# taz.de -- Urteil im Aachener Ausbrecherprozess: Haftstrafen und Sicherungsverwahrung
       
       > Die Aachener Ausbrecher Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski sind zu
       > langen Haftstrafen und Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Sie werden
       > wohl nie wieder freikommen.
       
 (IMG) Bild: Zurück ins Gefängnis: Michael Heckhoff (hinten) und Peter Paul Michalski wurden zu langen Haftstrafen und Sicherungsverwahrung verurteilt.
       
       KÖLN dpa/afp | Das Landgericht Aachen hat den spektakulären Ausbruch von
       den beiden Schwerverbrechern Michael Heckhoff (52) und Peter Paul Michalski
       (47) am Mittwoch mit hohen Haftstrafen geahndet. Die beiden Ausbrecher
       Michalski und Heckhoff wurden zu zehneinhalb beziehungsweise zehn Jahren
       Gefängnis mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Das bedeutet,
       dass sie wohl nie mehr freikommen werden. Ein mitangeklagter
       Vollzugsbeamter erhielt als Fluchthelfer eine Freiheitsstrafe von vier
       Jahren und drei Monaten. Der 41-Jährige hatte den beiden Häftlingen im
       November 2009 die Türen der Aachener JVA geöffnet und ihnen auch noch
       Waffen und Patronen gegeben.
       
       Die Staatsanwaltschaft hatte für Michalski 13 und für Heckhkoff zwölf
       weitere Jahre Gefängnis beantragt. Für den Justizbeamten forderten die
       Ankläger sieben Jahre Haft. Der Ausbruch der beiden als brutal und
       rücksichtslos eingestuften Gangster hatte im Herbst 2009 ganz Deutschland
       in Atem gehalten. Die beiden Männer nahmen während ihrer fünftägigen Flucht
       fünf Menschen als Geiseln, die aber unverletzt blieben. Heckhoff wurde
       schließlich in Mülheim, Michalski zwei Tage später in Schermbeck im Kreis
       Wesel gefasst.
       
       Michalski hat sich selbst einmal zynisch als "Berufsverbrecher" bezeichnet,
       sieht sich gleichzeitig aber auch als Opfer des Justizsystems. Er sitzt
       seit 22 Jahren im Gefängnis, fast die Hälfte davon hat er in Isolationshaft
       verbracht - ohne jeden Kontakt zu anderen Gefangenen. Ständig wurde er in
       neue Haftanstalten verlegt. Dass er darunter gelitten hat, steht ihm im
       Gesicht geschrieben: Der hagere, glatzköpfige Mann wirkt viel älter als 47.
       Nach Angaben seines Anwalts leidet er an Konzentrationsschwäche.
       
       Das Paradoxe ist: Einmal hatte er seine Entlassung schon vor Augen, und
       dann nutzte er einen Freigang dafür, einen Mann umzubringen, der einen
       Komplizen verpfiffen hatte. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft zeigt
       das deutlich, dass er nicht mehr in die Gesellschaft integriert werden kann
       - ein hoffnungsloser Fall. Auch eine Psychiaterin kam zu dem Schluss: "Bei
       Herrn Michalski kann man von einem eingeschliffenen inneren Zustand
       sprechen, Straftaten zu begehen."
       
       Heckhoff hingegen wirkt nicht wie ein Verbrecher. Der muntere, rundliche
       Mann mit dem Schnauzbart kann unterhaltsam und witzig erzählen und sich
       über sich selbst lustig machen. Doch nach Meinung psychiatrischer Gutachter
       sollte man sich nicht täuschen: Hinter der Clownsmaske verbirgt sich
       demnach ein Mann, der nicht zu Empathie fähig ist, sondern rücksichtslos
       nur seine eigenen Interessen verfolgt - ein klassischer Psychopath.
       
       Schon lange ist er auf der schiefen Bahn. Am Anfang stand ein Kinderheim,
       es folgten Diebstähle und erste Gefängnisaufenthalte. "Meinen ersten
       Banküberfall habe ich komplett nach einer Beschreibung eines alten
       Gefangenen gemacht." Nächste Stationen: Banküberfall mit Millionenbeute,
       Geiselnahme im Gefängnis mit Schwerverletzten, "Lebenslang" mit
       Sicherungsverwahrung.
       
       Nahezu sein ganzes Erwachsenenleben hat Heckhoff im Gefängnis verbracht: 33
       Jahre mit insgesamt nur 11 Monaten Unterbrechung. Wenn er zwischendurch mal
       rauskam, wusste er mit den einfachsten Dingen nicht umzugehen. Nur im Knast
       war er lebenstauglich. Gleichzeitig beteuert er, sein größter Alptraum sei
       es, im Gefängnis zu sterben.
       
       9 Feb 2011
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Maßregelvollzug
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ausbrecher setzen Ministerin unter Druck: CDU maßregelt Ministerin
       
       In Niedersachsen ist in diesem Jahr bereits der vierte Straftäter aus dem
       Maßregelvollzug ausgebrochen. Die CDU will jetzt, dass die Sozialministerin
       geht.
       
 (DIR) Haftbedingungen in Deutschland: Nach 15 Jahren Isolation in die Freiheit
       
       In der JVA Celle wird ein Inhaftierter fast 16 Jahre in Einzelhaft
       festgehalten. Nun soll er in die Freiheit entlassen werden. Die JVA tut
       nichts, um ihn darauf vorzubereiten.
       
 (DIR) Verhandlung zur Sicherungsverwahrung: Karlsruhe kontra Straßburg
       
       Das Bundesverfassungsgericht will klagenden Straftätern nicht helfen.
       Seiner Ansicht nach habe der Gerichtshof für Menschenrechte
       "Sicherheitsinteressen" übersehen.
       
 (DIR) Exrichterin über Sicherungsverwahrung: "Wir bewegen uns in einer Grauzone"
       
       Verhält sich Deutschland weiter menschenrechtswidrig? Renate Jaeger,
       Exrichterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, über die
       Renitenz der deutschen Justiz.