# taz.de -- Ticker Neonazi-Trauermarsch Dresden: "Bis zum nächsten Wochenende"
       
       > Der rechte Spuk in Dresden ist für dieses Wochenende vorbei. Mehr als
       > 1.000 Neonazis marschierten durch die Stadt. Für den 19. Februar ist eine
       > weitere Großdemo angekündigt.
       
 (IMG) Bild: Neonazis marschieren mit Fackeln durch Dresden.
       
       In Dresden geht ein schwieriger Tag zu Ende. Nachdem die Rechtsextremen
       sich auf den Heimweg gemacht haben und auch die meisten Ansammlungen von
       Gegendemonstranten aufgelöst sind, fällt die Bilanz des Tages ambivalent
       aus: In Dresden fällt das Gedenken noch immer schwer. Bereits am frühen
       Morgen waren die Szenen verstörend, als die jüdische Gemeinde und die
       rechtsextreme NPD nahezu nebeneinander und ungestört ihre Kränze auf dem
       Heidefriedhof der Stadt niederlegten.
       
       Mit einer großen Menschenkette setzten dann zahlreiche Dresdnerinnen und
       Dresdner am Mittag ein beeindruckendes Signal in der Innenstadt. Über
       zehntausend Menschen kamen, demonstrierten friedlich und symbolisch gegen
       Rassimus, für den Frieden.
       
       Doch auch Ernüchterung bleibt. Natürlich: Bei ihrem geschichtsfälschenden
       "Trauermarsch" konnten die Neonazis nur völlig isoliert durch ein
       menschenleeres Stadtviertel laufen. Und um die Demonstration der
       Rechtsextremen nicht zu gefährden, verkürzte die Polizei ihre Demoroute.
       Gleichzeitig stimmt aber auch: Der wahrnehmbare Protest gegen sie in Hör-
       und Sichtweite beschränkte sich auf einige letzte Meter. Grund ist eine
       rigorose Politik der Stadt Dresden, die die Demonstration mit allen Mitteln
       durchsetzen wollte.
       
       Kein Grund allerdings für zu frühzeitige Bilanzen: Denn deutschlandweit
       mobilisiert das Bündnis "Dresden Nazifrei" erst für kommenden Samstag, wenn
       in Dresden erneut und möglicherweise weit mehr Rechtsextreme demonstrieren
       wollen. Dann werden auch weitaus mehr Gegendemonstranten aus ganz
       Deutschland erwartet, die mit zahlreichen Prominenten, Politikern und
       Verbänden zu zivilem Ungehorsam, Sitzblockaden und direkten Aktionen
       aufrufen. Das wird eine neue Chance, für eine neue Gedenkpraxis.
       
       +++ 
       
       taz.de berichtet auch am kommenden Samstag im Live-Ticker direkt aus
       Dresden. 
       
       +++ 
       
       Der Ticker vom 13.2.2011: 
       
       19.15 Uhr: Aktionsbündnis "Dresden Nazifrei" 
       
       Das Aktionsbündnis "Dresden Nazifrei" zeigt sich zufrieden mit den Aktionen
       gegen den Trauermarsch der Rechtsextremen. "Es war heute ein großer Erfolg.
       3.500 Leute haben wie angekündigt in Hör- und Sichtweite der Nazis
       demonstriert", sagte eine Sprecherin der taz. Dass man die Marschroute der
       Nazis verkürzt habe, setze ein klares Zeichen. Das Bündnis ist
       zuversichtlich am 19. Februar die geplante Kundgebung von Rechtsextremen
       blockieren zu können.
       
       19.05 Uhr: Hauptbahnhof 
       
       Im Hauptbahnhof haben alleine Neonazis Vorrang. Alle anderen Reisenden
       werden nicht an die Gleise gelassen. Einige Rechte sagen schon: "Toller
       Marsch. Nächstes Wochenende bin ich wieder dabei." Das Marschieren hat
       einige Rechte so hungrig gemacht, dass es ihnen anscheinend egal ist, dass
       sie auch an einem Imbissstand mit ausländischen Gerichten sich etwas zu
       essen holen. Schon schauen einige Kameraden skeptisch.
       
       18.55 Uhr: Hauptbahnhof 
       
       Der Veranstalter JLO hat den Marsch offiziell für beendet erklärt. Kleinere
       Gruppen der Rechten setzen sich ab und versuchen, an der Polizei vorbei in
       die Stadt zu kommen. Der Großteil von ihnen geht aber zum Bahnhof wo laut
       Polizei für sie die Abfahrt geregelt ist.
       
       18.50 Uhr: Abschlusskundgebung 
       
       Bei der Abschlusskundgebung am Hauptbahnhof singen die Nazis eine Strophe
       des Deutschlandliedes ("Deutschland, Deutschland, über alles").
       
       18.45 Uhr: Hauptbahnhof 
       
       Am Hauptbahnhof hat die Abschlusskundgebung der Rechtsextremen begonnen.
       Ein Redner der veranstaltenden Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO)
       spricht von mehr als 2.000 Teilnehmern. Ein Gastredner aus Litauen hält die
       Abschlussrede und beschwört darin die "alte Waffenbrüderschaft". Er wird
       von den Rechtsextremen herzlich und lautstark begrüßt.
       
       18.40 Uhr: 
       
       Über die Anzahl der Rechten gibt es unterschiedliche Angaben: Das
       Protestbündnis "Dresden Nazifrei" spricht von weniger als 1.000
       Demonstranten und feiert das in einer ersten Pressemittlung als "braune
       Schlappe". Die Veranstalter haben 2.400 Teilnehmer gezählt, ein
       Taz-Reporter kommt auf etwa 1.600 Nazis. Nur die Polizei war besonders
       gründlich. Nach ihren Angaben waren es exakt 1.291 Neonazis, die durch
       Dresden marschiert sind.
       
       18.30 Uhr: Hauptbahnhof 
       
       Mehr als 1.000 Gegendemonstranten haben sich südlich vom Hauptbahnhof
       versammelt und werfen Schneebälle gegen die Wasserwerfer der Polizei. Die
       Samba-Gruppen spielen dazu flotte Musik. Die Beamten fordern die
       Demonstranten auf, den Platz zu verlassen. Doch viele haben dazu keine
       Lust. Steffi, 35, sagt: "Wir lassen uns den Spaß von der Polizei nicht
       verderben."
       
