# taz.de -- EU gibt 420 Millionen: Die Millionenhilfe
> Im Katastrophengebeit warten die Betroffenen auf Hilfe. Unterdes sicherte
> die EU 420 Millionen Euro zu. Bereits kommende Woche soll eine
> internationale Konferenz zu Haiti tagen.
(IMG) Bild: Solidaritäts-Briefmarken in Frankreich. Pro Euro gehen 44 Cent an das Rote Kreuz.
PORT-AU-PRINCE/BERLIN afp/epd | Der Flughafen und die Zugangsstraßen zu
Haitis Hauptstadt Port-au-Prince sind nach Angaben des
UN-Koordinationsbüros für humanitäre Hilfe (OCHA) völlig überlastet. In den
nächsten 48 Stunden könnten somit keine neuen Hilfslieferungen nach Haiti
geflogen werden, teilte OCHA am Montag in Genf mit. Für neue Güter gebe es
keine Lagerungsmöglichkeiten mehr.
Auch auf dem Landweg ist der Transport von Hilfsgütern schwierig: Die rund
300 Kilometer lange Fahrt vom Nachbarland Santo Domingo in die haitianische
Hauptstadt dauert mehr als 18 Stunden. Grund dafür seien Staus. Der
Treibstoff wird immer knapper und teurer, ein Rationierungssystem musste
eingerichtet werden. Die dominikanischen Krankenhäuser an der Grenze zu
Haiti sind laut OCHA überfüllt. Es fehlt an medizinischer Ausrüstung.
Bisher seien zudem erst 3.000 bis 4.000 Zelte in Haiti eingetroffen. Nötig
wären aber 20.000.
Unterdessen hat die Europäische Union Haiti am Montag 420 Millionen Euro
für humanitäre Soforthilfe und den Wiederaufbau nach dem Erdbeben zugesagt.
Das Rote Kreuz bezeichnete die humanitäre Lage in der Hauptstadt
Port-au-Prince weiter als katastrophal. Unter Hochdruck verstärken
Hilfswerke ihre Bemühungen, die Notleidenden zu erreichen. EU-Helfer
konnten 80 Verschüttete lebend bergen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes
werden noch 16 Deutsche vermisst.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bat die auf Hilfe wartenden Menschen im
Katastrophengebiet um Geduld. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in
Genf warnte, viele verzweifelte Haitianer hätten nach wie vor keinen Zugang
zu Lebensmitteln, Wasser und Medizin. Wegen der schlimmen hygienischen
Zustände drohten Seuchen.
Die europäischen Regierungen und die EU-Kommission versprachen auf einem
Krisentreffen in Brüssel rund 120 Millionen Euro Soforthilfe für die
Menschen in Not. Aus der EU-Gemeinschaftskasse sollen außerdem 300
Millionen Euro für kurz- und langfristige nichthumanitäre Hilfe kommen: Sie
sollen unter anderem für die Wiederherstellung der staatlichen Strukturen
und andere Aufbauprojekte verwendet werden.
Auch die EU-Regierungen wollen hier noch einen zusätzlichen Beitrag
leisten, nachdem sie weitere Informationen eingeholt haben. Die
Bundesregierung hatte ihre Hilfe am Wochenende auf 7,5 Millionen Euro
aufgestockt.
Nach Angaben der haitianischen Regierung wurden inzwischen 70.000 Tote in
Massengräbern beerdigt. Die Gesamtzahl der Todesopfer wurde von
Regierungsmitgliedern auf 100.000 bis 200.000 geschätzt.
Die Versorgungslage verbessert sich nur langsam: Die Vereinten Nationen
ernähren derzeit 40.000 Menschen täglich, Ziel ist eine Million. Die USA
versorgen derzeit 130.000 Menschen mit Essen. Weitere Lebensmittel kommen
von Hilfsorganisationen. "Die große Herausforderung ist, all die Hilfe zu
koordinieren", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bei einem Besuch in
Port-au-Prince.
Dort wurden zwei Diebe von lokalen Polizeikräften erschossen, ein weiterer
von aufgebrachten Bürgern gelyncht, wie lokale Medien berichteten.
Allerdings trat die Welthungerhilfe dem Eindruck entgegen, die Lage sei von
Gewalt geprägt. "Die Sicherheitslage ist erstaunlich ruhig, Plünderungen
kommen nur sehr vereinzelt vor", sagte der Regionalkoordinator Michael
Kühn.
Kanadas Regierung kündigte für den 25. Januar eine internationale
Geberkonferenz für Haiti in Montreal an. Der Gipfel war ursprünglich von
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy angeregt worden.
18 Jan 2010
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