# taz.de -- Kommentar Mindestlohn: Grüße von der Agenda 2010
> Hartz IV ist teuer und ungerecht, weil es Unternehmen, die Dumpinglöhne
> zahlen, indirekt belohnt. Allerdings sollte man vom Mindestlohn keine
> Wunderdinge erwarten.
Elf Milliarden Euro hat der deutsche Staat 2009 ausgegeben, um
Niedrigverdiener mit Hartz IV zu einem halbwegs erträglichen Dasein zu
verhelfen. Tendenz steigend. Faktisch bedeutet dies, dass die Steuerzahler
Unternehmen, die miese Löhne zahlen, subventionieren.
Außerdem zeigt diese Zahl, dass die rot-grüne Arbeitsmarkt- und
Sozialreformen für den Staat kein gutes Geschäft waren. Dass working poor
zum Massenphänomen geworden sind, ist auch ein Resultat der Agenda 2010.
Die Hoffnung, dass aus Mini- und Teilzeitjobs reguläre Jobs würden, war
eine Illusion. Passiert ist offenbar das Gegenteil: Unter tätiger Mithilfe
von Rot-Grün haben Minijobs und Zeitarbeit feste Jobs ersetzt.
Hartz IV ist teuer und ungerecht, weil es Unternehmen, die Dumpinglöhne
zahlen, indirekt belohnt. Deshalb, so Linkspartei, Grüne, Gewerkschaften
und selbst die halb klug gewordene SPD, brauchen wir schleunigst einen
Mindestlohn, der sich in etwa auf französischem Niveau von gut 8,50 Euro
bewegen soll. Diese Forderung ist richtig. Ihre Umsetzung, die an der
ideologischen Verbohrtheit des bürgerlichen Lagers scheitert, ist längst
überfällig.
Allerdings sollte man vom Mindestlohn keine Wunderdinge erwarten. Auch von
rund 1.300 Euro brutto lässt sich keine Familie ernähren, geschweige denn
Altersarmut verhindern. Das zentrale Problem ist die Spaltung des
Arbeitsmarkts. In der exportorientierten Industrie werden gute Löhne
gezahlt. Doch im Dienstleistungssektor, vor allem in Pflege, Gesundheit und
Sozialwesen, sind die Löhne mies. Nirgends in Europa ist der Lohnabstand
zwischen Industrie und Dienstleistungen so groß wie in Deutschland. Diese
Aufspaltung wird auch durch den Mindestlohn nur ein bisschen gemildert.
12 Aug 2010
## AUTOREN
(DIR) Stefan Reinecke
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