# taz.de -- Westerwelle am Aschermittwoch: Für seine Verhältnisse fast gemäßigt
       
       > Der FDP-Chef weist seine Kritiker zurück und spricht so, als gehörte er
       > gar nicht zum Politikbetrieb. Seine "Anliegen für den Umbau des
       > Sozialstaats" bleiben nebulös.
       
 (IMG) Bild: Guido Westerwelle beim politischen Aschermittwoch der FDP.
       
       Guido Westerwelle klingt an diesem Morgen beinahe so, als gehöre er gar
       nicht dazu, zur Regierung, zum Politikbetrieb. Er schimpft, man könne den
       Eindruck bekommen, "dass die in Berlin den Bezug zum normalen Leben
       verloren haben". Er tönt: "Ich spreche nur aus, was in Wahrheit alle
       Politiker wissen, aber sich nicht trauen es auszusprechen." Er meint: In
       Deutschland werde zum Glück die Politik nicht in den Kommentarspalten
       gemacht. Er sagt: "Das Volk will die Wahrheit hören." So reden sonst
       politische Outsider. Doch auf der Bühne steht der Außenminister und
       Vizekanzler.
       
       Seine Aussagen zur Sozialpolitik haben ihn in die Defensive gedrängt. Er
       muss sich rechtfertigen und verteidigen. Sie haben den bislang recht
       unscheinbaren Politischen Aschermittwoch der FDP zu einem Großereignis
       werden lassen. Statt in einem bescheidenen Passauer Wirtshaussaal wie in
       den vergangenen Jahren trifft sie sich diesmal in einer Mehrzweckhalle in
       Straubing mit 700 Sitzplätzen.
       
       Im Foyer verkaufen Händler an Promotionständen Goldbarren und Cabrios. Die
       Westerwelle-Fans tragen Anzüge und trinken Bier aus Gläsern, nicht aus
       Maßkrügen. Der FDP-Aschermittwoch erinnert eher an einen Zahnarztkongress
       als an einen urigen Politstammtisch.
       
       Die Zuhörer jubeln, als die ersten Redner auf den Koalitionspartner CSU und
       CDU einhacken. Die CSU solle sich fragen, ob sie in der Opposition nicht
       besser aufgehoben sei, holzt die bayerische FDP-Generalsekretärin Miriam
       Gruß. Die Sozialdemokratisierung in der Union sei in den vergangenen Jahren
       noch weiter fortgeschritten als befürchtet, dröhnt der bayerische
       Wirtschaftsminister Martin Zeil. In seinem Manuskript steht auch ein Satz,
       in dem er dem CDU-Umweltminister Norbert Röttgen vorwirft, seine Kritik an
       der Atomkraft sei eine "Unverschämtheit". In seiner Rede lässt Zeil diesen
       Satz weg.
       
       Westerwelle verzichtet auf Angriffe auf die Union. "So teuer wie das, was
       sie bei den Landesbanken verbrannt haben, kann keine Gesundheitsreform
       werden", meint er. Konkreter wird seine Kritik am Koalitionspartner nicht.
       Lieber wettert er gegen die Politik von Rot und Grün, den "linken
       Zeitgeist", gegen die, die ihm rechten Populismus vorwerfen: "Man muss
       wirklich linksextrem in der Birne sein, wenn einem Leistungsgerechtigkeit
       als rechtsradikal gilt."
       
       Er komme selbst aus keiner reichen Familie, er habe anfangs nur die
       Realschule besucht, er setzte sich ehrenamtlich für Arme ein, verteidigt
       sich Westerwelle. Seine Angriffe mag er nicht zuspitzen, er wiederholt sie
       aber trotzig: "Es mag mich der linke Zeitgeist dafür kritisieren, doch es
       bleibt dabei: Leistung muss sich lohnen, und wer arbeitet, muss mehr
       bekommen, als der, der nicht arbeitet."
       
       So allgemein seine Attacken gegen Hartz IV bleiben, so nebulös bleiben
       seine "Anliegen für den Umbau des Sozialstaats". Es ist ein zwei Seiten
       langes Papier mit sieben Punkten darauf. Westerwelle liest es vor, mitten
       in seiner Rede. "Wir wollen Bürokratie verringern", steht darin. Oder: "Wer
       heute in Bildung investiert, wird morgen weniger für Sozialleistungen
       ausgeben müssen." Die Sätze klingen so diplomatisch, sie könnten in einem
       Koalitionsvertrag stehen.
       
       18 Feb 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Hübner
       
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