# taz.de -- Regierung in Usbekistan: Taschkent wirft Menschenrechtler raus
       
       > Die Regierung schließt das Büro von Human Rights Watch. Im Gegenzug
       > verschiebt die EU bis auf Weiteres die geplante Eröffnung ihrer
       > Vertretung.
       
 (IMG) Bild: Noch Ende Januar war Islam Karimow zu Besuch in Brüssel.
       
       BERLIN taz | Das usbekische Regime zeigt der US-Menschenrechtsorganisation
       Human Rights Watch (HRW) die Rote Karte und blamiert
       EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso. Am 10. März wurde die
       HRW-Niederlassung von dem usbekischen Justizministerium offiziell
       geschlossen. Ein formaler Akt, denn die Büroräume von HRW in Taschkent sind
       seit 2007 verwaist.
       
       Bisher verweigerte die usbekische Seite den HRW-Mitarbeitern Visum und
       Akkreditierung. "Mit diesem Rauswurf sendet die usbekische Regierung ein
       klares Signal, dass sie keine kritische Prüfung der Menschenrechtslage
       zulassen will", sagt HRW-Direktor Kenneth Roth.
       
       Michael Mann, Sprecher der EU-Außenministerin Catherine Ashton, zeigt sich
       enttäuscht und bekräftigt, dass die EU von Taschkent eine Revision des
       Rauswurfes einfordern wolle. Zudem werde die geplante Eröffnung der
       EU-Vertretung in dem zentralasiatischen Staat zurückgestellt.
       
       Das ist peinlich. Noch im Januar empfing EU-Kommissionspräsident Manuel
       Barroso den usbekischen Herrscher Islam Karimow in Brüssel. Für Deutschland
       und die EU ist Usbekistan ein wichtiger Bündnispartner, in Termes unterhält
       die Bundeswehr einen Stützpunkt für den Isaf-Einsatz, und durch das Land
       verläuft eine der Hauptversorgungsrouten für den Afghanistankrieg. Zudem
       wecken die Rohstoffvorkommen in Zentralasien europäische Begehrlichkeiten.
       
       In Usbekistan herrscht Despotie, nach UN-Angaben wird dort "systematisch"
       gefoltert und jeder Ansatz einer unabhängigen politischen Partizipation
       unterdrückt. 2005 ließ Karimow einen Volksaufstand in der Stadt Andischan
       niederschießen, hunderte Usbeken wurden dabei getötet.
       
       Als Menschenrechtsorganisationen Kritik an dem Treffen in Brüssel
       formulierten, erklärte Barroso, dass er vor allem die Menschenrechtslage
       angesprochen habe. Viel Erfolg kann er damit nicht gehabt haben. Denn die
       Rückkehr von HRW war ein erklärtes Ziel der EU. Nach dem Massaker von
       Andischan verhängte die europäische Union Sanktionen gegen Usbekistan. Vor
       allem der damalige SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier wies seine
       Diplomaten an, die Strafmaßnahmen gegen Usbekistan abzuschwächen.
       
       2008 ging HRW einen gefährlichen Deal ein. In den EU-Beschlüssen, die 2008
       die Sanktionen erst milderten und 2009 ganz aufhoben, steht wörtlich, dass
       die EU erwarte, dass HRW wieder in Usbekistan tätig sein konnte. Diese
       Erwartung diente der EU als Grund, die Sanktionen gegen Taschkent
       aufzuheben.
       
       HRW gab sich während der Verhandlungszeit zahmer. Als im Juni 2008 der
       usbekische Journalist Salidschon Abdurachmanow verhaftet wurde, schwieg HRW
       knapp acht Wochen zu dem Fall. Die Zurückhaltung hat sich nicht ausgezahlt.
       
       16 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marcus Bensmann
       
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