# taz.de -- Nazi-Prozess in München: Demjanjuk droht mit Streik
       
       > Im Verfahren wegen Beihilfe zum Mord im Vernichtungslager Sobibor setzt
       > die Verteidigung auf Verschleppung durch neue Beweisanträge. Die
       > Plädoyers verzögern sich.
       
 (IMG) Bild: Stiller Protest: Demjanjuk will erzwingen, dass die KGB-Akte mit der Nummer 1627 zugelassen wird.
       
       John Demjanjuk will künftig auf seine Lieblingsspeisen Salat und Weißbrot
       verzichten. Der wegen Beihilfe zum Mord an 27.900 Menschen angeklagte
       mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher droht mit einem Hungerstreik. Der
       90-Jährige ließ über seinen Verteidiger Ulrich Busch vortragen, dass er in
       zwei Wochen auf Nahrungsaufnahme verzichten werde, wenn bis dahin nicht
       angeblich entlastende Dokumente in den Prozess eingeführt würden.
       
       Demjanjuk sitzt seit seiner Abschiebung aus den USA im Mai 2009 in
       Untersuchungshaft in München-Stadelheim in einer Doppelzelle ein. Der Mann,
       der 1943 im NS-Vernichtungslager Sobibor als ukrainischer "Hilfswilliger"
       der SS Tausende Juden in die Gaskammern getrieben haben soll, lebt in der
       Krankenabteilung, bereitet sich sein Essen aber bisweilen selbst zu.
       
       Anwalt Busch verlangte am Dienstag im Prozess vor dem Landgericht München
       zum wiederholten Mal, zusätzliche Beweismittel heranzuziehen. Dabei ging es
       ihm insbesondere um eine Akte mit der Nummer 1627, die der sowjetische
       Geheimdienst KGB über Demjanjuk angelegt habe. Der Angeklagte selbst, der
       wie immer den nun schon 16 Monate währenden Mammutprozess im Rollstuhl
       verfolgte, hielt den Kamerateams ein Schild mit der Nummer 1627 entgegen,
       um seine Forderung zu unterstreichen. Sein Verteidiger sagte, die Androhung
       eines Hungerstreiks sei der einzige "Weg, der Welt zu zeigen, welche
       Verhöhnung der Gerechtigkeit dieses Verfahren darstellt".
       
       Eigentlich hatte das Gericht geplant, am Dienstag mit dem Plädoyer der
       Staatsanwaltschaft zu beginnen, um Ende März das Urteil verkünden zu
       können. Mit den Forderungen der Verteidigung gerät dieser Terminplan jetzt
       ins Rutschen. Demjanjuks Anwalt Busch war Prozessbeobachtern von Beginn an
       dadurch aufgefallen, dass er mit langen Reden und immer neuen
       Beweisanträgen dafür Sorge trug, das Verfahren maximal zu verzögern.
       
       Die Strategie der Verteidigung gründet darin, jedwede Tatbeteiligung
       Demjanjuks zu leugnen. Gestern stellte Busch erneut 30 Beweisanträge. Einen
       von der SS ausgestellten Ausweis mit den Einsatzorten Demjanjuks
       bezeichnete er als Fälschung. Wachmänner hätten in Sobibor nichts mit
       Gaskammern zu tun gehabt, auch hätte für sie nicht die Möglichkeit zur
       Flucht bestanden. Allerdings haben diverse Gutachter diese Thesen der
       Verteidigung mehr als nur erschüttert. Die Drohung mit einem Hungerstreik
       passt insofern ins Bild dieser weniger an Fakten als an Effekten
       orientierten Verteidigungsstrategie.
       
       Demjanjuk drohen bei einer Verurteilung maximal 15 Jahre Haft. Allerdings
       müsste das Gericht seine siebenjährige Haft in Israel bei der
       Strafzumessung wohl berücksichtigen.
       
       22 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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