# taz.de -- Streit um Datenaustausch: US-Geheimdienst erhält EU-Bankdaten
       
       > Der EU-Außenminister-Rat gibt grünes Licht für Datentransfer europäischer
       > Kunden an die USA. Das EU-Parlament ist empört.
       
 (IMG) Bild: Jede einzelne Bewegung auf dem Konto von EU-BürgerInnen könnte bald von Mitarbeitern der US-Geheimdienste eingesehen werden.
       
       Seit den Terroranschlägen auf das Word Trade Center haben amerikanische
       Geheimdienste Millionen europäischer Bankdaten ausgespäht. Als die New York
       Times den Skandal im Juni 2006 enthüllte, war die öffentliche Empörung
       groß.
       
       Gestern beschlossen die europäischen Außenminister, die Bankdetails in
       Zukunft freiwillig zu übermitteln. Die EU-Kommission erhielt den Auftrag,
       ein entsprechendes Abkommen mit den USA auszuhandeln. Der
       Tagesordnungspunkt wurde ohne Debatte von den 27 Ministern einstimmig
       abgehakt.
       
       Seit Juni 2006 wissen europäische Bankkunden, dass die Details ihrer
       Auslandsüberweisungen beim amerikanischen Geheimdienst landen. Das
       EU-Parlament lud deshalb im Oktober 2006 die Bankenchefs zur Anhörung. Doch
       Jean-Claude Trichet, der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), und Peter
       Praet, Direktor der Belgischen Nationalbank, erklärten sich für das daraus
       entstehende Datenschutzproblem nicht zuständig.
       
       Sie kontrollierten im Überwachungsausschuss des Swift-Konzerns lediglich
       die finanzielle Stabilität der Unternehmenspolitik. Peter Praet sagte
       damals: "Da die US-Behörden versicherten, sie würden die Daten nur zur
       Suche nach Terrorverdächtigen nutzen, sahen wir die finanzielle Stabilität
       nicht bedroht." Und Jean-Claude Trichet sagte: "Ich sah es nicht als
       illegal an. Außerdem fällt der Schutz persönlicher Daten nicht in mein
       Mandat."
       
       Dem widersprach damals der europäische Datenschutzbeauftragte Peter
       Hustinx. Seiner Auffassung nach hätte Trichet ihn oder die nationalen
       Datenschutzbehörden der betroffenen Länder unterrichten müssen. Da die EZB
       das Unternehmen Swift sogar selbst nutze, um Zahlungen mit anderen
       Zentralbanken abzuwickeln, habe sie Daten ihrer eigenen Kunden wissentlich
       veruntreut.
       
       Auch drei Jahre später hält Hustinx die Weitergabe von Bankdaten für einen
       massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte europäischer Bürger. In
       einem Brief an Kommissionspräsident Barroso bezweifelt er, dass das
       geplante Abkommen mit EU-Recht vereinbar ist.
       
       Die EU-Kommission aber verweist darauf, dass es bereits seit 2007 ein
       provisorisches Abkommen über den Austausch von Bankdaten gebe, das sich
       bewährt habe. Anfang 2009 hatte der französische Richter Jean-Louis
       Bruguière im Auftrag der EU-Kommission überprüft, ob die darin enthaltenen
       Zusagen von den US-Behörden auch eingehalten werden.
       
       In seinem Gutachten kommt er zu dem Schluss, dass die Bankdaten
       ausschließlich für Ermittlungen im Kampf gegen den Terrorismus verwendet
       und fristgemäß gelöscht werden. Aus den Informationen des Richters gehe
       hervor, dass das Programm "seit seiner Einführung maßgeblich zur
       Terrorismusbekämpfung beiträgt", erklärte die Kommission.
       
       Die Banker aber wollen sich nicht länger nachsagen lassen, nachlässig mit
       Kundendaten umzugehen. Sie bauten deshalb eine neue Swift-Zentrale in der
       Schweiz, um die Bankdaten dem Zugriff amerikanischer Behörden zu entziehen.
       
       Eine Sicherheitskopie sämtlicher von Swift verwalteter Bankdaten lagert
       nämlich seit 1979 in einem Datenspeicher im US-Staat Virginia. Dieser
       Filiale hatten amerikanische Beamte nach den Angriffen auf das World Trade
       Center einen Besuch abgestattet. Sie legten eine Vorlageverfügung vor, die
       das Unternehmen unter Strafandrohung verpflichtet, sämtliche gewünschte
       Daten an amerikanische Sicherheitsbehörden herauszugeben.
       
       Im EU-Parlament geht die Kritik an der gestrigen Entscheidung der
       EU-Außenminister quer durch die Parteien. Daniel Cohn-Bendit, der
       Fraktionschef der Grünen im Europaparlament, drohte gegenüber der Berliner
       Zeitung mit einem "Riesenputsch im Parlament", falls die Abgeordneten in
       die Verhandlungen nicht einbezogen würden. FDP-Innenexperte Alexander
       Alvaro bezeichnete die Pläne als"Beerdigung des Bankgeheimnisses". Und
       Markus Ferber, der Chef der CSU-Gruppe im EU-Parlament, verlangte ebenfalls
       parlamentarische Mitsprache. "Eine automatische Herausgabe sensibler
       persönlicher Daten darf es nicht geben!", erklärte er.
       
       Der deutsche Staatsminister Günter Gloser, der gestern Außenminister
       Steinmeier im Ministerrat vertrat, versuchte die Wogen zu glätten. Die
       Bundesregierung habe der EU-Kommission einen engen Rahmen für die
       Verhandlungen gesteckt. So müsste vor Abschluss eines Abkommens geklärt
       werden, welche Rechtsmittel Bürger haben, die ins Visier der
       US-Terrorfahnder geraten. Auch mit der Vorgabe, das Abkommen zunächst auf
       ein Jahr zu befristen, kommt der Ministerrat der Kritik der Abgeordneten
       entgegen.
       
       Sollte danach der Lissabon-Vertrag in Kraft sein, würde ein mögliches
       Folgeabkommen gemeinsam mit dem EU-Parlament ausgehandelt. Die Abgeordneten
       könnten dann Druck auf die amerikanische Regierung ausüben, endlich das
       Rahmenabkommen zum Datenschutz mit den Europäern abzuschließen.
       
       28 Jul 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniela Weingärtner
       
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