# taz.de -- Der Autor Dogan Akhanli: Eingesperrt in der Türkei
> Bei einem Besuch in der Türkei wurde der in Köln lebende Schriftsteller
> Dogan Akhanli verhaftet. Angeblich soll er vor über 20 Jahren eine
> Wechselstube überfallen haben.
(IMG) Bild: Gedenken an die Vertreibung und den Genozid an die Armenier.
Das erste Mal sperrten sie ihn 1975 in Istanbul ins Gefängnis. Fünf Monate
saß der damals 18-Jährige, weil er an einem Kiosk eine linke Zeitung
gekauft hatte. Nun sitzt der Schriftsteller Dogan Akhanli wieder in
Untersuchungshaft. Der Vorwurf diesmal: Raubüberfall mit Todesfolge - und
beruht auf zum Teil erfolterten und widerrufenen Zeugenaussagen. Trotzdem
hat der Istanbuler Staatsanwalt Hüseyin Ayar seine Anklage eingereicht.
Über seine erste Verhaftung sagt Akhanli: "Das hat mein ganzes weiteres
Leben bestimmt. Seitdem war mein Vertrauen in den türkischen Staat
vollkommen erschüttert." Er schloss sich der maoistischen Gruppe Halkin
Kurtulusu an und ging nach dem Militärputsch 1980 in den Untergrund.
Von 1985 bis 1987 im Militärgefängnis inhaftiert, sagte er sich nach seiner
Freilassung von den maoistischen Genossen los. Er versuchte, als Fischer
und Instrumentenbauer "ein einfaches Leben zu führen". Doch der türkische
Staat ließ ihn nicht. Aus Angst vor einer erneuten Verhaftung tauchte er
wieder unter. 1991 floh er nach Deutschland.
Köln wurde seine zweite Heimat. Hier engagierte er sich im türkischen
Menschenrechtsverein Tüday, beim Kölner Appell gegen Rassismus, im
NS-Dokumentationszentrum und im Verein Recherche International. Schwerpunkt
seines Engagements sind das Gedenken an die Genozide des 20. Jahrhunderts -
einschließlich des Völkermords an den Armeniern. Den thematisiert er auch
in seinem Buch "Die Richter des Jüngsten Gerichts".
Der Roman ist der Abschluss einer Trilogie, in der er die politische
Entwicklung der Türkei kritisch aufarbeitet. "Der letzte Traum der
Madonna", erschienen 2005, handelt von der Versenkung eines Schiffs mit
über 700 jüdischen Flüchtlingen 1942 im Schwarzen Meer.
Das Buch wurde zu den wichtigsten Romanveröffentlichungen in der Türkei
gewählt. 2009 erhielt er den Literaturpreis der Zeitung Hürriyet. Akhanli,
von der Türkei ausgebürgert, ist seit 2001 deutscher Staatsbürger.
Als er in die Türkei reiste, um seinen kranken Vater zu besuchen, wurde er
verhaftet. Vom Vorwurf, er habe 1989 eine Wechselstube überfallen, hatte er
zuvor nie gehört.
31 Aug 2010
## AUTOREN
(DIR) Pascal Beucker
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