# taz.de -- Frankreichs Ex-Arbeitsminister: Woerth geht's an den Kragen
       
       > Seine Schonzeit ist zu Ende: Kaum aus seinem Amt geworfen, muss sich Eric
       > Woerth, der tief in diverse Affären der Sarkozy-Ära verstrickt ist, vor
       > Gericht verantworten.
       
 (IMG) Bild: Hat einen Deal zu billig eingelocht: Ex-Minister Eric Woerth.
       
       PARIS taz | "Ich bezahle persönlich den Preis für eine Reform, die
       unbedingt erforderlich war", erklärte Eric Woerth am Montag am Ende einer
       kurzen Zeremonie, bei der er seinem Nachfolger Xavier Bertrand die
       Schlüssel und Akten des Arbeitsministeriums übergeben hatte. Woerth musste
       Nicolas Sarkozys sehr unpopuläre Rentenreform bis zum Schluss verteidigen.
       Nun, meint er sichtlich verbittert, müsse er für seine unverbrüchliche
       Loyalität auch noch den Kopf hinhalten. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass
       seine Verwicklung in die Bettencourt-Wahlspendenaffäre und der Verdacht auf
       Interessenkonflikte und Amtsmissbrauch als Regierungsmitglied der wahre
       Grund für seine Entlassung sind.
       
       Auf eine Schonzeit als Exminister durfte Woerth nicht zählen. Schon am
       ersten Tag nach seinem Rücktritt meldete sich die Justiz. Der
       Generalstaatsanwalt des Kassationsgerichts, Jean-Louis Nadal, hält die
       bisherigen Unterlagen für belastend oder verdächtig genug, um gegen Woerth
       wegen seiner Rolle beim Verkauf eines Geländes mit Pferderennbahn und
       Golfplatz in Compiègne bei Paris ein Gerichtsverfahren einzuleiten.
       
       Im März dieses Jahres hatte der damalige Haushaltsminister Woerth die 57
       Hektar des staatlichen Waldes von Compiègne für (lediglich) 2,5 Millionen
       Euro verkauft. Laut der Wochenzeitung Le Canard Enchaîné ist diese Summe
       als "Freundschaftspreis" zu betrachten, da der Wert des Grundstücks fast
       das Zehnfache betragen habe. Bei den Käufern handelt es sich um eine
       private Gesellschaft, die bisher die Pferderennbahn von Compiègne nur
       gemietet hatte. Bei ihren Vertretern soll es sich um gute Bekannte von
       Woerths Gattin Florence handeln, die ihrerseits im Pferderennsportgeschäft
       in der Nachbargemeinde Chantilly eine leitende Funktion ausübt. Woerth ist
       Bürgermeister von Chantilly. Noch 2003 hatte sein Vorgänger dieses als
       schützenswert eingestufte Grundstück als unverkäuflich bezeichnet und ein
       Angebot ausgeschlagen.
       
       Wegen des Verdachts auf Begünstigung und Amtsmissbrauch droht Woerth nun
       eine Anklage vor dem Cour de Justice de la République, einer Sonderinstanz
       für von Regierungsmitgliedern während ihrer Amtszeit verübte Vergehen. Die
       Prozedur der Anklageerhebung ist aber lang und ungewiss. Woerth bleibt
       damit auch genügend Zeit, um sich wegen seiner Rolle als Schatzmeister bei
       der Finanzierung der Regierungspartei UMP und der Präsidentschaftskampagne
       von Sarkozy durch die Milliardärin Liliane Bettencourt zu rechtfertigen.
       Dank heimlichen Tonbandaufnahmen in deren Villa und Zeugenaussagen von
       ehemaligen Beschäftigten wurde bekannt, dass die LOréal-Erbin sehr
       freigiebig Geldgeschenke, nicht zuletzt auch an befreundete Politiker,
       gemacht haben soll. In diesem Zusammenhang soll Woerth erneut vernommen
       werden, nachdem der ursprüngliche mit der Voruntersuchung betraute
       Staatsanwalt von Nanterre, Philippe Courroye, ein enger Vertrauter von
       Staatschef Sarkozy, das Dossier an einen unabhängigen Untersuchungsrichter
       abgeben musste.
       
       16 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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