# taz.de -- Kommentar Haiti: Haiti und die paradoxe US-Politik
       
       > Mit einem massiven Hilfseinsatz in Haiti will Obama sowohl eine
       > Flüchtlingswelle in die USA als auch eine Grundsatzdiskussion über seine
       > Lateinamerikapolitik verhindern.
       
       Die Ankündigung des ehemaligen Präsidenten Haitis, Jean-Bertrand Aristides,
       er wolle mit seiner Rückkehr aus dem Exil in Südafrika sein Land
       unterstützen, muss Barack Obama beunruhigen. Hatte Bill Clinton zunächst
       noch alles darangesetzt, Aristide nach einem Putsch im Jahr 1994 wieder ins
       Amt zu bringen, zwang sein Nachfolger Bush ihn 2004 nach massiven inneren
       Unruhen außer Landes.
       
       Doch nicht nur an der Person Aristide werden die Paradoxien der
       Haitipolitik der USA deutlich. Das Land stellt eine der größten
       Herausforderungen für die amerikanische Außenpolitik dar: ein gescheiterter
       Staat, der immer wieder die militärische oder zivile Intervention der
       Ordnungsmacht im karibischen Becken hervorgerufen hat. Der Mangel an
       Staatlichkeit wird von den USA als idealer Nährboden für organisierte
       Kriminalität und Terrorismus betrachtet. Haiti könnte sich zu einer Art
       Somalia im Hinterhof der USA entwickeln - entsprechende Befürchtungen hat
       das Southern Command der US-Streitkräfte mit Sitz in Miami immer wieder
       formuliert.
       
       Nicht nur geopolitische Interessen bestimmen das Engagement der USA: Der
       massive Einsatz von Hilfskräften soll auch verhindern, dass es zu einer
       Flüchtlingswelle kommt. Während der Clinton-Ära lag hier das zentrale Motiv
       für das Eingreifen in die inneren Angelegenheiten Haitis. Hinzu kommt:
       45.000 US-Staatsbürger leben in Haiti, und die haitianische Diaspora in den
       USA hat erfolgreich Druck auf Kongress und Regierung entfalten können.
       
       Mit der von Brasilien geführten UN-Mission Minustah haben die USA seit 2004
       durch die Einbeziehung lateinamerikanischer Staaten ihre Anstrengungen
       multilateralisiert. So konnte die US-Regierung auch den Vorwurf entkräften,
       in der Tradition der Kanonenbootpolitik ein Land als "modernes Protektorat"
       zu halten. Und Präsident Obama will durch den engagierten Hilfseinsatz
       nicht zuletzt verhindern, dass am Fall Haiti seine gesamte
       Lateinamerikapolitik auf den Prüfstand gestellt wird.
       
       16 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Günther Maihold
       
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