# taz.de -- Haftbedingungen in Deutschland: Nach 15 Jahren Isolation in die Freiheit
       
       > In der JVA Celle wird ein Inhaftierter fast 16 Jahre in Einzelhaft
       > festgehalten. Nun soll er in die Freiheit entlassen werden. Die JVA tut
       > nichts, um ihn darauf vorzubereiten.
       
 (IMG) Bild: Kriminologen bezeichneten die Isolationshaft in der JVA Celle als Folter.
       
       BERLIN taz | In der JVA Celle in Niedersachsen sitzen sieben Inhaftierte
       unter höchsten Sicherheitsanforderungen in Isolationshaft der Stufe Ia.
       Insgesamt stehen 56 Haftplätze in den fünf Sicherheitsstationen zur
       Verfügung. Dies ergibt sich aus der Antwort des Niedersächsischen
       Justizministeriums auf eine Anfrage der Grünen im Landtag. Zwei Inhaftierte
       sitzen demnach in der JVA Celle, vier in der JVA Sehnde und ein Gefangener
       in der JVA Wolfenbüttel.
       
       Gestellt hatte die Parlamentsanfrage der niedersächsische Grünen-Politiker
       Helge Limburg aufgrund eines [1][Berichts der taz über die extremen
       Haftbedingungen des Inhaftierten Günther Finneisen]. Der Mann ist seit Mai
       1995 in Einzelhaft, isoliert von allen anderen Inhaftierten. Die Direktorin
       des Instituts für Sanktionenrecht und Kriminologie der Universität Kiel,
       Monika Frommel, hatte dazu gesagt: "Das ist ein Fall von Folter."
       
       Die Antwort des Justizministeriums belegt jetzt, dass es kaum Bemühungen
       seitens der Behörde gab, den negativen Folgen einer derart drastischen
       Bestrafung entgegenzuwirken. Lapidar heißt es: "Alle in Kontakt mit den
       Gefangenen stehenden Bediensteten tauschen sich regelmäßig zur
       Befindlichkeit und Behandlung" aus. Und: "Die Gefangenen werden ständig
       ärztlich überwacht." Die Stationsbediensteten seien außerdem "angehalten,
       ihre Erkenntnismöglichkeiten voll auszuschöpfen". Regelmäßige Seminare der
       Bediensteten auf den Sicherheitsstationen würden dazu beitragen, dass diese
       ausreichend für den schwierigen Umgang mit den Gefangenen geschult seien.
       
       ## Keinerlei Entlassungsvorbereitungen
       
       Zu dem Problem einer mangelnden Vorbereitung auf ein Leben in Freiheit
       heißt es in der Antwort von Justizminister Bernd Busemann (CDU): "Eine
       Entlassung aus der Einzelhaft in die Freiheit wird - soweit planbar -
       vermieden." Doch nach jetzigem Stand passiert genau dies: Günther Finneisen
       soll im November 2011 nach fast 16 Jahren Isolationshaft in Freiheit
       kommen. Bislang gab es keinerlei Entlassungsvorbereitungen. Erst im
       November 2010 wurde ihm eine Vollzugslockerung angeboten: Er darf von nun
       an mit einem anderen Inhaftieren auf den Freistundenhof und die Küche
       benutzen. Dieses Angebot, so das Justizministerium, "nutzt der Gefangene
       auch nicht".
       
       Finneisen selber betont, nach anderthalb Jahrzehnten hätte er kein
       Interesse, in den letzten Monaten seiner Haft mit einem ihm völlig fremden
       Inhaftierten die Küche zu teilen. Der grüne Landtagsabgeordnete Helge
       Limburg kritisiert: "In diesem Fall hätte deutlich früher eine Verlegung in
       den Normalvollzug ausprobiert werden müssen, zumal die JVA Celle auch im
       Normalvollzug eine hochgesicherte JVA ist. Es muss unbedingt vermieden
       werden, dass sich ein solcher Fall wiederholt".
       
       Unterdessen überprüfen die Grünen nun Informationen, nach denen ein
       weiterer Gefangener in Niedersachsen rund anderthalb Jahrzehnte in
       Isolationshaft sitzen soll.
       
       Diese archaischen Haftbedingungen sollen im April in einem Unterausschuss
       des Rechtsausschusses in Niedersachsen beraten werden. Die Grünen streben
       eine Gesetzesinitiative an, um derartigen Missständen künftig vorzubeugen.
       
       24 Mar 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /1/politik/deutschland/artikel/1/lebendig-begraben/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai Schlieter
       
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