       18.25 Uhr: Nürnberger Straße 
       
       Erste Verletzte: Einer Demonstrantin wird die Platzwunde am Kopf und die
       geprellte Rippe von Sanitätern verarztet. Zwei Aktivisten haben angeblich
       beobachten können, wie der Frau von hinten mit dem Schlagstock auf den Kopf
       geschlagen wurde. Sechs Beamte stehen um die Verletzte herum. "Was habt ihr
       hier zu suchen" fragt ein Polizist und droht mit einer Anzeige wegen
       Beamtenbeleidigung, als eine der Aktivistinen ihn weinend anschreit: "Das
       ist meine Mutter du Arschloch".
       
       18.20 Uhr: Fritz-Löffler-Straße 
       
       Ein halbes dutzend Studentenwohnheime werden von der Polizei bewacht,
       niemand darf raus. Aus den Fenstern ist lauter Protest zu hören. In den
       Seitenwegen sucht die Polizei hektisch nach Gegendemonstranten. Die Spitze
       des Nazi-Aufmarsches erreicht derweil schon den Hauptbahnhof.
       
       18.18 Uhr: Fritz-Löffler-Straße/Reichenbach-Straße 
       
       Erstmals gibt es lautstarken Protest an der Route, als die Neonazis
       vorbeiziehen. Getrennt von zahlreichen Polizeiwannen und Absperrgittern
       passieren nun die rechtsextremen eine Ansammlung von einigen hundert
       Nazi-Gegnern. Menschen stehen an der Straße und an den Fenstern. Prompt
       brechen die Rechten das Schweigen und brüllen "Antifa verrecke". Über allen
       schwebt ein Hubschrauber. Kurz darauf ziehen die Gegendemonstranten
       parallel zum Nazi-Marsch in Kleingruppen weiter.
       
       18.10 Uhr: Fritz-Löffler-Platz: 
       
       Die Veranstalter haben die Versammlung inzwischen offiziell beendet. Der
       Platz ist weitgehend geleert, die Teilnehmer verteilen sich in verschiedene
       Richtungen. Für manche ist es ein Misserfolg, andere sehen auch das
       Positive: "Natürlich ist es doof, dass die Rechtsextremen marschieren
       können. Ich halte es aber für einen Erfolg, dass sie wegen uns ihre Route
       ändern mussten", sagt der 23-jährige Student Tobias.
       
       17:59 Reichenbach-Straße 
       
       Die Route des rechtsextremen Marsches wurde nach taz-Informationen
       verkürzt, um die Konfrontation mit den Gegendemonstranten am
       Fritz-Löffler-Platz zu vermeiden. Durch die Änderung wird vermutlich der
       Zellescher Weg ausgelassen.
       
       17.57 Uhr Reichenbach-Straße 
       
       Unter Nazigegnern kursiert das Gerücht, dass die Route der Neonazis
       verkürzt werden soll. Sie könnte durch die Reichenbachstraße führen. Eine
       Parallelstraße zur ursprünglichen Planung. Mit der Wegänderung könnten die
       Nazis einer Begnung mit den Gegendemonstranten aus dem Weg gehen. Die
       Reichenbachstraße ist leer. Hier ist nicht mit Blockadeaktionen zu rechnen.
       Ein Polizeisprecher wollte gegenüber der taz keine Wegeänderung bestätigen,
       weil die Polizei aus sicherheitstechnischen Gründen dazu keine Angaben
       mache.
       
       17.50 Uhr: Nürnberger Straße 
       
       Rund 200 Demonstranten vom Fritz-Löffler-Platz haben sich abgespalten und
       protestieren nun an der Nürnberger Straße. Sie skandieren den Polizisten
       entgegen: "Wir sind viele, was seid Ihr?" Die Polizei drängt die
       Gegendemonstranten gewaltsam zum Nürnberger Platz ab. Auch ein taz-Reporter
       wird mit einem Stock angegriffen - der Hinweis, dass er von der Presse ist,
       wird ignoriert: "Ist mir jetzt scheißegal", so der Beamte wörtlich.
       
       17.47 Uhr: Ackermannstraße 
       
       Es wirkt gespenstisch. Vereinzelt leuchten die Fackeln und schweigend zieht
       ein doch wesentlich größerer Neonazi-Aufmarsch durch die Straßen, als
       vorher von der Polizei angenommen und durchgeben wurde. Die Rechten sind
       zufrieden. Schon jetzt beginnen sie, Erinnerungsfotos von sich und ihren
       Anhänngern auf dem Marsch zu machen. Ganz vereinzelt schauen Anwohner aus
       dem Fenster oder stehen auf dem Balkon. Nur hier und da erschallt ein "Nazi
       Raus"-Ruf.
       
       17.45 Uhr: Hauptbahnhof 
       
       Die unangekündigte Demonstration am Hauptbahnhof hat sich mittlerweile
       weitgehend aufgelöst. Die Polizei forderte vor wenigen Minuten die
       verbliebenen Demonstranten auf, den Platz zu verlassen. Ein Sprecher des
       Bündnisses "Dresden Nazifrei" zeigte sich gegenüber der taz zufrieden, dass
       dort - in unmittelbarer Nähe der Kundgebung der Rechtsextremen - ein
       spontaner, größerer Protest möglich war.
       
       17.36 Uhr: Fritz-Löffler-Platz 
       
       Die Entscheidung, ob noch ein Versuch gestartet wird, um auf die
       Marschroute der Nazis zu kommen wird von der Gruppe aller Delegierten auf
       dem Fritz-Löffler-Platz mit einem deutlich "Ja" entschieden. In Gruppen
       werden jetzt die Strategien besprochen. Ein Taz-Reporter ist am Strehlener
       Platz und kann keine Blockade entdecken.
       
       17.33 Uhr: Fritz-Löffler-Platz 
       
       Im Plenum wird die Nachricht diskutiert, die Polizei plane eine verkürzte
       Route für die Nazis, die nicht am Fritz-Löffler-Platz vorbeiführt. In
       Kleingruppen soll entschieden werden, ob die Kälte langsam genug sei und
       man sich zurückziehe oder ob versucht werden soll, zur Blockade
       vorzustoßen. Angeblich gibt es eine erfolgreiche Blockade am Strehlener
       Platz, heißt es vom Lautsprecherwagen. Die Menge jubelt.
       
       17.30 Uhr: Nazi-Marsch 
       
       Etwa 1.600 Rechtsextreme sind auf der Straße und marschieren. Darunter ist
       auch die gesamte achtköpfige Landtagsfraktion der Sachsen-NPD.
       
       17.25 Uhr: Strehlener Straße 
       
       Der Nazi-Marsch zieht schweigend durch die Straße. An der Häusern hängen
       keine Transparente gegen die Rechten. Auf der Straße sind keine Anwohner.
       Über dem Stadtteil kreist ein Helikopter.
       
