# taz.de -- Online-Initiative "Igel" im Interview: "Da wird viel Lobbyarbeit gemacht"
       
       > Die großen Medienkonzerne wollen ein Leistungsschutzrecht, das zu
       > Veränderungen im Netz führen könnte. Dagegen wendet sich Till Kreutzer,
       > Mitgründer der Online-Initiative "Igel".
       
 (IMG) Bild: Im Zentrum des Interesses: Google News und seine "Snippets".
       
       taz: Herr Kreutzer, Sie haben zusammen mit [1][bekannten deutschen Blogs]
       und einigen Internet-Unternehmen die "Initiative gegen das
       Leistungsschutzrecht" gegründet. Was ist das Ziel von [2]["IGEL"]? 
       
       Till Kreutzer: IGEL soll einerseits über das Thema aufklären und eine
       zentrale Informationsressource rund um das Leistungsschutzrecht darstellen.
       Andererseits wollen wir über die Plattform einen möglichst breiten
       Widerstand gegen dieses bedenkliche Gesetzesvorhaben organisieren und
       demonstrieren. Daher haben wir uns das Konzept der "Unterstützer" überlegt,
       nach dem Blogs, Unternehmen, Initiativen und andere Institutionen ihre
       Ablehnung demonstrieren können, indem sie auf unserer Seite genannt werden.
       
       So mancher Beobachter meinte bereits, das Thema sei eingeschlafen. Wie ist
       der aktuelle Stand beim Leistungsschutzrecht (LSR)? 
       
       Nach meinen Kenntnissen ist das Bundesjustizministerium - trotz des breit
       angelegten Widerstands, den die Wirtschaft mit ihrem [3][Verbandspapier]
       erklärt hat - entschlossen, einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Im Frühjahr
       wird er voraussichtlich vorliegen.
       
       Wie sehen Sie aktuell die Chancen, dass das Leistungsschutzrecht kommt, wie
       von den Medienkonzernen erhofft? 
       
       Die Presseverlage haben sehr effektives Lobbying betrieben und sind schon
       weit gekommen. Ich hoffe dennoch - sonst hätte ich IGEL ja nicht ins Leben
       gerufen -, dass letztlich die Vernunft siegt. Nicht das
       Bundesjustizministerium macht das Gesetz, sondern der Bundestag. Und
       darüber ist das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen.
       
       Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat sich zusammen mit zahlreichen
       weiteren Industrie- und Handelsverbänden [4][ungewöhnlich scharf] gegen die
       Pläne der Verleger geäußert. Mittlerweile ist es recht ruhig geworden.
       Läuft da hinter den Kulissen Lobbyarbeit? 
       
       Ich gehe davon aus, dass beide Seiten weiterhin intensive Lobbyarbeit
       machen. Es ist unwahrscheinlich, dass die deutsche Wirtschaft das Thema auf
       sich beruhen lässt. Dass es um die Diskussion ruhig geworden ist, ist
       übrigens ein weiterer Grund für IGEL. Wir wollen die Diskussion transparent
       machen und in die Öffentlichkeit tragen. Das Thema ist von großer
       gesamtgesellschaftlicher Bedeutung, es sollte auch in der Gesellschaft
       öffentlich diskutiert werden.
       
       Das Thema ist ja durchaus komplex. Wie groß ist der Aufklärungsbedarf? 
       
       Er ist sehr groß. Daher unser Ansatz, es möglichst so zu erklären, dass es
       jeder verstehen kann, der sich hierüber informieren will. Das LSR soll
       zweierlei Folgen haben: Zum einen sollen News-Aggregatoren wie vor allem
       Google News, aber im Zweifel auch eine Vielzahl anderer Dienste, Geld dafür
       bezahlen, dass sie in den Suchergebnisse "Snippets" anzeigen - winzige
       Ausschnitte aus den Online-Angeboten der Presseverlage. Zum anderen sollen
       gewerbliche Nutzer zukünftig dafür bezahlen, dass sie die frei und
       kostenlos zugänglichen Online-Angebote der Verlage nutzen, also dort
       Artikel lesen.
       
       Welche Situation erwarten Sie im deutschsprachigen Internet, wenn das LSR
       so kommen sollte, wie es sich die Medienkonzerne wünschen? 
       
       Es würde im Zweifel dazu führen, dass viele Unternehmen - nach meiner
       Einschätzung auch die News-Aggregatoren und Suchmaschinen - die Webseiten
       der Verlage sperren, wenn sie darauf verzichten können. Und das ist weder
       im Sinne der Verlage noch der Nutzer noch der Informationsgesellschaft. Das
       Leistungsschutzrecht ist ein Irrweg, der an einer marktwirtschaftlichen
       Lösung vorbei zu einem neuen Geschäftsmodell führen soll.
       
       Auch die Journalistenverbände haben sich positiv zum LSR geäußert, weil sie
       glauben, dass es Redakteuren und Freien hilft. Zudem ist ja möglicherweise
       mehr Geld drin. 
       
       Nicht alle. Der Verband der freien Journalisten [5][Freischreiber]
       unterstützt IGEL und spricht sich damit klar gegen das Leistungsschutzrecht
       aus. DJV und DJU behaupten, sie würden am Verhandlungstisch sitzen, da das
       LSR ja ohnehin kommt, es stehe ja schließlich im Koalitionsvertrag. Ich
       halte diese Argumentation für vorgeschoben und habe für diese Haltung auch
       kein Verständnis. Jeder weiß, dass viele Ankündigungen in
       Koalitionsverträgen nicht umgesetzt werden. Und: Es ist ein
       Leistungsschutzrecht für Presseverleger, kein LSR für Journalisten. Wem,
       glauben Sie, wird das LSR letztlich nützen?
       
       Welche Auswirkungen sehen Sie auf die Arbeit von Journalisten? 
       
       Gewerbliche Nutzer sollen zukünftig dafür zahlen, die frei und kostenlos
       zugänglichen Webseiten von Verlagen zu nutzen. Das trifft auch
       Journalisten, vor allem natürlich die freien. Und wenn das LSR wirklich
       "Snippets", also kurze Textauszüge, erfassen und einem Monopolrecht
       unterwerfen soll, dann liegt wohl auf der Hand, was es für jeden bedeutet,
       der in deutscher Sprache öffentlich kommuniziert und publiziert.
       
       14 Dec 2010
       
       ## LINKS
       
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