# taz.de -- Kommentar Haiti: Staat kann wiederaufgebaut werden
       
       > Nach dem Beben braucht Haiti ein auf Jahre hinaus angelegtes Engagement
       > der Welt. Nun besteht die Chance, ganz von vorne zu beginnen - ohne
       > Vetternwirtschaft und Eifersüchteleien.
       
       Haiti liegt am Boden, wie ein Land nur am Boden liegen kann. Solange Bilder
       von Not, Elend und Tod in den Nachrichten der Welt gezeigt werden, bekunden
       Politiker Bestürzung und dass man helfen werde. Nicht nur kurzfristig, um
       die Leichen aus- und wieder einzugraben und die Überlebenden durch die
       nächsten Wochen zu füttern. Diesmal werde man einen langen Atem beweisen.
       US-Präsident Barack Obama versprach das und schickt seine Außenministerin
       Hillary Clinton nach Port-au-Prince. Deren Mann Bill ist ohnehin
       UNO-Beauftragter für Haiti. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon kommt, und auch
       Nicolas Sarkozy, Präsident der einstigen Kolonialmacht Frankreich, hat
       langfristiges Engagement versprochen.
       
       Haiti braucht ein solches, auf Jahre hinaus angelegtes Engagement. Gerade
       jetzt, da die wenige Infrastruktur des ohnehin kaum existierenden Staats
       zerstört ist, besteht die Chance, ganz von vorne zu beginnen - ohne die
       Vetternwirtschaft und die Eifersüchteleien einer kleinen, korrupten Elite,
       die in den vergangenen zwanzig Jahren jeden Versuch einer Stabilisierung
       hat auflaufen lassen. Wenn die Etappe der Nothilfe vorbei ist, braucht das
       Land Hilfe zur Staatsbildung. Und das ist - ähnlich wie in Afghanistan -
       eine Aufgabe, bei der man nicht in Jahren, sondern in Jahrzehnten denken
       muss.
       
       Doch bei der letzten Geberkonferenz nach dem Hurrikanjahr 2008, in dem
       gleich vier Wirbelstürme über das Land gerast waren, kam nicht einmal ein
       Fünftel des Geldes zusammen, das für einen nachhaltigen Wiederaufbau nötig
       gewesen wäre. Jetzt braucht das Land noch viel mehr. Sein Handicap: Es ist
       einfach nicht so wichtig wie Afghanistan. In Haiti droht nicht das
       Schreckgespenst des islamistischen Terrorismus, es droht "nur" eine Welle
       von Elendsflüchtlingen. Die Erfahrung nach dem Sturz des einstigen
       Hoffnungsträgers Jean-Bertrand Aristide 1991 zeigt, dass sich so eine
       Gefahr auch ohne Staatenbildung bannen lässt.
       
       Dabei kann Staatenbildung in Haiti viel einfacher sein als in Afghanistan:
       Dort herrschen Krieg und ein Präsident, der in Korruption und die
       Ränkespiele von Warlords verwickelt ist. Haiti - ein an sich sehr
       gewalttätiges Land - blieb in den Tagen nach dem Beben erstaunlich ruhig.
       Präsident René Préval ist ein besonnener Pragmatiker. Diese Chance muss
       genutzt werden. In Haiti kann gezeigt werden, dass Staatsbildung mit
       internationaler Hilfe möglich ist.
       
       18 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Toni Keppeler
       
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