       17.15 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Der Marsch der Neonazis hat sich in Richtung Strehlener Straße in Bewegung
       gesetzt. Die Nazis frieren, sie mussten schon lange stehen. Vier Frauen
       halten das Führungstransparent. Auf ihm steht: "Flucht, Vertreibung,
       Bombentod. Eure Opfer - unser Auftrag". Hinter dem Transparent halten zwei
       Neonazis einen Kranz, vier Rechte haben sich als Skelette verkleidet und
       tragen Kreuze. Die ersten Fackeln sind angezündet worden. Unter den
       Demonstranten sind Autonome Nationale, NPD-Parteifunktionäre aber auch
       einige Rentnerinnen und Rentner.
       
       17.10 Uhr Fritz-Löffler-Platz 
       
       Die Lage ist ruhig. Mittlerweile sind es etwa 1.000 Menschen, zumindest da
       sind sich Polizei und Aktivisten einig. Nur die Sambagruppe macht noch
       Stimmung und die Durchsagen der Polizei hallen regelmäßig durch die Luft,
       man möge sich 30, 50, dann irgendwann 100 Meter zurückziehen. Doch die
       Menge bleibt: "da hält sich doch eh keiner dran", sagt einer gelangweilt.
       
       17.00 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Der Marsch der Neonazis kann noch nicht losgehen, weil überraschend für die
       Polizei eine Gruppe von mindestens 60 Neonazis erst jetzt zum
       Veranstaltungsort kommt. Sie wird von der Polizei eingekesselt und muss
       noch kontrolliert werden.
       
       16.55 Uhr: Bayerischer Platz 
       
       Rechte Reaktion auf [1][die Nazileaks der taz]: Der Rechtsextreme
       NPD-Funktionär Udo Pastörs aus Mecklenburg-Vorpommern reagiert am Rande der
       NPD-Demo auf die Veröffentlichung von NPD-Mails durch die taz: "Es sorgt
       für Verstimmung innerhalb der Partei, dass die Parteizentrale in Berlin
       offenbar nicht in der Lage ist, den Mailverkehr ordentlich zu
       verschlüsseln."
       
       16.50 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Die Neonazis formieren sich zum Marsch. Die Route wurde nicht geändert.
       
       16.45 Uhr: Hauptbahnhof 
       
       Bahnreisende sollten heute überpünktlich sein. Vor dem Eingang des
       Bahnhofes steht eine lange Schlange Reisender. Polizisten prüfen
       Personalien und Fahrausweis jedes Einzelnen. Hier herrscht ganz offenbar
       Ausnahmezustand.
       
       16.35 Uhr: Fritz-Löffler-Platz 
       
       Es heißt, auf der Südseite des Platzes würden wieder Leute von der Polizei
       herausgegriffen werden. Der Polizeisprecher sagt, sie hätten nicht vor, die
       Kundgebung aufzulösen.
       
       16.31 Uhr: Nordseite Hauptbahnhof 
       
       An der Nordsseite des Hauptbahnhofs, wo mehrere hundert Nazi-Gegner
       versammelt sind, sieht ein Gegendemonstrant die Angelegenheit pragmatisch:
       "Jetzt noch ein bisschen demonstrieren, dann gehen wir aber einen saufen."
       
       16.30 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Die Neonazis stehen noch auf dem Versammlungsplatz. Über die Polizeigitter
       streiten ältere Dresdner mit den Rechten. "Ihr habt doch keine Ahnung",
       schimpft einer der älteren Herren.
       
       16.27 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Die Nazi-Kundgebung auf dem Friedrich-List-Platz hat angefangen. Der erste
       Redner spricht: Olaf Rose ist NPD-Fraktionsmitarbeiter. Er beschwerte sich
       zu erst, nur vor Kameraden zu sprechen.
       
       16.25 Uhr: Polizeipräsidium 
       
       Gegenüber der taz bestätigt ein Sprecher der Polizei den Drohneneinsatz,
       über den bereits auf Twitter spekuliert wurde. "Im Rahmen der heutigen
       Polizeimaßnahmen war in der Tat eine Drohne im Einsatz", so der Sprecher:
       "Das ist aber völlig legitim." Bereits bei früheren Einsätzen, etwa im
       Rahmen von Fußballspielen, seien diese benutzt worden. Genauere Angaben zum
       heutigen Einsatz wollte die Polizei zunächst nicht machen.
       
       16.08 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Links und rechts der Absperrungen stehen sich ältere Menschen gegenüber -
       und diskutieren. Die auf der Seite der Gegendemonstranten werfen den
       Senioren gegenüber vor, an einer Nazi-Demonstration teilzunehmen. Diese
       bestreiten das: "Sehen Sie hier welche?", fragt eine ältere Dame, während
       hinter ihrem Rücken autonome Nationalisten in Thor-Steinar-Kleidung stehen.
       
       16.05 Uhr: Fritz-Löffler-Platz 
       
       Wasserwerfer und Pferdeeinheiten werden in der Nähe der Demonstranten
       zusammengezogen. Über den Lautsprecher der Protestierer wird die Polizei
       aufgerufen, sich zum Hauptbahnhof zurückzuziehen. "Das ist die erste
       Aufforderung", die Menge lacht.
       
       Daraufhin reagiert die Polizei mit der Durchsage, die Demonstranten sollen
       sich 30 Meter von der Absperrung zurückziehen. "Nur zu ihrer Sicherheit"
       sagt ein Polizist vom Antikonfliktteam. Ein IG-Metaller kontert, sein
       Arbeitgeber habe ihm auch gesagt, durch seine Lohnkürzung würde sein
       Arbeitsplatz gesichert. "Diese Sicherheit hat genau drei Monate gehalten.
       Ich gehe hier nicht mehr weg." 
       
       16 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Die Polizei sagt, dass 700 Neonazis inzwischen auf dem Friedrich-List-Platz
       sind. Angemeldet hatte der Veranstalter 1.500 Teilnehmer.
       
       15.50 Uhr: Fritz-Löffler-Platz 
       
       Nachdem immer wieder Polizisten in die Menge der Demonstranten vorgerückt
       sind, um einzelne Personen herauszugreifen, schaltet sich der ebenfalls
       teilnehmende Oberbürgermeister Jenas ein: "Ich habe bei der Polizei um
       Deeskalation gebeten", sagt Albrecht Schröter der taz. Die Polizei habe ihr
       Verhalten damit gerechtfertigt, dass Demonstrationsteilnehmer vermummt
       gewesen wären.
       
