# taz.de -- Übergriffe in Sachsen: Keine Nazis, nur Ausländerfeinde
       
       > Mit der Realität in der Region um Mügeln haben die Worte des
       > Bürgermeisters wenig zu tun. Die rechte Szene war schon vor der Hetzjagd
       > auffällig.
       
 (IMG) Bild: Rathaus der sächsischen Kleinstadt Mügeln
       
       BERLIN taz Der Bürgermeister Gotthard Deuse (FDP) gibt sein Bestes. "Hier
       gibt es keine Rechtsextremen", sagt er den angereisten Fernsehteams. Auch
       der Angriff auf die Inder habe "wahrscheinlich keinen rechtsextremen
       Hintergrund", es seien nur "ausländerfeindliche Parolen gesagt worden".
       Wenn überhaupt, müssten die rechtsextremen Schläger aus anderen Städten
       gekommen sein.
       
       Der Bürgermeister will vermutlich den Schaden begrenzen. Mit der Realität
       in der Region um Mügeln haben seine Worte jedoch wenig zu tun - zumindest
       wenn man jenen glaubt, die sich dort täglich mit Rechtsextremismus und
       Rassismus befassen. "Die Vorstellungen des Bürgermeisters sind altbacken",
       sagt Friedemann Affolderbach, der für das "Mobile Beratungsteam gegen
       Rechts" im Regierungsbezirk Leipzig arbeitet. Die rechtsextreme Szene
       funktioniere dort inzwischen als loses Netzwerk. Dank moderner
       Kommunikationsmittel seien die Neonazis längst nicht mehr darauf
       angewiesen, sich in festen Gruppen zu organisieren.
       
       In einem bekannten rechtsextremen Internetforum wird der Mügelner
       Black-Metal-CD-Versand "No Colours Records" als "Nationales Versandhaus"
       empfohlen. Nach Ansicht von Affolderbach bedient der Vertrieb die Klientel
       der rechtsextremen Metal-Fans. Der sächsische Verfassungsschutz sagt
       allerdings auf Nachfrage, der Versand werde nicht als rechtsextrem
       eingestuft und nicht beobachtet.
       
       Glaubt man dem Mitarbeiter des Mobilen Beratungsteams, dann war auch der
       Jugendclub in Mügeln bis vor einigen Jahren als rechter Treff bekannt.
       Viele Anhänger dieser Szene lebten vermutlich weiter in der Stadt.
       
       Über die ahnungslosen Äußerungen des Mügelner Bürgermeisters wundert man
       sich in der Civitas-Netzwerkstelle gegen Rechts im benachbarten Döbeln.
       "Für alternative Jugendliche ist es hier Alltag, dass sie mit
       rechtsextremen Übergriffen rechnen müssen", sagt Civitas-Mitarbeiter
       Alexander Voigt. "Ich sage unseren Jugendlichen immer: Geht nicht zu diesen
       Volksfesten - das ist gefährlich!"
       
       Voigt kann eine ganze Reihe von Übergriffen aufzählen, die sich in den
       vergangenen Monaten in der Gegend zugetragen haben. So sei Anfang Februar
       eine Gruppe Vermummter in das Döbelner "Café Courage" gestürmt, wo ein
       Kabarettabend lief. Die Männer hätten mit Flaschen und Möbeln geworfen,
       eine Besucherin sei verletzt worden. Einschlägige Symbole an der Kleidung
       ließen darauf schließen, dass es sich um Rechtsextreme gehandelt habe.
       Allerdings habe die Polizei bis heute noch keine Ermittlungsergebnisse
       präsentiert.
       
       Auch am 1. Mai seien 150 Rechtsextreme durch das benachbarte Roßwein
       gezogen, aus dem Zug heraus seien Steine auf das Jugendhaus geflogen,
       Scheiben zu Bruch gegangen. Anfang August sei ein Jugendlicher beim
       Stadtfest in Waldheim von einer Gruppe Rechter krankenhausreif getreten
       worden. "Ich kann diese Überraschtheit der Lokalpolitiker inzwischen nicht
       mehr nachvollziehen", sagt Voigt.
       
       Außergewöhnlich an dem Fall Mügeln ist für Fachleute lediglich, dass sich
       bei dem Fest offensichtlich ein Mob bildete und auch Mügelner mitmachten,
       die nicht zur rechtsextremen Szene gehörten. "Da scheint eine Idee auf
       fruchtbaren Boden gefallen zu sein", sagt der Rechtsextremismusberater
       Affolderbach. Die Stadt müsse sich nun überlegen, welche Konsequenzen sie
       aus dem Vorfall ziehe.
       
       22 Aug 2007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Astrid Geisler
       
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