# taz.de -- Bedrohte Urheberrechte: Keine Acta-Entwarnung
       
       > Fachleute sehen die Grundrechte durch den Text des internationalen
       > Anti-Piraterie-Abkommens in Gefahr. Der Provider soll künftig als
       > "Hilfssheriff" fungieren.
       
 (IMG) Bild: Wirksame Maßnahmen gegen Produktpiraterie und Copyrightverstöße sollen international im Acta-Vertrag vereinbart werden.
       
       Es kommt Licht in die Geheimverhandlungen um das internationale
       Anti-Piraterieabkommen Acta. Nach großem öffentlichem Druck veröffentlichte
       die EU-Kommission auf ihrer Webseite erstmals den offiziellen
       Verhandlungstext. Ende 2010 soll dieser unterschriftsreif sein.
       
       Seit drei Jahren verhandeln knapp 40 Staaten, darunter USA, Japan, die EU
       und eine Reihe kleinerer Länder, hinter verschlossenen Türen das "Anti
       Counterfeiting Trade Agreement" - kurz Acta. In dem Vertrag sollen
       internationale wirksame Maßnahmen gegen Produktpiraterie und
       Copyrightverstöße vereinbart werden. Unter Bürgerrechtlern und im
       Europäischen Parlament sorgt das Projekt für Empörung.
       
       Politisch brisant ist vor allem das geplante Arsenal, mit dem
       Copyright-Verstöße im Internet bekämpft werden sollen. Aus Acta-Papieren,
       die in den letzten Monaten im Internet lanciert wurden, geht hervor, dass
       Internetprovider als eine Art Hilfssherif gegen Copyright-Verstöße agieren
       sollen. Demnach sollen sie den Datenverkehr ihrer Kunden nach
       Copyright-Verstößen durchsuchen. Nutzern, die wiederholt gegen das
       Urheberrecht verstoßen, soll laut Acta-Entwurf der Internetzugang gekappt
       werden.
       
       Der nun veröffentlichte amtliche Text gibt nach Einschätzungen von
       Fachleuten keinen Anlass zur Entwarnung. "Im Vergleich zu früheren
       Entwürfen ist der Text zwar geglättet, aber er enthält noch immer eine
       Reihe von Hämmern", sagte Thomas Hoeren, Professor für Medienrecht an der
       Uni Münster. Die Rolle der Provider als Hilfssheriff sei gegenüber früheren
       Versionen sogar noch ausgebaut worden.
       
       Eine "Three Strikes"-Regel, die die Abschaltung des Internetzugangs nach
       drei Verstößen vorsieht, werde nun zwar nicht mehr explizit erwähnt. "Dafür
       ist jetzt von einer Internetsperrpflicht die Rede, die Rechteinhaber mit
       Hilfe einer einstweiligen Verfügung durchsetzen können", sagte Hoeren. Das
       gehe weit über geltendes EU-Recht hinaus.
       
       Bedenklich findet der Jurist auch, dass Internetprovider bei
       Copyright-Verstößen laut Acta nicht nur die IP-Adresse des betroffenen
       Internetzugangs, sondern die vollen Identitätsdaten des Anschlussinhabers
       offenlegen müssen. Das verstoße gegen geltendes Recht und könnte im
       Extremfall das Ende für Provider bedeuten, die einen anonymen
       Internetzugang anbieten.
       
       Zudem sei der offizielle Entwurf wenig transparent. "Viele verklausulierte
       und optionelle Klammereinschübe machen ihn teils widersprüchlich", sagte
       Hoeren. So heißt es wie in früheren Entwürfen, Internetprovider sollen den
       Datenverkehr in ihren Netzen auf Copyright-Verstöße permanent untersuchen.
       Ein paar Absätze später heißt es wiederum, für die Provider bestehe keine
       generelle Überwachungspflicht. Zur Vernebelung trage auch bei, dass die
       bisherigen Kennzeichnungen, welche Formulierung von welchem Land stammt,
       entfernt wurden.
       
       Auch der kanadische Juraprofessor und renommierte Acta-Kritiker Michael
       Geist sieht seine Befürchtungen bestätigt. Beteuerungen der EU und der USA,
       das Abkommen werde keinen Einfluss auf die derzeitigen nationalen
       Gesetzgebungen haben, hält Geist für unhaltbar. "Der jetzige Entwurf würde
       dramatische Gesetzesänderungen erfordern", schreibt Geist in seinem Blog.
       Acta sei ein "unverhohlener Versuch, eine transparente und demokratische
       Lösung im Rahmen der UNO auszuhebeln". Die nächste Acta-Verhandlungsrunde
       läuft im Juni in Genf.
       
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       23 Apr 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tarik Ahmia
       
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