       15.55 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Es reisen immer noch Neonazis an. Am Beginn des Versammlungsplatzes der
       Rechtsextremen ist der Gegenprotest von der anderen Seite des Bahndamms zu
       hören. Die NPD-Fraktion aus Sachsen ist mittlerweile auch mit einem
       Kleinbus vorgefahren.
       
       15.50 Uhr: Fritz-Löffler-Platz 
       
       Eine alte Dame wird zum Kaffee trinken von der Polizei auf die gesperrte
       Strecke durchgelassen. Während sie wartet kommen ihr die Tränen: "Ich war
       sieben Jahre alt, als Deutschland befreit wurde. Mein Vater starb in den
       Trümmern. Das ist so lang her, ich bin beeindruckt, das heute noch so viele
       auf die Straße gehen."
       
       15.45 Uhr: Drohnen im Einsatz? 
       
       Auf Twitter melden seit kurzem mehrere User, sie hätten in Dresden
       Polizeidrohnen beobachtet: "Werden von der Polizei gefilmt über uns fliegen
       Drohnen" (Nutzer MrJohnNada). Twitter-Nutzer peter_der_koch hat in seinem
       Tweet auf den Flickr-User "Elbflorenz" verlinkt, der offenbar eines der
       fliegenden Überwachungsgeräte fotografiert und das Foto [2][bei Flickr
       online gestellt].
       
       15.35 Uhr: Seestraße 
       
       In der Altstadt würde man kaum merken, dass etwas besonderes los ist. Nur
       der Polizeihubschrauber kreist über den Dächern und erinnert einen an den
       Aufmarsch der Neonazis. Darauf angesprochen, warum sie sich nicht an der
       Gegendemo beteiligt, sagt eine ältere Dame, sie habe bereits bei der
       Menschenkette mitgemacht und geht jetzt nach Hause.
       
       15.20 Uhr: Fritz-Förster-Platz 
       
       Auf Nachfrage der taz streitet ein Einsatzleiter ab, dass die eingekesselte
       Gruppe festgesetzt werden soll. Kurze Zeit später dürfen die Demonstranten
       weiterziehen. Ein Teilnehmer sucht derweil lautstark seine Kopfbedeckung,
       die er offenbar während das Kesseln verloren hatte: "Wo ist meine Mütze?
       Die ist von meiner Oma!"
       
       15.15 Uhr: Fritz-Förster-Platz 
       
       Rund 50 Demonstranten haben sich von der großen Kundgebung am
       Fritz-Löffler-Platz losgerissen und bahnen sich nun den Weg durch die
       Polizeisperren - oder drum herum. Am Universitätssportzentrum wird etwa die
       Hälfte der Gruppe von der Polizei eingekesselt. Auch der taz-Reporter vor
       Ort wird nicht aus dem Kessel gelassen.
       
       15.10 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Nicht alle Neonazis gehen gleich auf den Versammlungsplatz der von
       Polizeigittern eingereist ist. Vermutlich wollen sie sich nicht durchsuchen
       lassen. Denn am Eingang hat die Polizei eine "Kontrollstelle" eingerichtet.
       
       Kerstin Köditz, antifaschistische Sprecherin von der Landtagsfraktion Die
       Linke in Sachsen sagt vor Ort: "Noch sind es nicht sehr viele Neonazis,
       sollten es bei dieser Teilnehmerzahl bleiben, ist es für die Neonazis eine
       Niederlage". Hoffen sei doch erlaubt schieb sie lächelnd nach.
       
       Der Marsch soll laut Anmeldung nun beginnen. Auffallend: Die NPD-Fraktion
       aus Sachsen um Holger Apfel fehlt. "Die Kameraden frieren und die
       Abgeordneten sind noch nicht da, ja ja ..." scherz ein Journalist.
       
       15.05 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Die rechtsextreme Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) hatte den
       Beginn ihrer Kundgebung für 15 Uhr angemeldet. Bis jetzt sieht es noch gar
       nicht nach einem Start in der nächsten halben Stunde aus. Die Vorkontrollen
       der Polizei sind auch noch nicht abgeschlossen.
       
       15 Uhr: Frauenkirche 
       
       Vor der Frauenkirche steht in großen Lettern aus Kerzen das Wort Shoah auf
       dem Platz geschrieben. In der Kirche beginnen die Konzerte unter dem Motto
       "Da pacem domine". Etwa 300 Menschen sind gekommen, um der Opfer von
       Kriegen zu gedenken und um Frieden zu bitten.
       
       In Dresdens Altstadt scheint die Normalität wider einzukehren. Die
       Straßenbahn fährt wieder und nur vereinzelt patroulliert die Polizei. Bei
       McDonalds ist der Andrang nach der Menschenkette riesig, die Schlangen vor
       den Klos sind lang. "Ich kann zufrieden sein", sagt die Klofrau.
       
       14.50 Uhr: Aus den Nachrichtenagenturen 
       
       Mit einer Menschenkette haben tausende Dresdner am 66. Jahrestag der
       Zerstörung der Stadt gegen Rechtsextremisten protestiert. "Auch in diesem
       Jahr werden wir unser Dresden zu schützen wissen", sagte der Zweite
       Bürgermeister Detlef Sittel, der gemeinsam mit Ministerpräsident Stanislaw
       Tillich und Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (alle CDU) die
       Menschenkette eröffnete. Neonazis dürfe keinen Raum gegeben werden, sagte
       Sittel. Sie besudelten das Andenken der Opfer von Krieg und
       Gewaltherrschaft.
       
       De Maiziere sagte, es scheine, als ob sich weniger Neonazis am Sonntag in
       Dresden versammelten. "Das ist ein Sieg für diese Bewegung und ein starkes
       Votum für die Demokratie", sagte er. Er forderte die Menschen auf,
       friedlich gegen den Neonazi-Aufmarsch zu protestieren. Im Falle von
       gewaltsamen Blockaden seien die Polizisten die Leidtragenden, betonte der
       CDU-Politiker. Regierungschef Tillich sagte, es gehe erneut ein starkes
       Signal von Dresden aus.
       
       Die Menschenkette erstreckte sich vom Rathaus aus an Synagoge und Altmarkt
       vorbei bis über die Carola- und Augustusbrücke in die Neustadt. Während die
       Kette geschlossen wurde, läuteten die Glocken aller Kirchen in der
       Innenstadt. (dapd) 
       
       14.40 Uhr: Nordseite Hauptbahnhof/Wiener Platz 
       
       Auf dem Wiener Platz versammelt sich eine große Anzahl an Menschen. Nur
       durch den Bahnhof und die Gleisanlagen sind hier bislang etwa 2.000
       Gegendemonstranten von den Rechtsextremisten getrennt. Die Polizei lässt
       niemanden durch und zieht offenbar eine größere Anzahl von Mannschaftswagen
       zusammen.
       
