# taz.de -- Zehn Jahre Babyklappe: Anonym ins Leben geschickt
       
       > Vor zehn Jahren öffnete in Hamburg die erste Babyklappe. Zwar gebe es
       > keine ausgesetzten Kinder mehr in der Hansestadt, allerdings trifft das
       > Modell auf scharfe Kritik.
       
 (IMG) Bild: Babys entsorgt - und ihr Grundrecht auf das Wissen ihrer Abstammung gleich mit.
       
       Das tote Baby wurde auf dem Laufband einer Recyclinganlage in Hamburg
       gefunden, im Winter 1999. Die Mitarbeiter des Sterniparks in der
       Hansestadt, eines Vereins für Mütter in Not, waren entsetzt. Sie
       beschlossen, Frauen die Möglichkeit bereitzustellen, ihr Neugeborenes
       anonym in die Obhut anderer zu geben, wenn sie es selbst nicht versorgen
       können. Am 8. April 2000 schließlich wurde in Hamburg-Altona die bundesweit
       erste Babyklappe eröffnet.
       
       Seitdem wurden in Hamburg drei Kinder tot aufgefunden, doch keine weiteren
       ausgesetzt. "Das sind so wenig wie noch nie zuvor in einem vergleichbaren
       Zeitraum", sagt Sandra Paule, Pressesprecherin des Sterniparks: "Das
       Projekt hat sich bewährt." 38 Babys wurden seit 2000 in den inzwischen zwei
       Babyklappen in Hamburg abgegeben, 14 von ihnen wurden von ihren Müttern
       später wieder abgeholt. Mittlerweile gibt es bundesweit 96 Babyklappen, in
       denen Schätzungen zufolge 209 Kinder abgelegt wurden. Außerdem gibt es 130
       Kliniken, in denen Frauen anonym entbinden können.
       
       Die Babys werden durch eine Klappe in ein Wärmebettchen gelegt. Wenige
       Minuten später wird automatisch ein Alarm ausgelöst, so dass das Baby
       sofort medizinisch versorgt werden kann. Die Mutter kann in der
       Zwischenzeit unerkannt weggehen. Babyklappen sollen verhindern, dass Mütter
       Neugeborene hilflos aussetzen oder töten.
       
       Doch die Babyklappen sind nicht unumstritten. Das Kinderhilfswerk terre des
       hommes wendet sich seit vielen Jahren gegen die anonyme Abgabe von Babys.
       Als "Irrweg" bezeichnete Bernd Wacker, Adoptionsexperte von terre des
       hommes, das Modell. Die Adoptionsforscherin Christine Swientek kritisiert
       in einem Interview Babyklappen als "vereinfachte Entsorgung". Und kürzlich
       hat der Deutsche Ethikrat empfohlen, Babyklappen abzuschaffen: Durch die
       anonyme Abstammung werde das Grundrecht des Kindes auf das Wissen nach
       seiner Abstammung verletzt. Die Babyklappenbetreiber halten dagegen: Dazu
       müssten die Babys ja erst einmal leben.
       
       Seit einigen Wochen fordert nun Hamburgs Familiensenator Dietrich Wersich
       (CDU) einheitliche Rechtsgrundlagen für Babyklappen. Dabei stützt er sich
       auf ein Gutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht
       vom Oktober 2009.
       
       Danach soll der Sternipark nach Abgabe eines Babys "unverzüglich eine
       entsprechende Mitteilung gegenüber dem zuständigen Gericht beziehungsweise
       dem zuständigen Jugendamt vornehmen". So sollen die Babys eine bürgerliche
       Existenz erhalten. Sandra Paule vom Sternipark widerspricht: "Das nennt man
       Tatsachenbescheinigung und das passiert bereits. Ein Notar beurkundet
       sofort die Existenz des Kindes." Die Daten würden nur nicht direkt der
       Sozialbehörde gemeldet, sondern erst nach acht Wochen. In dieser Zeit
       hätten die Mütter die Möglichkeit, ihr Kind unkompliziert und
       unbürokratisch wieder zurückzunehmen, wenn sie das wollten.
       
       6 Apr 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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