# taz.de -- Keine Beobachtung durch Verfassungsschutz: Ramelow siegt gegen Geheimdienst
       
       > Der Verfassungsschutz darf Bodo Ramelow, Fraktionsvize der Linken im
       > Bundestag, nicht länger beobachten - aber nur, weil er Parlamentarier
       > ist.
       
 (IMG) Bild: Schluß mit der "Betreuung" durch Verfassungsschützer: als Bundestagsabgeordneter darf Linke-Politiker Ramelow nicht beobachtet werden.
       
       MÜNSTER taz Die grau gekleideten Damen und Herren, die vor dem
       Oberverwaltungsgericht Münster Bundesinnenministerium und Bundesamt für
       Verfassungsschutz vertreten sollten, wirkten unsicher. Eine Niederlage
       hatten sie schon im Januar 2008 einstecken müssen: Bodo Ramelow, Vize der
       Linksfraktion im Bundestag, dürfe von den in Köln sitzenden
       Verfassungsschützern des Bundes nicht länger beobachtet werden, hatte das
       dortige Verwaltungsgericht geurteilt. Zur Berufungsverhandlung waren
       Ministeriale und Geheimdienstler deshalb in Mannschaftsstärke im
       westfälischen Münster aufgetaucht - selbst im Publikum saßen Beamte und
       machten Notizen.
       
       Auch die Hausjuristen genossen kein Vertrauen mehr: Nach der Niederlage in
       Köln ließen sich die Verfassungsschützer nun lieber von Dieter Sellner und
       Wolfgang Roth aus der renommierten Kanzlei Redeker vertreten, deren 76
       Rechtsanwälte nicht nur in Bonn und Berlin, sondern auch in Brüssel und
       London residieren. Ramelow dagegen hatte nur seinen Marburger Anwalt Peter
       Hauck-Scholz mitgebracht - und gewann trotzdem. Die Beobachtung des
       Spitzenkandidaten der Linken für die am 30. August anstehende Landtagswahl
       in Thüringen war und ist illegal, urteilte der 16. Senat unter Vorsitz der
       Richterin Birgit Herkelmann-Mrowka am Freitagabend nach über achtstündiger
       Verhandlung.
       
       Zwar gebe es Anhaltspunkte, dass Strömungen innerhalb der Linken
       "Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung"
       verfolgten, sagte Herkelmann-Mrowka in ihrer Urteilsbegründung. Konkret
       nannte die Vorsitzende "die Kommunistische Plattform, das Marxistische
       Forum und die Linksjugend". Bodo Ramelow als Person dürfe aber nicht
       beobachtet werden: Er sei zwar ein "Funktionär" der Linken, aber eben auch
       Parlamentarier - und in seinem Einzelfall stehe sein Bundestagsmandat "der
       Beobachtung entgegen".
       
       Das Gericht folgte damit weitgehend der Argumentation Ramelows: Rhetorisch
       durchsetzungsstark hatte der linke Fraktionsvize in der Verhandlung immer
       wieder beklagt, seine "Betreuung" durch die Schlapphüte des Bundesamts für
       Verfassungsschutz könne BürgerInnen davon abschrecken, sich mit ihm zu
       treffen.
       
       Selbst der Auftritt eines hochrangigen Geheimdienstlers als Zeuge konnte
       die Position Ramelows nicht erschüttern. Zwar versicherte Arthur Hertwig,
       Direktor beim Bundesamt für Verfassungsschutz, seine Behörde werte zur
       Beobachtung des Politikers nur allgemein zugängliche Informationen wie
       Zeitungsartikel oder Presseerklärungen aus. Den Einsatz
       "nachrichtendienstlicher Mittel" gegen Parlamentarier der Linken, also die
       verdeckte Bespitzelung etwa durch V-Leute, habe Ex-Bundesinnenminister
       Manfred Kanther (CDU) dem Bundesamt bereits im Juli 1993 bis auf weiteres
       untersagt.
       
       Ramelow dagegen ist bis heute überzeugt, von V-Leuten bespitzelt zu werden:
       Einer habe sich ihm gegenüber sogar selbst offenbart. "In meiner
       Personenakte beim Bundesamt", sagt Ramelow, "sind sieben Stellen mit der
       Begründung Quellenschutz geschwärzt".
       
       Möglich wäre ein solcher V-Mann-Einsatz gegen den Linken: Die verdeckten
       Ermittler müssten nur formal nicht für das Bundesamt, sondern für den
       Verfassungsschutz eines Bundeslandes tätig sein. Über ihr Computersystem
       Nabis tauschen die Geheimdienstler ihre Erkenntnisse sowieso aus.
       
       In Köln klagen deshalb zwölf weitere Abgeordnete der Linken, darunter der
       Parteivorsitzende Lothar Bisky und Fraktionschef Gregor Gysi, gegen die
       Bespitzelung - stellvertretend für ihre ganze Fraktion.
       
       16 Feb 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
       ## TAGS
       
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