       14.35 Fritz-Löffler-Platz 
       
       Die Kundgebung auf dem Fritz-Löffler Platz wurde jetzt offiziell genehmigt,
       jedoch nur "stationär". Die Polizei geht von 750 Personen aus. Eine
       entschiedene Gruppe von 70 Leuten hat sich abgespalten und ist in Richtung
       Eisenstuck-Straße losgezogen.
       
       14.32 Uhr: Rathausplatz 
       
       Nach taz-Informationen wird die Mahnwache, die von den Grünen am Denkmal
       der Trümmerfrauen geplant war, nicht stattfinden. Laut einem
       Grünen-Sprecher soll dort niemand auf die Grünen warten.
       
       14.30 Uhr: Fritz-Löffler-Platz 
       
       Die Zahl der Gegendemonstranten ist auf etwa 600 angestiegen. Alle 15
       Minuten kommen Delegierte zu den Plenumssitzungen der verschiedenen
       Bezugsgruppen zusammen. Die Mehrheit war dort dafür, nicht auf die
       Nazi-Strecke zu gehen. Kurz nach der Entscheidung wurde durchgesagt, dass
       bereits rund 2.000 Teilnehmer in Richtung Bahnhof aufgebrochen sind.
       
       14:30 Uhr: 
       
       Das Aktionsradio ColoRadio berichtet, dass in der Franz-List-Straße
       Polizisten in die Straßenbahnlinien 9 und 13 eingestiegen sind. Dort sollen
       sie nun offenbar die Passagiere kontrollieren.
       
       14.25 Uhr: Hauptbahnhof 
       
       Eine erste größere Gruppe von etwa 70 Neonazis ist angereist. Die meisten
       sind im Chic der "Autonomen Nationalisten" gekleidet. Sie waren mit einem
       Zug aus Leipzig angereist. In dem Zug aus Leipzig waren auch
       Gegendemonstranten. "Das war nicht schön" sagt eine von ihnen am Bahngleis.
       Die Polizei hatte aber die große Neonazigruppe gleich im Zug separiert,
       berichtet sie.
       
       14.12 Uhr: Rathausplatz 
       
       Nach dem Ende des Glockengeläuts applaudieren die Menschen. Wie eine
       Laola-Welle des Beifalls wandert der Applaus durch die Menschenkette.
       Manche singen das Lied "Dona Nobis Pacem", ein Mann spielt auf seiner
       Mundharmonika "Freude schöner Götterfunke". Dann löst sich die
       Menschenkette auf. Doch viele kommen nicht heim, weil der Öffentliche
       Nahverkehr nicht funktioniert. Ein großer Teil bleibt vorerst im Zentrum.
       
       14.10 Uhr: St. Petersburger Straße/Akademiestraße 
       
       In der Menschenkette halten sich auch die Bundestagsvizepräsidentinnen
       Petra Pau (Linkspartei) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) an den Händen.
       Sie hatten gemeinsam mit Bundestagsvizepräsident Wolfang Thierse (SPD) und
       weiteren 15 Bundestagsabgeordneten zu Demonstrationen und Blockaden
       aufgerufen. Auf die Frage, ob sie sich auch an einer Sitzblockade
       beteiligen werde, sagte Petra Pau der taz: "Wo ich heute abend bin, das
       weiß ich noch nicht, aber die unterschiedlichen Formen des Widerstandes
       dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden."
       
       14.08 Uhr: Fritz-Löffler-Platz 
       
       Die Polizei hat versucht die Blockierer auf eine Spur zu drängen, hat es
       aber nicht geschafft. Es sind etwa 300 Leute da, sie blockieren die
       geplante Zufahrtsstrecke der Nazibusse, wärmen sich mit Tee und Sambamusik.
       
       14.00 Uhr: Nördliches Elbufer 
       
       Die Glocken läuten. Am nördlichen Elbufer sind so viele Dresdner zur
       Menschenkette gekommen, dass sie in mehreren Reihen stehen. Alle stehen
       schweigend eng aneinander.
       
       13.58 Uhr: Schießgasse 
       
       Hier stehen die harten Jungs: Auch die Erstliga-Spieler des American
       Football-Teams "Dresden Monarchs" beteiligen sich an der Menschenkette. Der
       Right Tackle Aaron Wahl, 20, sagt: "Wir sind als Mannschaft gebeten worden
       hier als Teil Dresdens unsere Anteilnahme zu zeigen und um die Opfer der
       Bombennacht zu trauen." Auch sein Großvater sei in dieser Nacht gestorben.
       Markus Thater, 19, Defensive Back, sagt: "Uns geht es um die Opfer, aber
       auch um ein Signal gegen Rassismus."
       
       13.56 Uhr: Heilig Kreuz Kirche 
       
       Ein Taz-Redakteur hat die etwa 3,5 Kilometer Menschenkette mit dem Rad
       abgefahren. Nach einer ersten Schätzung berichtet er von knapp 8.000
       Menschen. Die Veranstalter sprechen von 10.000 bis 15.000 Menschen. Seit
       13.45 Uhr ist die Menschenkette geschlossen. In der gesamten Kette konnte
       keine Unterwanderung durch Neonazi festgestellt werden. Der Aufruf der JLO
       scheint damit ins Leere gelaufen zu sein.
       
       13.47 Uhr: Augustusbrücke 
       
       Es gibt offenbar an manchen Stellen zu viele Dresdner für die
       Menschenkette. Deshalb beginnen die Teilnehmer jetzt, sich auch am anderen
       Elbufer aufzustellen - wo ursprünglich keine Kette vorgesehen war. Ein
       Ordner grinst und sagt: "Wir verlängern einfach."
       
       13.40 Uhr Altmarkt 
       
       Die Menschenkette hat Formen angenommen, hunderte Meter lang stehen
       Menschen. Es wird deutlich, dass doch mehrere tausend Dresdner in die
       Altstadt gekommen sind. Auch Kornelia Möser, 46, und ihre Mutter Isa
       Theisz, 70, beteiligen sich: "Ich kenne das Deutschtum nur aus der
       Geschichte. Wir stehen hier, weil wir nicht wollen, dass sich die deutsche
       Geschichte noch einmal wiederholt." Einige Aktivisten verteilen Flyer. Sie
       fordern die Menschen auf dem Altmarkt auf, die Neonazis am Nachmittag auch
       tatsächlich zu blockieren.
       
