# taz.de -- Anti-Produkt-Piraterie-Abkommen ACTA: Ein Schritt vor und zwei zurück
       
       > Beim Antipiraterieabkommen hakt es noch, wie der jetzt im Internet
       > aufgetauchte Verhandlungstext zeigt. Streit gibt es vor allem über
       > geografischen Markenschutz.
       
 (IMG) Bild: Dagegen würde selbst Acta machtlos sein: gefälschte Biermarken vom Münchner Oktoberfest.
       
       Washington wird der Ort sein, an dem Ende des Monats weiter über das
       geplante Antipiraterieabkommen Acta verhandelt wird - auch diesmal wieder
       ohne große Öffentlichkeit. Allerdings ist schon durchgesickert, dass die
       Gespräche wegen anhaltender Konflikte zwischen der EU und den USA ins
       Stocken geraten sind.
       
       Seit drei Jahren beraten 38 Staaten im Geheimen über den internationalen
       Vertrag, mit dem weltweit Copyrightverstöße und Produktfälschungen bekämpft
       werden sollen. Neben der EU und den USA nehmen unter anderen Japan,
       Australien, Kanada und Mexiko teil.
       
       Für politischen Sprengstoff sorgte bislang das geplante Arsenal, das Acta
       gegen Copyrightverstöße im Internet mobilisiert. So sollen Internetprovider
       in Zukunft haften, wenn ihre Nutzer das Urheberrecht verletzen. Straflos
       sollten sie laut dem erstmals im April veröffentlichten
       Acta-Verhandlungstext nur bleiben, wenn sie den Datenverkehr ihrer Kunden
       nach Copyrightverstößen durchsuchen. Diese und weitere Acta-Regelungen
       würden in den teilnehmenden Ländern erhebliche Änderungen der nationalen
       Gesetzgebung erzwingen.
       
       Allerdings sind nach der jüngsten Verhandlungsrunde Anfang Juli in Luzern
       geplante Netzsperren für Internetnutzer, die wiederholt durch
       Copyrightverstöße auffallen, anscheinend vom Tisch. Das geht aus der
       jüngsten Version des Vertragstextes hervor, den die französische
       Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net Ende vergangener Woche auf
       ihrer Internetseite veröffentlichte. Allerdings seien EU-weite Regeln für
       Internetsperren weiterhin vorstellbar, erklärte EU-Handelskommissar Karel
       de Gucht zuletzt bei einer Anhörung vor EU-Parlamentariern. Auch bei der
       Providerhaftung soll es bleiben.
       
       Doch der nun einzusehende Entwurf mit seinem Dickicht aus Streichungen,
       Optionsregeln und halbseitigen Fußnoten ist ein Protokoll der Uneinigkeit:
       Erstmal sind auch die jeweiligen Positionen der Delegationen enthalten. "Es
       gibt noch zahlreiche Unstimmigkeiten bei Acta", sagte de Gucht. Er warf den
       USA "Heuchelei" bei zentralen Fragen der Verhandlungen vor.
       
       Streit gibt es vor allem über den Schutz geografischer
       Herkunftsbezeichnungen wie "Appenzeller", "Parmesan" oder "Tequila". Neben
       klassischen Markenzeichen sollen auch geografische Bezeichnungen für
       Lebensmittel unter dem Schutz von Acta stehen, verlangt die EU. Die USA
       lehnen das ab. "Wir werden das nicht schlucken", erklärte de Gucht.
       
       Eine "Lösung des kleinsten gemeinsamen Nenners" zeichnet sich laut dem
       Handelskommissar unterdessen bei den umstrittenen Grenzkontrollen ab. Der
       neueste Entwurf sieht nun keine verpflichtenden Kontrollen mehr vor.
       Persönliches Gepäck und Datenträger könnten jedoch weiterhin auf Verdacht
       durchsucht werden.
       
       Kritiker befürchten, dass die Kontrollen auch dazu genutzt werden könnten,
       lebenswichtige Nachahmermedikamente, sogenannte Generika, im Transit zu
       beschlagnahmen. Indien, China und Pakistan haben das Abkommen auch aus
       diesem Grund als einen Verstoß gegen die Regeln der Welthandelsorganisation
       zum Schutz des geistigen Eigentums kritisiert. Acta-Unterhändler weisen die
       Kritik jedoch zurück. Das Abkommen richte sich vor allem gegen
       Produktpiraterie im gewerblichen Ausmaß, die auf dieser Grundlage
       international mit Gefängnis- oder Geldstrafen bestraft werden können soll.
       
       Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Europa und Amerika lassen die
       ursprünglich für dieses Jahr angepeilte Ratifizierung des Vertrages in
       weite Ferne rücken. EU-Kommissar de Gucht erklärte schon einmal
       vorsorglich, einen Durchbruch erwarte er in Washington nicht.
       
       20 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tarik Ahmia
       
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