# taz.de -- Russische Panzer verlassen Gori: USA warnt Moskau vor Machtgelüsten
       
       > Vor ihrer Reise nach Georgien schlägt US-Außenministerin Rice schärfere
       > Töne gegenüber Russland an. Moskau fordert von Georgien vertraglich
       > fixierten Gewaltverzicht und zieht seine Truppen aus Gori ab.
       
 (IMG) Bild: Rice: "Dies ist nicht 1968."
       
       TIFLIS/MOSKAU/WASHINGTON ap/rtr/afp Russische Truppen haben nach
       georgischen Angaben am Donnerstag mit dem Abzug aus der strategisch
       wichtigen Stadt Gori begonnen. Die Soldaten hätten auch die Hafenstadt Poti
       verlassen, teilte das Innenministerium mit. Die russischen Truppen hatten
       das im georgischen Kernland gelegene Gori nach Angaben aus Tiflis am
       Mittwoch erneut bombardiert. Die Regierung warf Russland vor, mit den
       Angriffen gegen den von Frankreich nach einem fünftägigen Krieg
       vermittelten Friedensplan verstoßen zu haben.
       
       Auch aus der Hafenstadt Poti mit ihrem Ölterminal hätten sich die Russen
       zurückgezogen, teilte das georgische Innenministerium mit. In den
       Außenbezirken von Gori stoppten georgische Polizisten den Verkehr, dutzende
       leichter Fahrzeuge mit Soldaten wurden geparkt. Die Soldaten erklärten, sie
       warteten weitere Befehle ab.
       
       Russland hat unterdessen von Georgien einen vertraglich fixierten
       Gewaltverzicht gefordert. Die Regierung in Tiflis solle sich in einem
       Abkommen dazu verpflichten, ihre abtrünnigen Regionen Südossetien und
       Abchasien nicht anzugreifen, erklärte das Präsidialamt in Moskau am
       Donnerstag. Präsident Dmitri Medwedew habe den in der Krise vermittelnden
       französischen Staatschef Nicolas Sarkozy am Vorabend in einem Telefonat
       darum gebeten, Georgien zu einem solchen Abkommen zu bewegen. Dies sei
       wichtiger als Resolutionen oder Erklärungen der UN.
       
       Vor dem Georgien-Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice hat sich
       die Tonlage zwischen Washington und Moskau im Kaukasus-Konflikt weiter
       verschärft. Rice warnte die russische Regierung am Mittwoch vor
       Großmachtambitionen im Stil der ehemaligen Sowjetunion, nachdem Präsident
       George W. Bush zuvor bereits die Solidarität der USA mit Georgien bekundet
       hatte. Der russische Außenminister Sergej Lawrow stellte Washington dagegen
       vor die Wahl zwischen der Unterstützung Georgiens und einer Partnerschaft
       mit Russland. Frankreich bereitet offenbar eine neue UN-Resolution auf der
       Basis des von der EU vermittelten Friedensplans vor.
       
       Russlands müsse sich für sein Vorgehen in Georgien "auf internationale
       Verurteilung einstellen", sagte Rice in Washington. "Das ist nicht wie 1968
       bei der Invasion der Tschechoslowakei, als Russland seine Nachbarn
       bedrohen, eine Hauptstadt besetzen, eine Regierung stürzen konnte und damit
       davonkam", fügte sie mit Blick auf die gewaltsame Beendigung des Prager
       Frühlings hinzu. "Die Dinge haben sich geändert." Die US-Außenministerin
       wollte am Donnerstag in Frankreich mit Staatschef Nicolas Sarkozy über die
       Lage in Georgien beraten und anschließend nach Tiflis weiterreisen.
       
       Bush warnte die Regierung in Moskau in seiner ersten ausführlichen
       Stellungnahme zum Kaukasus-Konflikt vor schwerwiegenden Folgen. Er erwarte,
       "dass alle russischen Truppen, die in den vergangenen Tagen nach Georgien
       marschiert sind, das Land wieder verlassen".
       
       Das Weiße Haus bemühte sich anschließend, die Wogen etwas zu glätten.
       Präsidentensprecherin Dana Perino sagte, dass die Beziehungen zwischen
       Russland und den USA nicht "gegnerisch" seien. Sie könnten am besten als
       "komplex und kompliziert" beschrieben werden. Als Reaktion auf das
       militärische Vorgehen Russlands gegen Georgien hat Washington bereits ein
       gemeinsames Manöver der US-Marine mit russischen Verbänden abgesagt und ein
       Sondertreffen der NATO-Außenminister kommende Woche einberufen.
       
       Lawrow sagte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax am
       Mittwoch, die georgische Führung sei "ein spezielles Projekt" der USA.
       Eines Tages müsse sich Washington aber zwischen einem "virtuellen Projekts"
       und einer "realen Partnerschaft" entscheiden. Der russische
       NATO-Botschafter Dmitri Rogosin sagte im russischen Nachrichtensender NTV
       angesichts der aktuellen Krise einen Wandel der Beziehungen zwischen
       Russland und der NATO voraus.
       
       Der belgische UN-Botschafter Jan Grauls teilte in New York mit, dass die
       französische Delegation mit anderen Mitgliedern des Sicherheitsrats
       Gespräche über einen neuen Resolutionsentwurf zur Kaukasus-Krise führe.
       Frankreich strebt demnach eine abgeänderte Fassung eines am Montag
       vorgestellten Entwurfs an, die den von der EU vermittelten Friedensplan
       berücksichtigen soll.
       
       Russland und Georgien hatten in der Nacht zum Mittwoch grundsätzlich einem
       Sechs-Punkte-Plan zugestimmt, für den Sarkozy als amtierender
       EU-Ratspräsident in beiden Ländern geworben hatte. Das Dokument sieht nach
       französischen Angaben neben einer Waffenruhe vor, dass die georgischen
       Truppen sich in ihre üblichen Quartiere zurückziehen und die russische
       Armee hinter die Grenzen "vor Ausbruch der Feindseligkeiten".
       
       Georgien hatte in der Nacht zum vergangenen Freitag einen Militäreinsatz
       gestartet, um die Kontrolle über seine abtrünnige Provinz Südossetien
       zurückzugewinnen. Moskau reagierte mit einer Gegenoffensive, die russische
       Armee drang dabei auch in georgisches Kernland vor. Nach russischen Angaben
       starben bei den Kämpfen 2000 Zivilisten. Durch den Konflikt wurden nach
       UN-Angaben rund 100.000 Menschen in die Flucht getrieben.
       
       Ungeachtet des EU-Friedensplans waren russische Truppen am Mittwoch erneut
       auf georgisches Gebiet vorgerückt. Nach georgischen Angaben wollten sich
       die russischen Truppen am Donnerstag aus der umkämpften Stadt Gori
       zurückziehen.
       
       14 Aug 2008
       
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