       13.30 Uhr: Fritz-Löffler-Platz 
       
       Ein Polizist des Anti-Konflikt-Teams funkt: "Es hat sich eine Versammlung
       angemeldet, wir ziehen uns jetzt zurück." Sein Kollege lacht: "Na gut, wir
       haben guten Willen gezeigt." 20 Meter weiter hinter der Absperrung
       amüsieren sich ihre Kollegen noch bei einer Schneeball-Schlacht. Aus dem
       Lautsprecher der Blockierer kommt die Empfehlung, es sich langsam mal
       gemütlich zu machen und sich hinzusetzen: "Die Polizei rüstet auf, das ist
       schon mal ein gutes Zeichen."
       
       13.26 Uhr: Rathausplatz 
       
       Die Menschenkette beginnt sich vor dem Rathaus zu formieren. Lothar de
       Maizière, der in Dresden wohnt, erklärte im Gespräch mit Bürgern: "Mein
       ganzes Bestreben geht dahin, dass wir in Dresden nach und nach wieder zum
       stillen Gedenken kommen. Alles was laut ist, ist nicht gut." Dann wird er
       nach der Legitimität von Blockaden gefragt und antwortet: "Das Aufhalten
       von genehmigten Demos ist nicht Sache von Bürgern, sondern die Sache der
       Polizei." Dann verteidigt er das Trennungskonzept der Dresdner
       Verwaltungsbehörden. Seiner Auffassung nach, gehört die räumliche Trennung
       der zwei Lager durch die Elbe dazu. Daraufhin erhitzen sich die Gemüter der
       umstehenden Dresdner. Einer ruft laut, dass die Polizei die Neonazis nicht
       nur vor Extremisten schütze, sondern eben auch vor den Bürgern der Stadt.
       Lothar de Maizière bricht die Diskussion ab und zieht sich zurück.
       
       13.20 Uhr: Prager Straße 
       
       Die Polizei will auf Nummer sicher gehen: Um die Demonstration der
       Rechtsextremen nicht zu gefährden, weist sie bereits hundert Meter nördlich
       des Hauptbahnhofs in der Fußgängerzone Prager Straße sämtliche Menschen ab,
       die irgendwie "alternativ" aussehen.
       
       13.17 Uhr: Öffentlicher Nahverkehr 
       
       Das Aktionsradio ColoRadio hat Hinweise bekommen, dass der öffentliche
       Nahverkehr beeinträchtigt ist. Insbesondere sollen angeblich die
       Straßenbahnen nicht mehr fahren. Ein Polizeisprecher sagt im Interview, er
       könne das nicht bestätigen.
       
       13.07 Uhr: Rathausplatz 
       
       In einer Ansprache mahnt Dresdens Zweiter Bürgermeister Detlef Sittel: "An
       Opfer gedenken heißt: allen Nazi-Opfern zu gedenken. Wir wissen, dass der
       Krieg von Deutschen begonnen wurde und die Brandfackel der Nazis auf
       Dresden zurückfiel."
       
       13.04 Uhr: Friedrich-List-Platz 
       
       Weitere Neonazi treffen hier ein. Zum Versammlungsort müssen sie nur die
       Straße Links runter. Sie fragen bei der Polizei aber dennoch nach den Weg.
       
       13 Uhr: 
       
       Dresden Fernsehen berichtet live über die Anti-Nazi-Menschenkette - auch
       [3][per Livestream im Internet].
       
       12.56 Uhr: Rathausplatz 
       
       Bislang haben sich höchstens 1.000 Gegendemonstranten am Rathausplatz
       versammelt. Kein gutes Vorzeichen, denn für die geplante Menschenkette
       werden voraussichtlich mindestens 10.000 Teilnehmer benötigt.
       
       12.48 Uhr: Südseite des Hauptbahnhofs 
       
       Langeweile im Wasserwerfer. Die Polizeibeamten im Fahrzeug räkeln sich auf
       ihren Sitzen. Manche schauen entspannt aus dem Fenster, einer liest im
       Dresden-Reiseführer.
       
       12.45 Uhr: Franklinstraße 
       
       Twitter-Nutzer melden, dass die Franklinstraße gesperrt ist - und
       inzwischen auch mit Polizeihunden gesichert wird.
       
       12.40 Uhr: Münchner Straße, Ecke Fritz-Löffler-Straße 
       
       Ein Polizeiführer sagt der taz auf Nachfrage, ob die Versammlung erlaubt
       sei: "Eindeutig nein." Die Versammlung könne "nicht gleich, aber in
       absehbarer Zeit" geräumt werden.
       
       12.47 Uhr: Aus den Nachrichtenagenturen 
       
       Mit einer Kranzniederlegung auf dem Dresdner Heidefriedhof ist am Sonntag
       an die Opfer des Zweiten Weltkriegs erinnert worden. An der traditionellen
       Veranstaltung zum Jahrestag der Bombenangriffe auf Dresden im Februar 1945
       nahmen unter anderen Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der
       Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer,
       und der evangelische Landesbischof Jochen Bohl teil.
       
       Bürgermeister Detlef Sittel (CDU) rief alle Dresdner zum Gedenken an die
       Opfer der Bombenangriffe auf. Zugleich warnte er vor einem Missbrauch des
       Gedenktages durch Neonazis. Rechtsextremen dürfe in Dresden kein Podium zur
       Geschichtsverdrehung gegeben werden, betonte Sittel, der Oberbürgermisterin
       Helma Orosz vertrat.
       
       Die Kranzniederlegung wurde von mehreren Hundert Dresdnern begleitet. Zum
       "Zeichen für ein wahrhaftiges Erinnern" trugen viele Teilnehmer eine weiße
       Ansteckrose.
       
       Unter die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung mischten sich auch rund 100
       Rechtsextreme, darunter mehrere Landtagsabgeordnete der NPD. Zudem kam es
       zu Rangeleien, als die Polizei gegen eine Gruppe von rund 30
       linksgerichteten Demonstranten vorging, die lautstark Parolen skandiert
       hatten.
       
