# taz.de -- Hegemann liest im "Tresor": Axolotl Clubkill
       
       > Helene Hegemann liest aus ihrem Buch "Axolotl Roadkill" - im Berliner
       > Club Tresor. Warum unser Autor nicht hingehen will? Mit Lesebrillen ist
       > nicht gut Rocken!
       
 (IMG) Bild: Gehypt-umstrittene Autorin Hegemann.
       
       Freitag Abend wird Helene Hegemann aus ihrem Bestseller "Axolotl Roadkill"
       im Berliner Club Tresor vorlesen. Ich werde mich dort nicht dazusetzen. Vor
       ihrem Buch schützt mich die Kenntnis der Unkenntnis: Mein erster Rave mit
       DJ Blake Baxter liegt zeitlich um einiges vor Hegemanns Geburt.
       
       Während die Styles damals improvisiert waren, ist beim Hype um Helene
       Hegemann die preußische Werbebasstrommel etwas zu professionell gerührt.
       Raven war 1991 eine neue Kulturtechnik, es gab Freiräume für soziale
       Experimente, in der Unwissenheit lag die Kraft. Mitnichten war damals alles
       besser. Aber ganz sicher hatte niemand Zeit, um sich Partyliteratur
       auszudenken oder Hörbücher über Partyliteratur zu veröffentlichen.
       Geschweige denn Lust, von vorhandener Partyliteratur abzuschreiben. Noch
       waren die Menschen für solche Promo nicht abgestumpft genug. Es galt, die
       Erlebnisse der Nacht selbst zu verarbeiten. Auch deshalb führt die Debatte
       um die geklauten Erlebnisse einer 17-Jährigen und alle darin vertretenen
       Positionen in die Sackgasse. Und außerdem: Man kann nicht mit Lesebrille
       raven.
       
       Stattdessen werde ich das Konzert von Vampire Weekend besuchen. Mir
       imponiert, dass ihr Zitatpop als solcher kenntlich gemacht ist. Das
       verlangt niemand, und gerade deshalb ist es in Ordnung. Die US-Band hat in
       Interviews immer wieder offen über Einflüsse geredet und darüber, wie diese
       in ihre eigenen Songs überführt sind. Dass auch das ein cleveres
       Marketingkonzept ist - geschenkt. Jedenfalls bin ich sehr gespannt, wie
       sich fremde und eigene Anteile auf der Bühne zueinander verhalten und zu
       etwas anderem werden.
       
       Ein treffender Kommentar zum Thema Plagiat fand sich in einer Nebensektion
       der Berlinale. Der Spielfilm "Gentleman Broncos" von Jared Hess handelt von
       dem 17-jährigen Science-Fiction-Nerd Benjamin, dessen Romanentwurf bei
       einem Creative-Writing-Seminar dem bekannten Sci-Fi-Autor Ron Chevalier in
       die Hände fällt. Chevalier veröffentlicht das Manuskript mit anderem Titel
       und leicht abgewandeltem Inhalt unter eigenem Namen. Bei einer
       Signierstunde rächt sich Benjamin für die erlittene Schmach und donnert
       Chevalier eine Ohrfeige, die sich gewaschen hat. Und weil das noch nicht
       genug ist, hat Benjamins vornehmlich pastellfarben gekleidete Mutter das
       Copyright auf die Werke ihres Filius angemeldet. Chevaliers Machwerk muss
       wieder vom Markt genommen werden.
       
       Chevalier ist verwandt mit den Feuilletonisten, die von den Lebenswelten
       der Jugend so unendlich weit entfernt sind, dass sie jeden Marketing-Trick
       für bare Münze nehmen, der Musik, Drogen und Ficken (mit stimmhaftem S)
       verspricht. Es geht im Pop auch gar nicht um wahr oder falsch, es geht um
       kinetische Energie. Pop ist ein Schlaganfall, der einen im Stehen ereilt,
       nicht im Sitzen.
       
       19 Feb 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julian Weber
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Roman
       
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