# taz.de -- Rechtsextremismus: "Der Mob ist der gleiche"
       
       > Kurz nach der Hetzjagd auf Inder jähren sich die Ausschreitungen von
       > Rostock zum 15. Mal - ein Interview mit Rechtsextremismus-Expertin
       > Kahane.
       
 (IMG) Bild: "Solche Übergriffe werden immer häufiger": Expertin Anetta Kahane
       
       taz: Frau Kahane, am Wochenende war die Hetzjagd auf Inder in Sachsen,
       heute jähren sich die Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen zum 15. Mal
       - ein verrückter Zufall, oder? 
       
       Anetta Kahane: Ja. Aber was in Rostock passierte, hatte eine andere
       Qualität. Das war eine inszenierte Katastrophe. Damals gab es auch auf
       staatlicher Seite das Interesse, Asylbewerber abzuwehren, so dass man die
       Rostocker Inszenierung dazu nutzte, das im Grundgesetz verbriefte Asylrecht
       zu ändern. Das war eine eklige Situation. So ist es heute nicht mehr.
       
       Dennoch scheint sich nicht allzu viel geändert zu haben. 
       
       Der Mob ist der gleiche geblieben. Aber es gibt auch Dinge, die sich etwas
       zurechtgerüttelt haben. Man wundert sich jetzt nicht mehr, dass in manchen
       Gegenden Asylbewerber herumlaufen. Und es gibt mehr Leute, die sich gegen
       Rechtsextremismus engagieren. Das ist eine dünne Schicht, aber immerhin,
       die gab es damals nicht. Und es gibt eine Öffentlichkeit, die inzwischen
       anerkannt hat, dass es in Ostdeutschland ein Problem gibt.
       
       Sind die Ereignisse von Mügeln ostdeutsche Normalität? 
       
       Natürlich. Das gilt für Sachsen, für Sachsen-Anhalt Man muss sich nur die
       Statistiken ansehen. Solche Übergriffe werden immer häufiger. Insofern ist
       es Normalität. Wir haben derzeit das zweifelhafte Glück, dass es wieder
       einen medienrelevanten Fall gibt.
       
       Hilft das in der Arbeit gegen Rechtsextremismus, wenn diesen Dingen ein
       größeres Interesse der Medien zuteil wird? 
       
       Es hilft enorm, vor allem den Leuten vor Ort. Wir haben dann mehr
       Aufmerksamkeit, mehr Sensibilität, die Initiativen kriegen häufig einen
       ziemlichen Auftrieb, manchmal auch Hilfe von staatlicher Seite.
       
       Ist es der Durchschnitt der ostdeutschen Bevölkerung, der da gejagt hat? 
       
       Ich war nicht dabei, aber der Apotheker oder die Gymnasiallehrerin werden
       nicht teilgenommen haben. Aber die Leute, die mitgemacht haben,
       repräsentieren ein gewisses Meinungsspektrum. Prodemokratische Stimmen sind
       in Sachsen schwer zu finden - und noch schwerer Leute, die sich
       dazwischenwerfen. Warum finden sich nicht zwanzig Männer, die sagen: "Raus
       hier, wir wollen das nicht haben!"
       
       Einige Leute bestreiten, dass es im Osten No-go-Areas für dunkelhäutige
       Menschen gibt. 
       
       Wahrscheinlich sind diese Leute sehr blond und blauäugig und haben es wohl
       im Selbstversuch probiert. Natürlich gibt es diese No-go-Areas, die so
       genannten national befreiten Zonen. Nichtarische Menschen wissen, warum sie
       nicht dorthin fahren.
       
       Ärgert Sie, wenn Politiker stets sagen, man müsse etwas tun, weil sonst die
       Investoren in Ostdeutschland wegblieben? 
       
       Tatsache ist, dass viele amerikanische oder asiatische Firmen mit ihren
       bunten Belegschaften gar nicht nach Ostdeutschland kommen. Wenn man deshalb
       etwas gegen Rassismus unternimmt, soll mir das recht sein. Natürlich würde
       ich es mir wünschen, dass man aus moralischen Gründen handelt. Aber wenn es
       hilft, habe ich gegen andere Gründe nichts einzuwenden - damit diese
       Sauerei aufhört.
       
       21 Aug 2007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Gessler
       
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