftig einfach nach
       Geschlechtern getrennte Laboratorien zu führen.
       
       Eine großartige Idee! Fragt sich nur, was dann wieder mit diesen Schwulen
       ist. Aber egal, zumindest in der saudischen Akademie der Wissenschaften hat
       Hunt mit seiner Idee sicherlich eine große Zukunft. Was nützlich sein
       könnte, denn die britische Royal Society distanzierte sich umgehend von der
       zum Ritter geschlagenen 72-jährigen Geistesgröße. Hunt reichte daraufhin
       den Rücktritt von seiner Honorarprofessur ein. Ob er dabei geheult hat, ist
       nicht überliefert.
       
       ## Verliebte Blicke durch die Schutzbrille
       
       Wenn ich an meine eigene Laborzeit zurückdenke, muss ich mich aber doch ein
       wenig wundern. Ich habe mich nämlich auch schwer verliebt damals. Und die
       Frau sich in mich. Wir fanden das ausnehmend angenehm. Man kann dann die
       ewigen Wartezeiten am Gaschromatografen prima nutzen, indem man sich ein
       bisschen vergnügt. Die elektrisierende Atmosphäre, wenn jeder seine
       Flüssigkeit in den Erlenmeyerkolben pipettiert und es diese Knall- und
       Zischeffekte gibt! Verliebte Blicke durch die Schutzbrille! Die
       megascharfen Kittel! Das Nümmerchen zwischen all den Zahlenreihen!
       
       Und wenn’s schiefgeht, auch gut, dann kann man es immerhin standesgemäß
       ausleben. Der Ex mal schön das Pausenbrot autoklavieren. Ihre Schuhe mit
       Salzsäure beträufeln. Das Foto ihres neuen Lovers überm Bunsenbrenner
       ankokeln. Kurz gesagt: leben. Es mag die Vorstellungswelt eines
       Zellforschers strapazieren, aber wenn sehr viele Zellen zu einem ganzen
       Menschen zusammenkommen, dann machen die so Sachen.
       
       Wenn Hunt, wie er nun beteuert, Frauenförderung wirklich ein Anliegen wäre,
       lägen andere Vorschläge als getrenntgeschlechtliche Labore vielleicht doch
       näher. Dass Frauen dasselbe verdienen wie Männer. Ein Arbeitsklima, in dem
       Männer nicht meinen, sie könnten launige Sprüche über „troubles with girls“
       machen. Kritik so anbringen, dass niemand einen Grund hat zu heulen. Und
       die Machtstrukturen ändern, indem man verbohrte alte Männer mit kruden
       Ideen aus Führungspositionen verbannt. Dann steigt der Frauenanteil dort
       vielleicht auch eines Tages. Zumindest in letzterem Punkt könnte man Hunt
       jetzt immerhin als eine Art Role-Model sehen.
       
       11 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heiko Werning
       
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