# taz.de -- Dritte Nacht der Angriffe auf Libyen: Gaddafi bleibt unbeirrt
       
       > Frankreich, Großbritannien und die USA fliegen erneut Luftangriffe gegen
       > Gaddafis Truppen. In Tripolis brennen Marine-Einrichtungen. Gaddafi
       > attackiert trotzdem weiter die Rebellen.
       
 (IMG) Bild: Luftabwehrfeuer über Tripolis.
       
       TRIPOLIS/DOHA dpa/afp | In der dritten Nacht in Folge haben die alliierten
       Truppen zur Durchsetzung der UN-Resolution gegen das Regime von Muammar
       al-Gaddafi Ziele in Libyen angegriffen. Der arabische Sender Al-Dschasira
       berichtete am frühen Dienstagmorgen von Attacken auf Marine-Einrichtungen
       in Tripolis. Auch Luftabwehrstellungen der Gaddafi-Truppen bei der
       Rebellen-Hochburg Bengasi seien beschossen worden; ebenso Flughäfen in
       Sirte und Sebha. Der Weltsicherheitsrat lehnte einen Antrag Libyens auf
       eine Dringlichkeitssitzung wegen der "militärischen Aggression" durch die
       Koalitionstruppen ab.
       
       Amerikanische, britische und französische Streitkräfte greifen seit Samstag
       Gaddafis Truppen an, um eine von den UN verhängte Flugverbotszone
       durchzusetzen und weitere Attacken des Diktators auf sein eigenes Volk zu
       verhindern. Kampfflugzeuge flogen eine Vielzahl von Angriffen, weit über
       100 Marschflugkörper wurden abgefeuert.
       
       Die Koalition äußerte sich allerding nicht zu den Angriffen in der Nacht.
       Die USA und Frankreich betonten dagegen erneut, dass Machthaber Muammar el
       Gaddafi nicht Ziel der Angriffe sei. Über den Verbleib des Diktators war am
       Montag nichts bekannt.
       
       US-Präsident Barack Obama kündigte eine baldige Übergabe der Einsatzführung
       an. Er gehe davon aus, dass europäische und arabische Länder in Kürze das
       Kommando übernehmen werden, sagte er am Montag bei einem Besuch in Chiles
       Hauptstadt Santiago.
       
       ## Gaddafi attackiert weiter die Aufständischen
       
       Trotz einer angeblichen Waffenruhe attackierten Gaddafis Truppen am Montag
       Stellungen der Rebellen in Al-Sintan südwestlich von Tripolis und in
       Misrata im Westen. In Misrata sollen sechs Menschen getötet worden sein.
       Ein Sprecher der Aufständischen sagte dem Sender, den Rebellen sei es
       gelungen, die Angreifer weiter aus der Stadt zu drängen. Gaddafi-Anhänger
       versuchten nach Angaben einer Rebellen-Website, in der
       Aufständischen-Hochburg Bengasi Angst und Schrecken zu verbreiten.
       
       Am Montagabend und in der Nacht war in Tripolis heftiges Luftabwehrfeuer
       der Regierungstruppen zu hören. Am Himmel waren immer wieder die
       Leuchtspuren der Munition zu sehen.
       
       ## Zwei große Explosionen am Hafen
       
       Eine Al-Dschsira-Korrespondentin berichtete von zwei starken Explosionen.
       Im Hafen seien anschließend zwei heftige Feuer ausgebrochen. "Wir können
       sehen, dass ein Teil des Hafens in Flammen steht", berichtete Anita
       McNaught aus Tripolis. Feuerwehrwagen seien zu den Hafenanlagen gerast.
       Offensichtlich seien Marinestützpunkte Ziel der Attacken gewesen.
       
       Östlich der Rebellen-Stadt Bengasi wurden den Berichten zufolge die
       Radaranlagen zweier Luftabwehrstellungen der Gaddafi-Truppen beschossen.
       Auch die Flughäfen in Gaddafis Geburtsort Sirte und in Sebha, der Hochburg
       seines Guededfa-Stammes, sowie ein Fischerort knapp 30 Kilometer westlich
       von Tripolis seien angegriffen worden, berichtete Al-Dschasira unter
       Berufung auf Angaben der libyschen Führung. Wie Gaddafis Sprecher Mussa
       Ibrahim mitgeteilt habe, seien dabei auch Zivilisten getötet worden.
       
