# taz.de -- Neue Regeln für das Glücksspiel: Hand aufs Glück
       
       > Der Staat will sein Monopol für Lotto, Wetten und Co behalten. Dafür muss
       > er nun mehr Geld in Spielsuchtprävention investieren. Onlineglücksspiel
       > soll verboten werden.
       
 (IMG) Bild: Darf nicht mehr auf Fußballertrikots werben: Privater Wettanbieter bwin.
       
       Glücksspiel ist eine ernste Sache. Es geht um einen Markt von rund 27
       Milliarden Euro allein in Deutschland. Seit dem Jahreswechsel gilt der neue
       Staatsvertrag "zum Glückspielwesen" - womit der Streit um das weitgehende
       staatliche Monopol in eine neue Runde geht. Politisch gesehen haben
       zunächst die Befürworter des Staatsmonopols gewonnen. Ob sie das Monopol
       aber auch gegen die private Konkurrenz aus dem Internet verteidigen können?
       
       Sportwetten, Lotterien und Spielbanken dürfen in Deutschland traditionell
       nur vom Staat betrieben werden. So soll der Spieltrieb in geordnete Bahnen
       gelenkt werden. Außerdem geht ein Großteil der Einnahmen in die Kultur- und
       Sportförderung. Doch im März 2006 hat das Bundesverfassungsgericht das
       Monopol bei der staatlichen Sportwette Oddset für verfassungswidrig
       erklärt. Die Begründung: Es werde nicht konsequent als Mittel zum Kampf
       gegen die Spielsucht eingesetzt.
       
       Die Länder, die in Deutschland für Wetten und Lotterien zuständig sind,
       hatten nun binnen einer vom Gericht gesetzten Frist bis Ende 2007 zwei
       Möglichkeiten: Entweder sie lassen auch private Anbieter zu, oder sie
       schaffen eine neue Grundlage für das Wett- und Glücksspielmonopol. Schnell
       entschieden sie sich für die Beibehaltung des staatlichen Monopols und
       schufen einen neuen Staatsvertrag, der mittlerweile in allen
       Landesparlamenten angenommen wurde.
       
       Der neue Glücksspiel-Staatsvertrag allerdings beschränkt sich nicht auf die
       vom Verfassungsgericht geforderte Neuregelung der Sportwetten, sondern
       erfasst auch Lotterien und Spielbanken. Überall wird das Staatsmonopol
       jetzt konsequent mit der Suchtprävention begründet. Die staatlichen
       Anbieter dürfen deshalb weniger werben, auf Fernseh- und Internetwerbung
       müssen sie sogar ganz verzichten. Insider rechnen deshalb mit
       Einnahmerückgängen von bis zu 20 Prozent. Soziallotterien wie die Aktion
       Mensch und die Glücksspirale dürfen sich allerdings weiterhin im Fernsehen
       präsentieren.
       
       Viel härter trifft der Staatsvertrag aber die private Konkurrenz aus dem
       In- und Ausland, die Sportwetten und Spiele wie Poker vor allem über das
       Internet anbietet. "Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher
       Glücksspiele im Internet ist verboten", heißt es im Staatsvertrag.
       Allerdings ist das Internet international, und niemand kann einer
       englischen Firma verbieten, auf einem englischen Server ein Internetangebot
       in deutscher Sprache bereitzuhalten.
       
       Die Länder wollen deshalb "die kommunikative und kommerzielle Nabelschnur
       solcher Anbieter kappen", erklärte ein Ländervertreter bei einer Anhörung.
       So verbietet der Staatsvertrag jede Werbung für unerlaubte Glücksspiele.
       Außerdem kann Banken die Zahlung von Geldern an "illegale" Anbieter
       verboten werden. Internetprovider riskieren, dass ihre Webangebote gesperrt
       werden.
       
       Vermutlich werden die Länder solche Brachialmethoden aber nicht gleich zu
       Jahresbeginn anwenden können, denn immerhin müssen sie erst ihre Behörden
       für die neue Aufgabe einrichten und entsprechend schulen.
       
       Trotzdem gingen die Behörden bereits in der Übergangszeit - zwischen dem
       Karlsruher Urteil und dem Start des neuen Staatsvertrags - gegen die
       Werbemaßnahmen der privaten Anbieter vor. So musste der private
       Sportwettenvermittler Bwin, der sich auf eine alte DDR-Lizenz beruft, seine
       Trikotwerbung bei Werder Bremen und beim VfB Stuttgart aufgeben. Unzählige
       private Wettbüros wurden geschlossen. Viele konnten die Schließung nur
       durch Eigentümerwechsel hinausschieben.
       
       Es wird geschätzt, dass die Deutschen jährlich rund 27 Milliarden Euro für
       Glücksspiele ausgeben, davon zehn Milliarden in Spielbanken, rund acht
       Milliarden für Lotto, knapp fünf Milliarden für Klassenlotterien und zwei
       bis drei Milliarden für Sportwetten.
       
       Private Anbieter fürchten um ihre bereits erreichten Marktanteile und
       Chancen im wachsenden deutschen Markt für Onlineangebote. Der Großteil der
       Sportwetten läuft schon heute nicht mehr über die staatliche Oddset-Wette,
       sondern über private Anbieter, denn diese können bessere Quoten bieten.
       
       Über die Zulässigkeit des Monopols sowie des Verbots von
       Onlineglücksspielen werden am Ende das Verfassungsgerichts und der
       Europäische Gerichtshof entscheiden. Beide haben den gleichen Maßstab: Ein
       Monopol ist nur aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls - etwa als Mittel
       gegen Sucht - möglich.
       
       Die EU-Kommission bereitet allerdings bereits seit dem Jahr 2006 ein
       Verfahren gegen das Glücksspielmonopol in Deutschland vor. Sie hält es für
       eine unzulässige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Ähnliche
       Verfahren wurden gegen sieben weitere EU-Staaten eingeleitet, zum Beispiel
       Frankreich, Dänemark und Österreich. Es gebe bisher keinen
       wissenschaftlichen Nachweis, dass Sportwetten und Lotto zu Spielsucht
       führen können. Zudem sei die deutsche Politik unglaubwürdig. Denn bei
       Geldspielautomaten verzichte sie auf die Verschärfung des Zugangs - dabei
       haben die bekanntlich höchstes Suchtpotenzial. Private Anbieter werden mit
       Sicherheit ähnliche Klagen einreichen.
       
       Über den Ausgang der Klagen werden noch Wetten angenommen.
       
       10 Jan 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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