# taz.de -- Kommentar Stuttgart 21: Die Kanzlerin begibt sich in den Bunker
       
       > Das Ziel in Stuttgart? Der Rubel soll dorthin rollen, wo er immer
       > hingerollt ist. Da nimmt man gerne ein paar hundert Verletzte in Kauf.
       
       Die Szenerie ist bizarr: Auf einer Schülerdemo zerschlagen Polizisten
       Nasenbeine - in Stuttgart, der Hauptstadt des CDU-Ländles. Die
       Landesregierung rückt ihren Kernwählern mit Reizgas zu Leibe und schießt
       ihnen auf kurze Distanz mit Wasserwerfern in die Augen. Hinterher lässt
       Angela Merkel wissen, dass "alles vermieden" werden müsse, "was zu Gewalt
       führen kann". Was treibt die Kanzlerin und die Regierung in Stuttgart an?
       Warum versuchen sie auf plumpeste Art Demonstranten mit einem berechtigten
       Anliegen zu kriminalisieren, warum werden die Wähler frech belogen und
       Milliarden verschwendet oder reichen Konzernen zugeschoben?
       
       Da die Beteiligten ja keine wirren Despoten unter Drogeneinfluss sind,
       steckt dahinter Kalkül. Die CDU und Angela Merkel haben sich offensichtlich
       entschieden, ihre Vorhaben schnell und rücksichtslos durchzusetzen, und
       sich deshalb in die Bunker begeben. Von dort aus befehligen sie ihre
       Truppen und schwören die Polizei auf hartes Durchgreifen ein.
       
       Moderne Demokratie, Bürgerbeteiligung, Zivilgesellschaft? Weg damit.
       Schwarz-Gelb ist in Berlin noch für drei Jahre gewählt. Deshalb muss nun
       alles in den kommenden Monaten durchgezogen werden, sei es die
       Laufzeitverlängerung für AKW, Sparen bei den Arbeitslosen, Belohnungen für
       die Banker. Bis zur Wahl wird man dann vielleicht noch eine rettende Idee
       haben, um sich Stimmen zu fangen.
       
       Das Ziel in Stuttgart? Die Baukonzerne sollen an die Fleischtöpfe kommen:
       Die Bauverträge für die Tunnel sind ja noch nicht vergeben. Wenn man jetzt
       verhandelte, könnte das Projekt vielleicht noch gestoppt werden,
       schließlich gehört die Bahn dem Bund. Doch der Rubel soll dorthin rollen,
       wo er immer hingerollt ist. Da nimmt man gerne ein paar hundert Verletzte
       in Stuttgart in Kauf. Das ist ein Zynismus, der seinesgleichen sucht.
       
       Mit dem jüngsten Abschied von Merkels Exkonkurrent Roland Koch dachte man,
       dass sich diese Brutalität aus der modernen deutschen Politik verabschiedet
       hätte. Das Gegenteil ist der Fall. Die Stuttgarter werden das bis zur
       Bundestagswahl nicht vergessen haben. Hoffentlich auch der Rest der
       Deutschen nicht.
       
       1 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Metzger
       
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