# taz.de -- Westerwelles Kampf gegen Hartz-IV: "Spätrömische Dekadenz"
       
       > Nach den Äußerungen des FDP-Parteichefs hagelt es Kritik, aber auch
       > Unterstützung. Der SPDler Ralf Stegner twitterte, Westerwelle sei "der
       > Jörg Haider der deutschen Politik".
       
 (IMG) Bild: Guido Westerwelle muss nun damit leben, für einen Tag der "Esel der Nation" gewesen zu sein.
       
       Es heißt nichts Gutes in diesen Tagen für die FDP, wenn der Generalsekretär
       eilig zu einer Pressekonferenz einlädt. Gestern um 15 Uhr trat Christian
       Lindner im Thomas-Dehler-Haus vor die Mikrofone, um mal wieder Scherben
       einzusammeln; Scherben, die diesmal Parteichef Guido Westerwelle selbst mit
       seiner allseits als maßlos empfundenen Kritik an Hartz-IV-Empfängern
       hinterlassen hatte. Mit "spätrömischer Dekadenz" hatte Westerwelle die
       Leistungsempfänger in Verbindung gebracht.
       
       "Wir wollen eine Runderneuerung von Hartz IV in Richtung auf unser
       Bürgergeld", sagte Lindner. Sein Fazit: Die Angriffe auf Westerwelle
       "sollen davon ablenken, dass er einen wichtigen Punkt anspricht".
       
       Denn auch aus den eigenen Reihen gibt es weiter Kritik am Parteichef. "Die
       Äußerungen sind nicht meine Art der Rhetorik", sagte der niedersächsische
       Bundestagsabgeordnete Patrick Döring der taz. Er verwies aber darauf, dass
       er die angestoßene Diskussion über den Abstand von Lohn zu Sozialleistungen
       für notwendig halte. Döring forderte die FDP zu inhaltlichen Konsequenzen
       in der Steuerdebatte auf. "Wir sollten darüber nachdenken, Steuern im
       unteren Bereich zu senken", sagte er, "auch ein höherer Steuerfreibetrag
       ist eine Möglichkeit, Geringverdiener zu entlasten."
       
       Aber auch Unterstützung für Westerwelles Kurs von der niedersächsischen
       FDP: Jörg Bode, FDP-Wirtschaftsminister des Landes, forderte,
       arbeitsunwillige Bezieher des Arbeitslosengeldes II häufiger zu bestrafen
       und Zahlungen zu kürzen. Der Minister sagte, es müsse "diese geistige
       Haltung" bekämpft werden nach dem Motto: "Ich kann mich ja mit dem, was ich
       vom Staat bekomme, einrichten."
       
       Auch in der Koalition setzt sich die Auseinandersetzung fort.
       CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kritisierte in der SZ: "Fragwürdige
       Verallgemeinerungen und scharfe Töne erschweren nur die notwendige Debatte
       über die Umsetzung der Hartz-IV-Entscheidung des
       Bundesverfassungsgerichts", sagte er, "dies ist nicht die Tonlage einer
       Volkspartei."
       
       Sein Parteikollege Wolfgang Bosbach forderte in einem Fernsehinterview den
       FDP-Chef auf, konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung des Sozialstaats zu
       machen. "Wer eine so harte Kritik übt am Sozialstaat Bundesrepublik
       Deutschland, der steht auch in der politischen Bringschuld", sagte er.
       
       Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer nannte Guido
       Westerwelle in der Leipziger Volkszeitung "hilflos". "Wer keine
       konstruktiven Ideen hat, macht eben Getöse. Ich habe von der FDP bisher
       nichts zu dem Thema gehört, was uns weiterbringt", sagte Haderthauer
       außerdem.
       
       Auch die Opposition kritisierte Westerwelle scharf. "In der
       Hartz-IV-Debatte outet sich Guido Westerwelle als Jörg Haider der deutschen
       Politik", kommentierte der schleswig-holsteinische SPD-Chef Ralf Stegner
       [1][über den Kurznachrichten-Dienst Twitter]. Der Außenminister fische am
       rechten Rand und hetze gegen Geringverdiener und Arme, verbreitete Stegner.
       
       Auch der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Dietmar Bartsch, betonte am
       Montag, die FDP betreibe "eiskalt kalkulierten Klassenkampf von oben".
       
       Am Montag erteilte man aus Regierungskreisen der von Guido Westerwelle
       angeregten Generaldebatte im Bundestag über Hartz IV eine Absage. Die
       nächste Generaldebatte werde bei der Verabschiedung des Bundeshaushalts im
       März geführt, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph
       Steegmans am Montag in Berlin. Zudem sei es am Parlament selbst, über eine
       Generaldebatte zu entscheiden.
       
       Generalsekretär Linder ließ sich davon nicht beirren. Es werde "mindestens
       eine Aktuelle Stunde dazu geben", sagte er.
       
       Plötzlich wollen sie doch diskutieren: Eine Debatte über den Sozialstaat
       sei nötig, sagte sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-
       Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, am Dienstag im "Morgenmagazin" der ARD.
       "Ich halte es für notwendig, dass wir das Ganze sauber und ordentlich im
       Parlament diskutieren", "Und dass Guido Westerwelle das angeregt hat, halte
       ich für richtig."
       
       Fuchs betonte, es müsse "selbstverständlich" sein in Deutschland, dass
       derjenige, der arbeitet, mehr Geld hat als derjenige, der nicht arbeitet.
       Mit fast denselben Worten verteidigte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter
       Friedrich Dienstag Westerwelle früh im rbb-Inforadio.
       
       16 Feb 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://twitter.com/Ralf_Stegner/status/9131410162
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gordon Repinski
       
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