# taz.de -- Studie zu Babyklappen: Eintausend Säuglinge gerettet
       
       > Erstmals gibt eine Studie Auskunft über Frauen, die ihre Babys anonym
       > weggeben. Sie handeln oft aus Panik – und manche wollen später ihr Kind
       > zurück.
       
 (IMG) Bild: Umstritten, ob sie hilft: eine Babyklappe mit Puppe.
       
       BERLIN taz | Die neun toten Babys im brandenburgischen
       Brieskow-Finkenheerd, verscharrt in Blumentöpfen und gefunden 2005, sind
       der bislang wohl spektakulärste Fall von Kindestötungen unmittelbar nach
       der Geburt. Der letzte Fall: In Gottmannsförde in Mecklenburg-Vorpommern
       wurde im Dezember 2011 eine Babyleiche an einem Bachufer gefunden.
       
       Dagegen stehen Zahlen wie diese: In Hamburg soll es seit vier Jahren keinen
       einzigen Fall gegeben haben, bei dem die Mutter ihr Neugeborenes getötet
       hat. Ein Kind wurde im Sternipark in der Babyklappe abgegeben - eine
       Einrichtung, bei der Mütter ihre Neugeborenen anonym in fremde Hände geben
       können.
       
       Seit es Babyklappen in Deutschland gibt, sind sie umstritten. Außerdem
       wusste bisher niemand genau, wie viele Babys insgesamt abgegeben worden
       sind. Deshalb hat das Familienministerium das Deutsche Jugendinstitut (DJI)
       in München beauftragt, das herauszufinden. Der taz liegt die etwa 360
       Seiten starke Studie in Auszügen vor.
       
       ## Umstrittene Klappen
       
       BefürworterInnen der Babyklappen sagen, durch sie würde Leben gerettet.
       Überall dort, wo Kinder getötet worden seien, sei eine Babyklappe weit weg
       oder nicht bekannt gewesen, argumentieren zum Beispiel die
       Sternipark-BetreiberInnen. BabyklappenkritikerInnen, darunter der Deutsche
       Ethikrat und das Kinderhilfswerk terre des hommes, meinen hingegen, Kinder
       würden in Babyklappen "entsorgt" und ihres Rechts auf Wissen um Abstammung
       beraubt.
       
       Das Problem: Inzwischen gibt es bundesweit zwar rund 60 Stellen, meist in
       Krankenhäusern und in kirchlichen Einrichtungen, und etwa 77 Angebote zur
       anonymen Geburt. Aber niemand wusste bisher genau, wer die Frauen waren,
       die Kinder in die Babyklappe legten. Ursprünglich hatte man geglaubt, vor
       allem Prostituierte und Drogenabhängige würden von diesem Angebot Gebrauch
       machen.
       
       ## In der Zielgruppe getäuscht
       
       Das kann die Studie aber nicht belegen. Vielmehr sind die "Nutzerinnen
       ausgesprochen heterogen", heißt es, sowohl beim Alter, Bildungsgrad und
       Einkommen. Viele Mütter bleiben über eine anonyme Telefonhotline mit den
       Hilfsstellen in Kontakt. Deren Angaben wurden nun in der Studie untersucht.
       "Wir haben uns einfach in der Zielgruppe getäuscht", sagt Leila Moysich,
       Sternipark-Projektleiterin: Vielmehr kämen Frauen aus der Mitte der
       Gesellschaft mit "diffusen, panikartigen Ängsten".
       
       Anonyme Geburten und anonym übergebene Babys werden bisher nicht zentral
       erfasst. Manche Fälle sind gar nicht dokumentiert. Deshalb kann die
       DJI-Studie auch nur vage Angaben machen, sie muss dazu auf freiwillige
       Aussagen der befragten Jugendämter und Anlaufstellen zurückgreifen.
       
       Danach wurden seit zwölf Jahren bundesweit 652 Babys anonym geboren, 278
       wurden in eine Babyklappe gelegt und 43 anonym übergeben - insgesamt 973.
       Viele Mütter nehmen ihre Babys später dann doch zu sich, vor allem dann,
       wenn sie in den Einrichtungen gut betreut wurden. Dauerhaft anonym bleiben
       nach DJI-Angaben 314 Kinder. Etwa die Hälfte der Kinder, die in eine
       Babyklappe gelegt werden, werden in Adoptivfamilien vermittelt.
       
       17 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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