# taz.de -- Waffenruhe im Südkaukasus gebrochen: Krieg trotz Frieden
       
       > Trotz offizieller Waffenruhe dringt russisches Militär in Georgien vor.
       > Georgien berichtet, russische Truppen versuchten, Tiflis zu umzingeln.
       > US-Präsident Bush fordert die Russen zum Rückzug auf.
       
 (IMG) Bild: Rauch dringt aus einer georgischen Kaserne nahe Gori. Russische Truppen scheinen in die Stadt eingedrungen zu sein.
       
       GORI/BRÜSSEL afp/rtr/dpa/taz Trotz der Einigung zwischen Georgien und
       Russland auf einen Friedensplan sind die Kriegshandlungen im Kaukasus
       zumindest von russischer Seite fortgesetzt worden. Ein Konvoi russischer
       Panzer, Panzerfahrzeuge und Lastwagen rollte von der georgischen Stadt Gori
       aus in Richtung der Hauptstadt Tiflis, wie ein Reporter aus Gori
       berichtete. Tiflis liegt rund 80 Kilometer südöstlich von Gori.
       
       Der georgische Präsident Michail Saakaschwili sagte gegenüber CNN,
       russische Truppen versuchten, Tiflis zu umzingeln. Bei einer
       Pressekonferenz berichtete er, russische Panzer würden in Gori Gebäude
       zerstören und auf Menschen schießen. Die russischen Truppen seien "äußerst
       aggressiv, sie sind dabei, die ethnische Säuberung meiner Bevölkerung zu
       vollenden".
       
       Der Chef des georgischen Sicherheitsrats, Alexander Lomaja, sagte zuvor,
       nach Gori seien 50 russische Panzer und gepanzerte Fahrzeuge vorgedrungen.
       
       Die russische Armee wies die Vorwürfe zurück. Weder russische Truppen noch
       verbündete Streitkräfte hielten sich in Gori auf, sagte ein Vertreter des
       russischen Generalstabs laut russischen Nachrichtenagenturen. Moskau hat
       jedoch bestätigt, dass Russland militärisches Material aus georgischen
       Basen abtransportiert. In der Stadt Poti wurde der Hafen gesperrt. Der
       russische Botschafter in Berlin, Wladimir Kotenew, räumte zudem ein, dass
       die russische Luftwaffe erneut Schläge gegen militärische Ziele in Georgien
       geführt habe.
       
       Aus Südossetien berichteten Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation
       Human Rights Watch von vier zerstörten und zum Teil noch brennenden
       georgischen Dörfern. Sie seien von südossetischen Milizionären angezündet
       worden, die in Lastwagen durch die Gegend führen und plünderten. Ein Ossete
       sagte gegenüber der Organisation: "Natürlich haben sie das Recht, jetzt den
       Georgiern Sachen wegzunehmen, weil sie ihr Eigentum in Zchinwali und
       anderen Orten verloren haben."
       
       Vor den russischen Panzerbewegungen um Gori hatten Russland und Georgien
       einem von der EU vermittelten Friedensplan zugestimmt, der unter anderem
       das sofortige Einstellen aller Feindseligkeiten vorsieht. Polen und die
       drei baltischen Staaten kritisierten den Friedensplan. Die territoriale
       Integrität Georgiens sei darin mit keinem Wort erwähnt.
       
       Russland warf der georgischen Armee vor, sich nur langsam zurückzuziehen.
       Die Konzentration georgischer Truppen in der Nähe der Sicherheitszone
       zwischen Südossetien und dem Rest Georgiens gebe Anlass zu Besorgnis, sagte
       der Vizechef des russischen Generalstabs in Moskau.
       
       Die EU-Außenminister sprachen sich bei einer Sondersitzung in Brüssel für
       ein stärkeres Engagement in Georgien aus. Erwogen wird dabei auch die
       Entsendung von Beobachtern zur Absicherung des Waffenstillstands. Die
       unbewaffneten Beobachter sollen die Organisation für Sicherheit und
       Zusammenarbeit (OSZE) unterstützen, die ihre Präsenz in Georgien von 200
       auf 300 Personen aufstocken will.
       
       US-Präsident George W. Bush hat unterdessen die US-Streitkräfte mit einem
       humanitären Einsatz in der Krisenregion beauftragt und Moskau vor schwer
       wiegenden Folgen gewarnt. Die US-Luftwaffe und die Marine sollten in den
       nächsten Tagen Medikamente und andere Hilfsgüter nach Georgien bringen,
       sagte Bush in Washington. Er kritisierte: "Russlands anhaltendes Vorgehen
       wirft ernsthafte Fragen zu seinen Absichten in Georgien und der Region
       auf." Bush deutete an, dass Moskau international die Isolierung drohe,
       sollte es seinen Kurs nicht ändern.
       
       Ähnlich äußerte sich auch der britische Außenminister David Miliband. Ein
       französischer Regierungsvertreter gab dagegen Saakaschwili die Schuld an
       der Eskalation des Konflikts, warf aber Russland eine deutliche
       Überreaktion vor.
       
       14 Aug 2008
       
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