# taz.de -- Kabinettsumbildung in Frankreich: Die neue Regierung ist die alte
       
       > Mit einer Kabinettsumbildung wollte Frankreichs Präsident Sarkozy eine
       > neue Etappe seiner Politik einleiten. Viel passiert ist nicht - außer dem
       > Ende der "Öffnung".
       
 (IMG) Bild: "Der schon wieder!" "Selber." - Nicolas Sarkozy und Francois Fillon.
       
       PARIS taz | Frankreich hat eine neue Regierung. Ganz so "neu" freilich
       kommt die am Sonntagabend bekannt gemachte Zusammensetzung den meisten beim
       Lesen der Montagszeitung allerdings nicht vor. Viele Kommentare lauten:
       "Tout ça pour ça" (So viel Aufwand für so wenig).
       
       Diese unverhohlene Enttäuschung ist verständlich. Manchen sieht diese neue
       Regierung schon ein bisschen "alt" aus. Da Staatspräsident Nicolas Sarkozy
       seit vier Monaten von einer großen Regierungsumbildung und einer neuen
       Etappe seiner Politik gesprochen hatte, wirkt seine erneuerte
       Regierungsmannschaft ein wenig zu altbekannt.
       
       Der bisherige Premierminister François Fillon bleibt, und mit ihm eine
       Reihe seiner engsten Minister aus der Regierungspartei UMP. Diese war
       mehrheitlich gar nicht erbaut von Sarkozy Plänen, den unberechenbaren
       Umwelt- und Energieminister Jean-Louis, der der kleinen Radikalen Partei
       und nicht der UMP angehört, mit einer Regierungsbildung zu beauftragen.
       
       Die Palastrevolte in der UMP hinter den Kulissen war erfolgreich. Fillon,
       ihr Mann bleibt am Ruder und das Gewicht der Gaullisten des UMP in der
       Regierung wächst, namentlich durch die Ernennung von Jacques Chiracs
       ehemaligen Premierminister Alain Juppé. Eine weitere orthodoxe Gaullistin
       aus der Chirac-Zeit, Michèle Alliot-Marie, wechselt vom Justiz- ins
       Außenministerium, bekommt aber wie Juppé den Titel einer Staatsministerin.
       
       Bezeichnend an dieser Regierungsumbildung, in der man vor allem die
       Konzentration auf den gaullistischen Kern der UMP bemerkt, sind die
       Abgänge. Sie markieren das Ende der "Öffnung", mit der Sarkozy nach seiner
       Wahl 2007 zunächst alle verblüfft hatte. Nicht bestätigt wurden
       Regierungsmitglieder wie Ex-Außenminister Bernard Kouchner oder
       Staatssekretärin Fadela Amara, die Sarkozy der Linken abgeworben hatte,
       aber auch Rama Yade, die einzige als einzige Schwarze im Kabinett ebenfalls
       ein Symbol für den Pluralismus darstellen sollte. Mit (wenig) Dank
       entlassen wurden auch Vertreter aus dem bürgerlichen Zentrum wie
       Ex-Verteidigungsminister Hervé Morin, der Chef der Satellitenpartei
       "Nouveau Centre".
       
       Der große Verlierer aber ist Jean-Louis Borloo. Er war bisher die Nummer
       zwei der Regierung gewesen und hatte geglaubt, er werde nun Regierungschef.
       Eine untergeordnete Stelle hat er ausgeschlagen und darum die Regierung
       verlassen, um "seine Freiheit der Meinungsäußerung wiederzuerlangen". Keine
       Überraschung ist es hingegen, dass auch der bisherige Arbeitsminister Eric
       Woerth nicht mehr mit von der Partie ist. Er hat mit der Verabschiedung der
       umstrittenen Rentenreform seine Arbeit getan. Jetzt kann er gehen, weil er
       als früherer Schatzmeister der UMP zu sehr in die
       Bettencourt-Wahlspendenaffäre verstrickt ist und so für Sarkozy eine
       Zeitbombe darstellt.
       
       Klarer Gewinner dieser Retuschen und Rochaden ist Premierminister François
       Fillon. Ausgerechnet dieser Regierungschef, der immer im Schatten des
       Präsidenten stand und sich viele Erniedrigungen gefallen lassen musste, hat
       sich gegen Sarkozy durchgesetzt, weil er erstens die Regierungspartei UMP
       hinter sich hatte, zweitens aber auch die Volksmeinung, in der er schon
       länger viel populärer ist als der Staatschef.
       
       Ob das wirklich auch eine Verschiebung des Schwerpunkts in den
       Institutionen der Staatsführung bedeutet, wird die Zukunft zeigen. Fillon
       möchte jedenfalls regieren und nicht mehr bloß hinter Sarkozy nicken und
       buckeln.
       
       15 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Ballmer
       
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