# taz.de -- Der Krieg und die kleinen Kaukasusstaaten: Seismografische Auswirkungen
> Aserbaidschan und Armenien, Moldova und Transnistrien: die bestehenden
> Konflikte in den kleineren Kaukasusrepubliken werden angeheizt
(IMG) Bild: Erst im März war es zu schweren Krawallen in Armeniens Hauptstadt Eriwan gekommen.
BERLIN taz Mit großer Nervosität beobachten Georgiens Nachbarn Armenien und
Aserbaidschan den Konflikt um Südossetien. Am Mittwoch und Donnerstag erst
hatten, so das aserbaidschanische Verteidigungsministerium, armenische
Truppen mit Maschinengewehren aserbaidschanische Einheiten angegriffen.
Armenier und Aserbaidschaner wissen aus Erfahrung, dass kriegerische
Auseinandersetzungen auf die Nachbarn ausstrahlen können. Anfang der
90er-Jahre hatten sie sich einen erbitterten Krieg um die mehrheitlich von
Armeniern bewohnte Enklave Nagorni Karabach (in Aserbaidschan) geliefert.
Seit dem 1994 geschlossenen Waffenstillstand gilt der Karabach-Konflikt als
"eingefroren".
In Aserbaidschan hat man keine Zweifel: Der Schuldige am
georgisch-russischen Krieg ist in Moskau zu suchen. Besonders erzürnt ist
man hier über die russischen Luftangriffe auf mehrheitlich von
Aserbaidschanern bewohnte Gebiete Georgiens. Russische Friedenstruppen
seien nun in keiner Kaukasus-Region mehr akzeptabel, heißt es in den
lokalen Medien, Russland könne nun im Karabach-Konflikt nicht mehr als
Vermittler auftreten. Azad, ein Englischlehrer in Baku, sagte der taz,
Moskau dürfte große Schwierigkeiten haben, die Olympischen Winterspiele in
Sotschi, das gerade einmal 50 Kilometer von Abchasien entfernt ist,
durchzuführen.
Wer nach Armenien einreist, muss seine Papiere russischen Grenzsoldaten
zeigen. Russische Soldaten stehen auch an der Grenze zwischen Armenien und
der Türkei. Aserbaidschanischen Presseberichten nach seien Flugzeuge, die
Georgien bombardiert hätten, von russischen Luftwaffenstützpunkten in
Armenien gestartet.
Armenien ist bemüht, seine Sympathien für die russische Seite nicht offen
zu zeigen. Am Dienstag versicherte Armeniens Verteidigungsminister Sejran
Oganjan dem georgischen Botschafter in Armenien, Armenien werde nicht
zulassen, dass von seinem Territorium gegen Georgien Krieg geführt werde.
Der russisch-georgische Krieg hat auch zwischen der Regierung in Moldova
und der Führung der abtrünnigen Republik Transnistrien zu Spannungen
geführt. Letztere kündigte an, so lange alle Kontakte zur moldavischen
Hauptstadt Chisinau abzubrechen, bis die dortige Regierung die "Aggression"
der Georgier in Südossetien nicht eindeutig und bedingungslos verurteile.
Wie Südossetien und Abchasien gehört auch Transnistrien zur Kategorie der
sogenannten eingefrorenen Konflikte auf dem Gebiet der ehemaligen
Sowjetunion. Transnistrien, der östlich des Flusses Dnjestr gelegene Teil
Moldovas, in dem Russen und Ukrainer die Mehrheit der rund 555.000
Einwohner stellen, spaltete sich 1992 nach einem viermonatigen Bürgerkrieg
von Chisinau ab. Heute agiert die sezessionistische Region, die eine
Drehscheibe der organisierten Kriminalität ist, de facto autonom, ist aber
international nicht anerkannt. Am 17. September 2006 stimmten 97,1 Prozent
der Wahlberechtigten Transnistriens in einem fragwürdigen Referendum für
die Unabhängigkeit von Moldova und einen freiwilligen Beitritt zur
Russischen Föderation.
Nach den jüngsten kriegerischen Auseinandersetzungen in Georgien werden
auch in Moldova ähnliche Szenarien diskutiert. Moldovas kommunistischer
Staatspräsident Wladimir Woronin, der ebenfalls mit einem Beitritt zur Nato
liebäugelte, spreche in letzter Zeit auffällig oft von einer Neutralität
seines Landes, zitiert die moldauische Nachrichtenagentur Regnun mit
Michail Kuschakow einen Politologen aus Transnistrien. Zwar seien
Provokationen von Seiten Chisinaus gegenüber Transnistrien nicht
auszuschließen. "Doch für ernsthafte Aktionen", so Kuschakow, "verfügt die
Staatsmacht in Moldova weder über ausreichend Kräfte noch Ressourcen."
B. CLASEN, B. OERTEL
15 Aug 2008
## AUTOREN
(DIR) B. Clasen
(DIR) B. Oertel
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