       Bei den alliierten Bombenangriffen am 13. und 14. Februar 1945 auf Dresden
       waren bis zu 25.000 Menschen ums Leben gekommen. Neonazis versuchen seit
       Jahren, den Gedenktag für ihre Zwecke umzudeuten und zu missbrauchen.
       (dapd) 
       
       12.45 Uhr: Carolabrücke 
       
       Der Zugang über die Brücken von der Neustadt in die Altstadt sind frei. Die
       Polizei beobachtet zwar, kontrolliert aber nicht. Die Menschen sind auf dem
       Weg zum Rathaus, wo um 13 Uhr die Menschenkette beginnen soll. Dort werden
       sie von der Dresdner Tafel mit Schokolade und heißem Tee empfangen.
       
       12.40 Uhr: Münchner Straße, Ecke Fritz-Löffler-Straße 
       
       Langsam füllt sich die Ecke. Mittlerweile sind hier an der Südseite des
       späteren Naziaufmarsches rund 150 Menschen eingetroffen. Nach und nach
       kommen immer mehr Einzelpersonen dazu.
       
       12.35 Uhr: Münchner Straße, Ecke Fritz-Löffler-Straße 
       
       Jetzt gibt es eine Durchsage: Die Gruppe solle zuammenbleiben, weil
       Einzelne in den Nebenstraßen schon Platzverweise erhalten hätten. Ein Mann
       witzelt am Rande: "Boah, bei dem Polizeiaufgebot dachte ich zuerst, dass
       Mubarak in Dresden ist." Jetzt ist Tee da.
       
       12.30 Uhr: Bayrische Platz 
       
       Die ersten Neonazis sind auf ihren Versammlungsort hinter dem Bahnhof
       eingetroffen. Im Bahnhof beobachten Polizeikräfte die ankommenden Reisenden
       sehr genau. Nach typischer Szenekleidung würde geschaut, sagt ein Beamter.
       Auch um links und rechts auseinanderzuhalten? Ein Lächeln folgt auf die
       Frage und mehr nicht.
       
       12.25 Uhr: Münchner Straße, Ecke Fritz-Löffler-Straße 
       
       Mutig sind sie ja: Im Im Schnee sortieren sich nun rund 50 Menschen nach
       "Demopraxis" und "Aktionserfahrung" von Links nach rechts. Mehr Erfahrung
       steht rechts, weniger Links. Jetzt erfahren sie was "Bezugsgruppen" sind.
       Auf dem Boden liegen zwei Planen, damit sie gleich nicht ganz im Schnee
       sitzen müssen.
       
       12.20 Uhr: Münchner Straße, Ecke Fritz-Löffler-Straße 
       
       Die Nazi-Schneise steht: Auf der südlichen Seite des abgesperrten
       Stadtbezirks südlich des Hauptbahnhofs stehen rund 60 Nazi-Gegner und
       beraten was sie tun. Die Aufmarschstrecke ist mit Gittern abgesperrt.
       Gerade ist ein Bus mit Lautsprechern angekommen. Jetzt gibt es Infos: An
       der UFA soll es eine Kundgebung mit 300 Leuten geben, die versuchen,
       hierher zu kommen, sagt ein Mann durchs Megafon. Gleich folgt ein Plenum,
       dann ein Ad-hoc-Blockadeplenum. Zudem soll es Tee geben, sagt der Mann.
       Erleichterung unter den Nazigegnern, denn es ist kalt.
       
       12:17 Strehlener Platz: 
       
       Mehrere Twitter-Nutzer berichten übereinstimmend, dass die Polizei am
       Strehlener Platz Wasserwerfer auffahren lässt.
       
       12.15 Uhr: Heidefriedhof 
       
       30 Antifas wurden von der Polizei kontrolliert und fotografiert. Laut
       Polizisten soll eine Strafanzeige der Stadt Dresden wegen Hausfriedensbruch
       und Störung der Friedhofsordnung vorliegen. Die Versammlung löst sich
       derweil auf, Teilnehmer warten außerhalb des Friedhofs auf Busse.
       
       12.12 Uhr: Nürnberger Platz 
       
       Einige Polizeiautos sind aufgefahren und in einigen hundert Metern
       Entfernung vom Platz werden bereits die Personalien von Passanten
       kontrolliert.
       
       11:56: Hauptbahnhof 
       
       Wer auf die Südseite des Hauptbahnhofs will, wo die Nazis sich sammeln
       werden, hat keine Chance mehr durch die Unterführung zu kommen. Die Polizei
       hat sie abgeriegelt.
       
       11.55 Uhr: Südlich des Hauptbahnhofs 
       
       Es hat den Flair einer Geisterstadt: südlich des Dresdner Hauptbahnhofs ist
       ein ganzes Stadtviertel isoliert. Die Fritz-Löffler-Straße zwischen den
       Plattenbauten ist komplett leer - außer einigen wenigen Fußgängern
       dominiert die Polizei das Stadtbild. Einige Sanitäter laufen umher,
       ansonsten ist es still.
       
       11.48 Uhr: Heidefriedhof 
       
       Zum Schluss der Kranzniederlegung auf dem Heidefriedhof gedenken 50 Nazis
       ungestört vor dem Mahnmal. Der Kranz der CDU liegt neben dem vom Ring
       Nationaler Frauen, der vom Zentralrat der Juden neben dem von der Jungen
       Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO). Sie werden von Ordnern der NPD
       bewacht. Ganz leise hört man aus der Ferne Sprechchöre.
       
       11.40 Uhr: Hauptbahnhof 
       
       An der Südseite des Hauptbahnhofes, da wo am Nachmittag die Rechtsextremen
       erwartet werden, stehen dutzende von Polizeieinsatzwagen. Vier Großbusse,
       etliche Wannen, zwei Räumpanzer, drei Wasserwerfer. Der Ausgang vom Bahnhof
       ist hier schon für den Durchgang gesperrt. Die Polizei will mit allen
       Mitteln verhindern, dass Gegendemonstranten in das Stadtgebiet südlich des
       Bahndamms drängen, der die Neonazis von den Gegendemonstranten schützen
       soll. Auch Bahnunterführungen sind bereits gesperrt.
       
       11.26 Uhr: Comeniusplatz 
       
       Der Rundgang "Täterspuren" sollte hier beginnen. Doch wegen des Verbots
       haben knapp 300 Menschen an einer alternativen Kundgebung teilgenommen. Der
       Jenaer Bürgermeister Albrecht Schröter (SPD) erklärte: "Er fühlt sich eins
       mit dem Grundgesetz und nimmt dafür auch eine Ordnungswidrigkeit in Kauf."
       Es gab nur eine geringe Polizeipräsenz. Die Beamten schritten nicht ein und
       fordern zur Räumung des Platzes auf. Der sächsische Linken-Fraktionschef
       Andrè Hahn und der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler
       waren ebenfalls mit auf der Spontan-Kundgebung.
       
