# taz.de -- SPD-Politiker Stegner über Sarrazin: "Menschenverachtung nicht tolerabel"
       
       > Der Parteiausschluss Thilo Sarrazins ist richtig, sagt
       > SPD-Präsidiumsmitglied Stegner. Dessen Buch sei voller "kruden Gebräus"
       > und biete keine Antworten auf Integrationsfragen.
       
 (IMG) Bild: "Sarrazin weiß genau, was er da tut": Ralf Stegner.
       
       taz: Herr Stegner, kippt die Stimmung in der SPD gegen einen Ausschluss
       Sarrazins? 
       
       Ralf Stegner: Nein, aber formale Ausschlussverfahren haben immer wenige
       Anhänger. Früher war die SPD da ja rigider, daran können sich noch viele in
       der Partei erinnern. Wenn es dann noch mit dem Thema Meinungsfreiheit
       verquickt wird, wird es besonders schwer zu vermitteln. Deshalb wollen wir
       die Debatte aufs Thema lenken.
       
       Dabei hilft ein Ausschlussverfahren nicht gerade. 
       
       Sarrazins Äußerungen berühren die Grundwerte der SPD. Da kann man nicht
       einfach sagen: Bei dem Thema kann man wie beim Afghanistaneinsatz
       unterschiedlicher Meinung sein. Es geht darum, ob wir zulassen, dass
       Menschen runtergemacht werden. Dass jemand vorschlägt, Gebärprämien für
       Akademikerinnen einzuführen. Dass man Menschen Intelligenz je nach ihrem
       Herkunftsland oder ihrer Religion zuweist. Über Integration muss man reden
       und man muss handeln, und das tun wir auch. Aber das Menschenverachtende in
       Sarrazins Buch ist für die SPD nicht tolerabel. Sonst verliert die Partei
       ihre Seele und Glaubwürdigkeit.
       
       Hat ein Ausschluss vor Gericht Bestand? Sarrazin wird sagen, er vertrete
       bloß seine Meinung. 
       
       Ich kenne Sarrazin seit Jahren: Er weiß genau, was er da tut und wie seine
       Worte ankommen. Er verdient damit eine Menge Geld, und sein Buch lässt er
       nach allen Regeln der Kunst vermarkten. Trotzdem rate ich dazu, es zu
       lesen. Dann versteht man: Es ist teilweise halbwissenschaftlicher Unsinn,
       ein krudes Gebräu. Was er über Bildungspolitik schreibt, ist pädagogischer
       Mumpitz. Er bietet keine Antworten auf drängende Fragen, gar keine Lösungen
       - schon gar keine sozialdemokratischen. 
       
       Ist der Vorwurf, er schreibe "Mumpitz", gerichtsfest? 
       
       Zum Verfahren will ich mich nicht äußern. Das wird unabhängig abgewickelt,
       und ich akzeptiere natürlich jedes Ergebnis. Ich fände ich es am besten,
       Sarrazin verließe freiwillig die Partei.
       
       Ist das wahre Problem der SPD nicht Sarrazin, sondern die Integration? In
       der Partei fehlen bis heute Migranten. 
       
       Wir in Schleswig-Holstein haben zum Beispiel eine junge türkische
       Unternehmerin bewusst und ohne Wahlkreis auf die Landesliste zur
       Landtagswahl gesetzt. Dafür habe ich mich eingesetzt. Fensterreden allein
       bringen nichts.
       
       13 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Lohre
       
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