       Die Forderung des libyschen Außenministers Mussa Kussa nach einer
       dringenden Sondersitzung wies der Weltsicherheitsrat, dem derzeit auch
       Deutschland angehört, am Montagabend in geschlossener Sitzung zurück.
       Stattdessen will das höchste UN-Gremium die Unterrichtung durch
       Generalsekretär Ban Ki Moon am Donnerstag nutzen, um über die Lage in
       Libyen zu beraten. Kussa hatte den Sicherheitsrat schon am Samstag "wegen
       einer äußeren Verschwörung" gegen die "große Republik Libyen" angerufen.
       
       ## Brasilien, Russland und Türkei kritisch
       
       Die brasilianische Regierung bedauerte den Verlust von Menschenleben bei
       dem Militäreinsatz und forderte eine schnellstmögliche Waffenruhe. Dadurch
       solle der Schutz der Zivilbevölkerung garantiert und der Weg freigemacht
       werden für eine Verhandlungslösung der Krise. Brasilien ist derzeit
       nicht-ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat und hatte sich am vergangenen
       Donnerstag bei der Abstimmung über die Libyen-Resolution gemeinsam mit vier
       anderen Ländern, darunter Deutschland, enthalten.
       
       Das massive Vorgehen der westlichen Koalition stieß auch bei Russland auf
       Kritik. Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger,
       kritisierte zudem ein fehlendes konkretes Ziel. Die UN-Resolution liefere
       "keine Klarheit" über das "politische Ziel" des Einsatzes, schrieb er in
       einem Kommentar für das Handelsblatt vom Dienstag. Deutschland hatte sich
       bei der Abstimmung in New York enthalten.
       
       Kritisch sieht auch die Türkei die militärischen Angriffe. Das Land
       forderte die NATO, die sich auch am Montag nicht auf eine gemeinsame
       Strategie in Libyen einigen konnte, erneut dazu auf, ihre Rolle in dem
       Konflikt klarzustellen. Die Türkei als einziges muslimisches NATO-Land
       scheut sich vor Angriffen auf einen anderen muslimischen Staat.
       
       Unterdessen stimmte das britische Parlament mit überwältigender Mehrheit
       für die Beteiligung des Landes an dem Einsatz. Insgesamt 557 Abgeordnete
       des Unterhauses stimmten dafür, es gab nur 13 Gegenstimmen.
       
       22 Mar 2011
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bürgerkrieg in Libyen: Zahl der Luftangriffe soll zurückgehen
       
       Die Angriffe von Gaddafi-Truppen auf die Rebellen gehen auch am vierten Tag
       seit der Intervention weiter. Die Nato einigte sich auf ein Waffenembargo
       gegen Libyen auf dem Meer.
       
 (DIR) Krieg in Libyen: Amerikaner wollen nicht führen
       
       Frankreich und die Türkei sind in der Libyenpolitik uneins - der einzige
       Konsens: Die Nato soll sich raushalten. Die Alliierten können sich derweil
       auf kein gemeinsames Ziel einigen.
       
 (DIR) Krieg in Libyen: Bomben auf Tripolis, Streit in Brüssel
       
       Das UN-Bündnis fliegt weiter Luftangriffe gegen libysche Ziele. Jetzt
       streiten die Nato-Mitglieder, ob sie von den USA die Einsatzführung
       übernehmen sollen. Vor allem die Türkei sperrt sich.
       
 (DIR) Merkel und der Libyen-Einsatz: Ein bisschen Kriegsbeteiligung
       
       Die Bundesregierung will das Mandat für einen Awacs-Einsatz beschließen.
       Dafür käme das Ende des unionsinternen Streits um die Libyenpolitik gerade
       recht.
       
 (DIR) Kommentar Militäreinsatz Libyen: Einsatz nicht zu Ende gedacht
       
       Alle beteiligten Mächte handelten bisher aus innenpolitischen Motiven. Was
       das Ziel des Angriffs sein soll, ist nicht klar. Am Ende könnten Merkels
       Bedenken noch bestätigt werden.
       
 (DIR) Die Grünen zu Libyen: Krieg ja, aber ohne uns
       
       Die Grünen kritisieren die deutsche Enthaltung im UN-Sicherheitsrat. Doch
       auch sie wollen keine Beteiligung am Militäreinsatz und betonen lieber die
       Risiken.