       Die Versammlung löst sich langsam auf. Von Mund zu Mund wird erzählt, man
       müsse an den Nürnberger Platz ziehen. Das sei ein guter Ausweichpunkt, wenn
       man nicht zur Hochschule für Technik und Wirtschaft durchkomme, um trotzdem
       den Nazis entgegenzutreten. Die Polizei gibt durch, dass die Demonstranten
       bitte in Richtung Norden zu gehen haben. Also die fast entgegengesetzte
       Richtung.
       
       11.25 Uhr: 
       
       30 Antifas sind auf dem Friedhof und skandieren: "Oma, Opa und Hans-Peter.
       Keine Opfer, sondern Täter". Polizisten drängen sie danach vom Friedhof.
       Anwesende Neonazis verabschieden sie mit lauten "Haut ab, Haut ab"-Rufen.
       Die Kranzniederlegung ist gleich beendet.
       
       11.15: Heidefriedhof: 
       
       Rund 200 Dresdner wohnen der Kranzniederlegung bei. Soldaten begleiten die
       Zeremonie mit Blasmusik. Nazis tragen Thor Steinar Kleidung, Antifas halten
       Transparente hoch. Ein Redner erinnert an die deutsche Kriegsschuld und die
       Judenverfolgung in Dresden.
       
       11.00 Uhr: 
       
       Dresden Hauptbahnhof. Es könnten heiße Auseinandersetzungen werden, an
       einem kalten Tag. Dresdens Innenstadt ist in winterliches Ambiente gehüllt,
       weiß bedeckt. Es schneit. Am Hauptbahnhof stehen dutzende von Polizisten
       und sichten die Lage. Sie erwarten heute tausende von Rechtsextremen,
       Antifaschisten, Demonstranten in der Stadt. Doch hier ist die Lage noch
       ruhig. Die Beamten wärmen ihre kalten Hände an dampfenden Kaffebechern und
       witzeln munter herum.
       
       10.50 Uhr: Heidefriedhof 
       
       Knapp 20 Antifas stehten vor dem Eingang des Heidefriedhofs und dürfen
       nicht rein. Die Polizei erklärt, sie seien von der Stadt Dresden aus nicht
       erwünscht. Auf dem Friedhof selbst stehen rund 50 Menschen. Unter ihnen
       auch eine handvoll Neonazis.
       
       10.30 Südstadt. 
       
       In Dresden stürmt und schneit es, die Straßen sind mit frischem Pappschnee
       überzogen. Aus dem alternativen Stadtteil Südstadt machen sich die ersten
       Antifa-Grüppchen auf den Weg. Noch herrscht hier die Ruhe vor dem Sturm.
       
       Tickerbetreuung in Berlin: Carl Ziegner, Thomas Schmid 
       
       Taz-Mitarbeiter vor Ort: Michael Bartsch, Martin Kaul, Andreas Speit,
       Benjamin Laufer, Jean Peters
       
       13 Feb 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /1/politik/deutschland/artikel/1/interne-npd-mails-veroeffentlicht/
 (DIR) [2] http://www.flickr.com/photos/elbflorenz/5441799882/
 (DIR) [3] http://www.dresden-fernsehen.de/default.aspx?ID=5241
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Autonome
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Urteil im Prozess gegen Antifaschisten: Letzter Angeklagter freigesprochen
       
       Tim H. soll die Dresden-Krawalle angeführt haben und wurde zu 22 Monaten
       Gefängnis verurteilt. In der Revision wurde er nun freigesprochen.
       
 (DIR) Berliner demonstrieren in Dresden: Größtes Antifa-Event seit Jahren
       
       55 Busse aus Berlin und Brandenburg rollen am Samstagmorgen nach Dresden.
       Dort soll gegen den geplanten Nazi-Aufzug demonstriert werden.
       
 (DIR) Versammlungsrechtler über direkte Aktionen: "Nazi-Demos blockieren ist Selbsthilfe"
       
       Der Leipziger Versammlungsrechtler Christoph Enders hält nichts davon,
       Blockaden gegen Nazi-Märsche zu erlauben. Die in der Verfassung verankerte
       Versammlungsfreiheit gelte auch für Rechte.
       
 (DIR) Proteste gegen Neonazis in Dresden: Menschenkette gegen rechts
       
       Am Jahrestag des Bombenangriffs auf Dresden haben mehr als zehntausend
       Menschen mit offiziellen, aber auch spontanen Veranstaltungen gegen
       Neonazis protestiert.
       
 (DIR) NPD-Leaks in der taz: "Vorsicht! Feind liest mit!"
       
       Nach der Offenlegung ihrer E-Mails tobt die NPD und erstattet Anzeige. Die
       demokratischen Parteien reagieren angewidert auf die rassistischen Mails.
       
 (DIR) Kommentar NPD: Tiefer Blick hinter die Kulissen der NPD
       
       Die Frage ist weniger, ob man sich mit der NPD beschäftigt, sondern wie.
       Würde man gar nicht über sie berichten, übernähmen die Rechtsextremen die
       Berichterstattung nämlich selbst.
       
 (DIR) Junge Landsmannschaft Ostdeutschland: Marschieren statt umkehren
       
       Die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) hat seit Monaten anlässlich
       des 13. Februar für Demos in Dresden mobilisiert. Ihr Ziel: Sie will sich
       nicht wieder blockieren lassen.
       
 (DIR) Neonazi-Trauermarsch in Dresden: Nazis, Linke, Du und ich
       
       In Dresden wird am Sonntag der Opfer der Weltkriegs-Bombardements gedacht.
       Und die Neonazis provozieren mit einem "Trauermarsch".
       
 (DIR) Finanzen der NPD: "Berlin ist extrem klamm"
       
       Interne Mails zeigen die maue Finanzlage der NPD - und eine zweifelhafte
       Vermengung von Fraktions- und Parteiarbeit. Teilweise wird sich um einen
       Euro gestritten.
       
 (DIR) Kommentar NPD: Brauner geht's nicht
       
       Ans Licht kommt der innere Zustand einer zutiefst neonazistisch
       ausgerichteten Partei, die sich bemüht, scheinbar bürgernah soziale Themen
       aufzugreifen. Das kommt der NPD ungelegen.
       
 (DIR) Nazi-Leaks in der taz: Die geheimen Mails der NPD
       
       Sie schimpfen über „Bimbos“ und „Negerkinder“ und verabschieden sich gerne
       auch mal „mit deutschem Gruß“: Zehntausende interne E-Mails blamieren die
       NPD.