# taz.de -- SPD-Parteitag: Muntermacher gesucht
> Nach der Sarrazin-Debatte beschäftigt sich die Partei auf dem Parteitag
> am Sonntag mit Integrationspolitik. Thema sind auch die Grünen, die
> derzeit einen Höhenflug erleben.
(IMG) Bild: Der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky ist das neue Idol der SPD.
BERLIN taz | Es ist ein besonderer Platz, den Heinz Buschkowsky bekommen
hat. Um 10 Uhr ist er am Sonntag der Stargast auf dem außerordentlichen
Parteitag der SPD. In einer Diskussionsrunde wird der Neuköllner
Bezirksbürgermeister mit einer Sozialwissenschaftlerin und einem Boxtrainer
über Integration reden. Bemerkenswert: Buschkowsky war jahrelang ein
Außenseiter in der SPD und trift mit seinen Thesen ("Multikulti ist
gescheitert") nicht wirklich den Nerv der Partei.
Kaum einer hätte vor einigen Wochen gedacht, mit welcher Wucht das Thema
Integration die SPD noch auf diesem Parteitag einholen würde. Doch die
jüngsten umstrittenen Thesen des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo
Sarrazin zur Vererblichkeit von Intelligenz haben eine derart aufgeladene
Debatte nach sich gezogen, dass die Parteispitze reagieren musste.
Doch nicht zuletzt durch das mittlerweile laufende Ausschlussverfahren
gegen Sarrazin ist auch Parteichef Sigmar Gabriel unter Druck geraten.
In tausenden Mails und Briefen an die SPD-Zentrale haben sich BürgerInnen
mit Sarrazin solidarisiert und Meinungsfreiheit eingefordert. Gabriel
reagiert auf seine Weise: In einem Interview auf Spiegel Online sagte
Gabriel zu Beginn der Woche, wer auf Dauer alle Integrationsangebote
ablehne, könne "ebenso wenig in Deutschland bleiben wie vom Ausland
bezahlte Hassprediger in Moscheen". Starker Tobak.
Wo sie in der Integrationspolitik wirklich hinwill, scheint die SPD vor
diesem Parteitag noch nicht so recht zu wissen. Die Versäumnisse sind
bekannt, im Gegensatz zu anderen Parteien fehlt der SPD auch ein Gesicht,
das die BürgerInnen mit Migrationshintergrund glaubwürdig vertritt.
Es wird "Raum geben" für eine Diskussion, sagte Generalsekretärin Andrea
Nahles am Mittwoch in Berlin. Es sei ja "ein Arbeitsparteitag".
Auf diesem wird auch ein anderes Thema zur Sprache kommen, es ist kaum
angenehmer: die Stärke der Grünen. In seriösen Umfragen liegen sie bei rund
18 Prozent - Tendenz steigend. Wie die taz aus Parteikreisen erfuhr, hat
die SPD nun im Willy-Brandt-Haus eine Arbeitsgruppe zur Strategie im Umgang
mit den Grünen gegründet.
Die Gruppe, die Generalsekretärin Andrea Nahles leitet, soll mit Blick auf
die kommenden Landtagswahlen Ideen und Papiere entwickeln, wie die SPD
langfristig gegen die Grünen bestehen kann. Dabei soll auch der stockende
Erneuerungsprozess der SPD kritisch betrachtet werden. Die Idee besteht
nach Informationen der taz schon länger. Eine Sprecherin der SPD bestritt
auf Nachfrage jedoch die Existenz einer solchen Gruppe.
"Die SPD muss ihr eigenes Profil wieder stärken und die Unterschiede zu den
Grünen klarmachen", sagte der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt der taz, "da ist
die ganze Partei und besonders die Parteispitze gefragt".
24 Sep 2010
## AUTOREN
(DIR) Gordon Repinski
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Bundesparteitag der SPD: Gabriels erster Test
Lange Diskussionen zur Integration, vage Forderungen nach Mehreinnahmen:
Der ersten SPD-Bundesparteitag nach der Bundestagswahl brachte kaum
handfeste Ergebnisse.
(DIR) SPD-Chef Sigmar Gabriel: Der Öffner
Die Niederlage bei der Bundestagswahl war Sigmar Gabriels Aufstieg. Ein
Jahr später will er die SPD wieder attraktiv machen – und steht vor seiner
ersten Bewährungsprobe.
(DIR) Neue Wahl-Umfrage für Bundestag: Grüne erstmals gleich auf mit SPD
Beide Parteien kommen in einer Forsa-Umfrage auf je 24 Prozent. Zusammen
hätten sie die Mehrheit. Schwarz-Gelb kommt nur auf 34 Prozent. Die Grünen
profitierten von der Akw-Laufzeit-Debatte.
(DIR) SPD-Politiker Stegner über Sarrazin: "Menschenverachtung nicht tolerabel"
Der Parteiausschluss Thilo Sarrazins ist richtig, sagt
SPD-Präsidiumsmitglied Stegner. Dessen Buch sei voller "kruden Gebräus" und
biete keine Antworten auf Integrationsfragen.
(DIR) Provokationen Sarrazins: SPD beschließt Ausschluss-Verfahren
Die SPD will durchgreifen: Der Vorstand hat ein Parteiordnungsverfahren
gegen Thilo Sarrazin mit dem Ziel des Ausschlusses beschlossen. Dieser
wehrt sich indes gegen die NPD.
(DIR) Thilo Sarrazin tritt zurück: Aufatmen im Schloss Bellevue
Bundesbanker Thilo Sarrazin gibt seinen Vorstandsposten auf. Nach langem
Gezerre hat er jetzt den Bundespräsidenten um seine Entlassung gebeten.