# taz.de -- Staatliches Glückspiel-Monopol aufgehoben: Schwarzmarkt könnte legalisiert werden
> Der Europäische Gerichtshof kippt das deutsche Staatsmonopol für
> Lotterien und Sportwetten. Sportverbände dürften nur halb zufrieden sein.
(IMG) Bild: Könnte bald Konkurrenz aus der Privatwirtschaft bekommen: das staatliche Sportwett-System Oddset.
Das staatliche Monopol für Sportwetten und Lotterien ist in seiner jetzigen
Form rechtswidrig. Dies entschied am Mittwoch der Europäische Gerichtshof
(EuGH) in Luxemburg. Der deutsche Gesetzgeber kann nun das Staatsmonopol
den Anforderungen anpassen oder private Anbieter unter bestimmten
Bedingungen zulassen.
Das Staatsmonopol bei Sportwetten ist schon seit Jahren umstritten. 2006
entschied das Bundesverfassungsgericht, dass es nur aufrechterhalten werden
kann, wenn es auf die Bekämpfung der Spielsucht abzielt. Die Schaffung von
Einnahmen für den Staat oder soziale Zwecke könne keine Rechtfertigung für
ein Monopol sein. Daraufhin wurde 2008 der Glücksspiel-Staatsvertrag
novelliert, der die Werbung für Sportwetten und Lotterien jetzt stark
einschränkt und Angebote im Internet ganz verbietet. Private Anbieter haben
derzeit keine Chance, legal in Deutschland Sportwetten und Lotterien
anzubieten. Wettbüros, die Sportwetten von ausländischen Anbietern
vermitteln, werden geschlossen.
Viele Wettbüros klagten gegen ihre Schließung, so dass in Deutschland
Dutzende Gerichtsverfahren anhängig sind. In sieben dieser Verfahren hat
nun der EuGH ein europarechtliches Grundsatzurteil gefällt, das ohne
Übergangsfrist (nach der Umsetzung durch die deutschen Gerichte) sofort
Wirkung hat.
Danach sind staatliche Glücksspiel-Monopole zwar nach wie vor möglich, wenn
sie allgemeinen Interessen, zum Beispiel der Bekämpfung der Spielsucht,
dienen. Ein staatliches Angebot könne den natürlichen Spieltrieb des
Menschen in relativ ungefährliche Spiele kanalisieren. Allerdings sei ein
Monopol als Eingriff in die Niederlassungsfreiheit ausländischer
Unternehmen nur dann verhältnismäßig, wenn der Kampf gegen die Spielsucht
"kohärent und systematisch" geführt werde. In Deutschland sei dies nach den
Feststellungen der anfragenden deutschen Gerichte nicht der Fall.
Bemängelt wird dabei die Art der Werbung für staatliche
Glücksspielangebote. Diese diene nicht nur dazu, Menschen, die ohnehin
spielen wollen, auf staatliche Angebote wie Oddset, Lotto oder
Glücksspirale hinzuweisen, sondern rege aktiv zur Teilnahme am Spiel an. So
ist es nach den Vorgaben des EuGH im Rahmen eines Anti-Spielsucht-Monopols
unzulässig, "zugkräftige Werbebotschaften" zu verwenden, die auf hohe
Gewinne hinweisen. Für ausgeschlossen hält es der EuGH sogar, dem Spiel ein
"positives Image" zu verleihen oder auf den guten Zweck hinzuweisen, dem
ein Teil der Einnahmen dient. Außerdem wird Deutschland vom EuGH
angekreidet, dass Glücksspiele mit höherem Suchtpotenzial zuletzt
liberalisiert wurden. Gemeint ist dabei das Automatenspiel in Spielhallen
und Kneipen. Hier hat das Bundeswirtschaftsministerium 2006 die
Spielverordnung gelockert; mehr Automaten in den Hallen und höhere Gewinne
(und Verluste) sind seitdem möglich.
Um das Monopol bei Sportwetten und Lotterien zu retten, müssten die
Bundesländer also im Glücksspiel-Staatsvertrag die Werbung für staatliche
Angebote noch deutlich strenger als bisher regeln. Ob eine Einigung
gelingt, ist fraglich, manche Länder wie Schleswig-Holstein plädieren
ohnehin für eine Aufgabe des Monopols. Zugleich müsste die Bundesregierung
auch noch die Liberalisierung für die Spielhallen zurücknehmen. Zuständig
dafür ist der Wirtschaftsminister Brüderle (FDP), der sich kaum gegen
Wirtschaftsinteressen stellen wird, um ein Staatsmonopol zu retten.
Der Deutsche Olympische Sportbund dürfte mit der Entscheidung nur halb
zufrieden sein. Im Mai forderte er zwar ein Ende des Monopols bei
Sportwetten, um den Schwarzmarkt zu legalisieren und so über eine Abgabe
mehr Einnahmen für den Sport zu erwirtschaften. Profiklubs könnten von der
dann legalen Werbung für private Wettanbieter profitieren. Das Monopol bei
Lotterien, deren Einnahme großenteils auch an den Sport fließen, sollte
aber eigentlich erhalten bleiben, weil dort bisher kein nennenswerter
Schwarzmarkt im Internet besteht.
8 Sep 2010
## AUTOREN
(DIR) Christian Rath
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