# taz.de -- Landesweite Proteste in Frankreich: "Nein zu der Politik von Sarkozy"
       
       > Die Kritik an der Roma-Politik der französischen Regierung wächst weiter:
       > Am Samstag demonstrierten in Frankreich mehrere zehntausend Bürger gegen
       > die Abschiebung tausender Roma.
       
 (IMG) Bild: "Demokratie in Gefahr": Wegen Sarkozys Roma-Politik gingen am Samstag allein in Paris rund 50.000 Bürger auf die Straße.
       
       PARIS afp | Zehntausende Menschen haben am Samstag in Paris und 130 anderen
       Städten Frankreichs gegen die von der konservativen Regierung forcierte
       Abschiebung von Roma protestiert. Die Regierung sprach von rund 77.000
       Demonstranten, die Veranstalter nannten die Zahl 100.000. Auch vor einigen
       französischen Botschaften im europäischen Ausland gab es Proteste.
       
       Rund 50.000 Menschen marschierten laut Veranstaltern in Paris gegen die
       Sicherheitspolitik der Regierung. Ebensoviele sollen in verschiedenen
       Städten des Landes auf die Straße gegangen sein, darunter auch tausende in
       Bordeaux und Toulouse. Rund fünfzig Organisationen hatten zu der Aktion
       aufgerufen.
       
       In Paris führte eine Gruppe von Roma hinter Transparenten mit der
       Aufschrift "Nein zu der unmenschlichen Politik von (Präsident Nicolas)
       Sarkozy" den Protestzug an, an dem auch zahlreiche Politiker der linken
       Opposition sowie Gewerkschaftsvertreter teilnahmen. Roma-Vereinigungen
       trugen Plakate mit Sarkozy-Fotos und der Aufschrift "Sohn von Pétain", in
       Anspielung auf den früheren Chef des Vichy-Regimes Philippe Pétain, der
       während des Zweiten Weltkriegs mit den Nationalsozialisten
       zusammengearbeitet hatte.
       
       Der sozialistische Bürgermeister von Paris, Bertrand Delanoë, sprach von
       einem "Tag des Kampfes gegen Rassismus und Fremdenhass". "Man muss
       bekämpfen, was die Gesellschaft spaltet", sagte er. In der Hauptstadt
       versammelten sich am Samstag auch mehrere Künstler, darunter die Sängerin
       Jane Birkin, vor dem Einwanderungsministerium, um dort zur Unterstützung
       der Einwanderer ohne gültige Aufenthaltserlaubnis zu singen. Auch in
       London, Brüssel, Madrid, Barcelona und Lissabon versammelten sich vor
       Frankreichs Botschaften einige Demonstranten.
       
       Die Regierung bemühte sich, die Bedeutung der Demonstrationen
       herunterzuspielen. "Obwohl rund sechzig Vereine, Gruppierungen und Parteien
       sie organisiert haben, haben diese sogenannten
       Menschenrechts-Demonstrationen im Land nur einige zehntausend Menschen
       zusammengebracht", erklärte Innenminister Brice Hortefeux. Dies sei
       "zweifellos eine Enttäuschung für die Organisatoren".
       
       Die französischen Behörden haben seit Jahresbeginn rund 8000 Roma in deren
       Heimatländer Rumänien und Bulgarien abgeschoben. Im Juli hatte die
       Regierung in Paris die Gangart noch einmal verschärft und illegale
       Roma-Lager aufgelöst. Die Abschiebungen stoßen auch international auf teils
       scharfe Kritik.
       
       In Umfragen verloren Präsident Sarkozy und sein Premierminister François
       Fillon jeweils zwei Prozentpunkte. Demnach trauten Anfang September Sarkozy
       nur noch 32 Prozent zu, die Probleme des Landes in den Griff zu kriegen;
       Fillon kam auf 38 Prozent laut den Zahlen vom Sonntag, die das Institut CSA
       im Auftrag der Zeitung Le Parisien und ihrer überregionalen Ausgabe
       aujourd'hui ermittelte.
       
       5 Sep 2010
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Debatte Roma-Abschiebung in Frankreich: Schuss aus der Hüfte
       
       Mit Hetzreden und Razzien bläst Sarkozy jetzt zur Jagd auf Roma. Der Grund
       dafür ist schlicht: Seine Präsidentschaft steckt in einer tiefen Krise.
       
 (DIR) Franzosen gegen Roma-Abschiebung: Solidarität mit den "Sündenböcken"
       
       In 140 französischen Städten protestierten am Wochenende über
       hunderttausend Menschen gegen die Abschiebung der Roma. Der Innenminister
       zeigte sich unbeeindruckt.
       
 (DIR) Kommentar Roma in Frankreich: Nicht weit weg von "Sippenhaft"
       
       Die Roma sind ein leichtes Opfer für eine Ordnungspolitik, die bei
       verängstigten Bürgern billigen Applaus erheischt. Sarkozy handelt ebenso
       demagogisch wie gefährlich.
       
 (DIR) Kommentar Roma und EU: 12 Milionen Europäer
       
       Die Roma sind die größte Minderheit in der EU. Es wird endlich Zeit, dass
       eine ernsthafte Förderpolitik für sie auf europäischer Ebene in Angriff
       genommmen wird.
       
 (DIR) EU kritisiert Frankreichs Roma-Politik: 100 Euro "Rückkehrhilfe"
       
       Der Vorsitzende der Europa-Sozialdemokraten, Martin Schulz, fordert
       Konsequenzen bei Frankreichs Roma-Politik. EU-Kommission zieht
       Vereinbarkeit mit EU-Recht in Zweifel.
       
 (DIR) Vertriebene Roma in Frankreich: Auf der Flucht vor den Bulldozern
       
       Die Stadt Saint-Denis nördlich vor Paris ärgert sich über den Umgang der
       Regierung mit den Roma. Sie lässt vertriebene Familien ein neues Lager
       aufbauen.
       
 (DIR) Lage der Roma in Frankreich katastrophal: Ein Slum zwischen den Gleisen
       
       Unweit des Bahnhofs von Lyon haben ein paar Romafamilien ihre Hütten
       aufgeschlagen. Sie leben dort ohne Wasser, Sanitäranlagen und Strom. Jetzt
       droht ihnen die Räumung.
       
 (DIR) Frankreich schiebt Roma ab: Befremden in Bukarest
       
       Die Abschiebung einer ersten Gruppe von Roma aus Frankreich löst in
       Rumänien verhaltene Reaktionen aus. Kritiker werfen der Regierung
       Gleichgültigkeit vor.